Keine neuen Windräder mehr in der Region

Von Stefan Linß und Moritz Kircher

Mit einem Gesetz zum Mindestabstand zwischen Windrädern und Wohnhäusern wollte die Staatsregierung vor gut zwei Jahren regulierend in den Ausbau der Windkraft eingreifen. Ausbau ja, aber mit Rücksicht auf die Belange der Bürger - so hieß es damals. Man wolle den Ausbau nicht zum Erliegen bringen. Ein Blick in die Region zeigt, dass sich die 10H-Regel sehr einseitige Auswirkungen hatte.

 
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Windrad-Baustelle: In der Region werden nach Abschluss der laufenden Projekte erst einmal keine neuen Windräder entstehen. Archivfoto: Moritz Kircher Foto: red

35 Windräder - das ist die maximale Anzahl, die im Landkreis Kulmbach möglich ist. Zumindest nach der aktuellen Rechtslage. Von den 35 Anlagen sind schon 29 in Betrieb. Zwei weitere gehen bald in Thurnau ans Netz. Die verbleibenden vier Anlagen sind genehmigt. Ob sie gebaut werden, steht noch nicht fest. Danach wird aber definitiv Schluss sein, sagt Hans-Dieter Vießmann im Gespräch mit dem Kurier. „Neue Anlagen kann es im Landkreis nicht mehr geben, weil alle möglichen Flächen belegt sind“, erklärt der stellvertretende Abteilungsleiter für Bauen und Umwelt am Kulmbacher Landratsamt.

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So gut wie unmöglich, noch neue Standorte zu finden

Ähnlich sieht es im Landkreis Bayreuth aus. Während bis Ende des Jahres 2014 immer wieder neue Windkraftanlagen beantragt worden waren, kommen jetzt kaum noch neue dazu. Grundlage dafür, wo die Windräder in der Region beantragt und genehmigt werden können, war bis dahin alleine der Regionalplan Oberfranken-Ost. Darin hatten Vertreter der Landratsämter, der Regierung von Oberfranken und Bürgermeister Flächen festgelegt, die für Windkraft geeignet sind.

Die vorgeschriebenen Abstandsflächen zur Wohnbebauung liegen seitdem in der Regel bei zwei Kilometern. Denn das Gesetz schreibt vor, dass der Mindestabstand eines Windrades zum nächsten Wohnhaus bei mindestens dem zehnfachen der Höhe des Windrades liegen muss. Moderne Anlagen sind rund 200 Meter hoch. Damit ist es so gut wie unmöglich geworden, in den Landkreisen Kulmbach und Bayreuth noch geeignete Standorte zu finden.

Gemeinden haben eine Hintertür, die sie nicht nutzen

Eine Hintertür hat die Staatsregierung den Gemeinden gelassen, die 10H-Regel zu auszuhebeln. Kommunen können sich entscheiden, die Abstandsflächen zu unterschreiten. Das geht, wenn die Gemeinde sich entscheidet, Baurecht für Windkraftanlagen unterhalb des Zwei-Kilometer-Bannkreises zu schaffen. Das, so lehrt die bisherige Erfahrung, geschieht aber nicht. So hat beispielsweise erst vor wenigen Tagen der Weißenbrunner Gemeinderat einstimmig einen weiteren Ausbau des Windparks Rugendorf in Gössersdorf an der Kronacher und Kulmbacher Landkreisgrenze abgelehnt.

Überall dort, wo Gemeinderäte für den Windkraftausbau aktiv werden wollen, laufen Bürgerinitiativen dagegen Sturm. So auch in der Vergangenheit in Hollfeld. Dort trommelte eine Initiative derart ausdauernd gegen Windräder bei Krögelstein, dass der Stadtrat die ganze Sache schließlich abblies. Der Streit hatte schon vor Inkrafttreten der 10H-Regel begonnen.

"Man hat uns als Spinner abgetan."

Aktuell gibt es andernorts Widerstand gegen die Windkraft. Anwohner in Zultenberg (Gemeinde Kasendorf) sind wenig begeistert, dass vier Windkraftanlagen auf Kasendorfer Gemeindegebiet und drei Anlagen gleich nebenan im Landkreis Lichtenfels entstanden sind. Bürger in Grafendobrach wollen sich angeblich wehren. Ob es eine Klage gegen die drei geplanten Windräder auf der Fichtichhöhe geben wird, ist noch nicht bekannt. Hermann Dippold aus Kübelhof bei Rugendorf kämpft schon seit Jahrzehnten gegen Windräder. „Wir waren alleine. Man hat uns als Spinner abgetan. Jetzt werden es immer mehr Windkraft-Gegner“, sagt er.

Geht es nach der Staatsregierung und ihrer 10H-Regel, sollen Stadt- und Gemeinderäte gegen diesen massiven Widerstand, der mancherorts nur von kleinen aber lautstarken Gruppen ausgeht, zugunsten der Windkraft entscheiden. Bisher ist das in der Region seit Inkrafttreten der Abstandsregel noch nicht passiert. Zum Altbestand von acht Windrädern, die sich in den Gemeinden Harsdorf, Presseck, Wirsberg und Marktschorgast befinden, sind in den vergangenen Jahren im Landkreis Kulmbach 21 neue Anlagen hinzugekommen.

Im Landkreis Bayreuth gab es neben einem Ausbau im Lindenhardter Forst vor allem bei Eckersdorf und Speichersdorf noch Neubauten - alles Anlagen, die noch vor Inkrafttreten der 10H-Regel beantragt worden waren.

Früher sollten es einmal 1500 Windräder für ganz Bayern werden

Der Grund für den Windkraft-Boom war Fukushima, sagt Hans-Dieter Vießmann vom Kulmbacher Landratsamt. Auch die bayerische Staatsregierung wollte die regenerativen Energien einmal rasch ausbauen. Von 1500 Windrädern für Bayern war die Rede. Laut bayerischem Energieatlas sind es aktuell gerade einmal halb so viele. Und es kommen kaum noch welche dazu.

Der neuesten Anlagen entstehen zurzeit in der Nähe von Thurnau und Eckersdorf. Der Windpark Vogelherd kann in Kürze den Betrieb aufnehmen, denn dort hat eine Anwohnerin ihre Klage zurückgezogen. Weitere Neubauten sind für die Region erst einmal nicht in Sicht.