Der Schlüssel passt plötzlich ins Schloss
Die lange Recherche hat schließlich Erfolg: Im Umfeld des Theaterarchitekten Giuseppe Galli Bibiena entdecken Rainer und sein Team einen "Entwurf des Onkels Galli Bibienas für den Vorhang des Kaiserlichen Hoftheaters in Wien, das in vielerlei Hinsicht Vorbild für das Opernhaus in Bayreuth war". Da war er wieder, der Apollo. Die Musen schwebten um ihn herum, die Göttin Minerva kam dazu. Und gerahmt wurde das höchst detailreiche Bild von einer Ranke aus Akanthus, wie sie sich auch an der Decke des Opernhauses findet. Der Schlüssel, der plötzlich in das Schloss passte.
Apollo wäre in der Mitte auseinander gerissen worden
Trotzdem kommt es anders, ein bisschen zumindest. Als der Vorhang - wie das Vorbild auf Leinwand - vom Bühnenservice Berlin zusammen mit dem Bühnenbild gemalt wird, fällt die Entscheidung, "dass Apollo gewissermaßen zu Hause bleibt", wie Rainer sagt. "Damit haben wir lange gerungen. Aber es hat zwei gute Gründe." Der eine ist ein technischer Grund. Der barocke Theatervorhang muss, auch in Bayreuth, nach oben gezogen worden sein. Da die barocke Bühnenmaschinerie ausgebaut worden war im 20. Jahrhundert, hat das Opernhaus den neuen, den in der Mitte geteilten Vorhang. "Wie es im modernen Spielbetrieb üblich ist. Und da hätte es den Apoll in der Mitte auseinander gerissen, wenn der Vorhang aufgegangen wäre. Das wollten wir ihm nicht antun, dem Musengott." Der zweite Grund ist ebenfalls einleuchtend: "Der Vorhang verdeckt die Bühne weit vorne." Steht sehr präsent im Raum auf einer Fläche von 140 Quadratmetern in der 14 mal zehn Meter großen Bühnenöffnung. "Es wäre eine neuzeitliche Malerei mit den erhaltenen Figuren und der erhaltenen Malerei aus dem 18. Jahrhundert in Konkurrenz getreten. Das wollten wir vermeiden."
Wolkiger Stil, wie eine Himmelsszenerie
Genauso wie eines vermieden werden sollte, um die lange Geschichte der Suche nach einem Vorhangmotiv zu einem guten Ende zu bringen: "Dass die Zuschauer auf eine dröge, kalte, unlebendig wirkende Fläche blicken." Man wählte einen wolkigen Stil, der sich auch im Deckengemälde findet, "wie eine Himmelsszenerie", sagt Rainer. Die neugierig macht. Die die Erwartung anheizt. Darauf, was passiert, wenn sich der Vorhang lüftet - und aus zwei Räumen einer wird. Und Apollo von oben den besten Blick hat.