Enttäuscht von Creußens Bürgermeister und Stadtrat: Einwohner wollen ihr Abwasser über die Druckleitung nach Bayreuth entsorgen Bürger kämpfen für Anschluss an Kanal

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Die Bürger aus Boden und Lankenreuth wollen an die zentrale Druckleitung nach Bayreuth angeschlossen werden. Foto: Engelbrecht Foto: red

Die Einwohner der Creußener Ortsteile Boden und Lankenreuth sind sauer. Und sie sind enttäuscht – vor allem vom Bürgermeister und seinen Stellvertretern. „Wir fühlen uns wie Bürger zweiter Klasse“, sagt Hans Grethlein aus Boden. „Letztlich müssen wir in den sauren Apfel beißen“, so auch Hans Böhm aus Lankenreuth. Es geht um die Abwasserbeseitigung in den beiden Orten – ein jahrelanges Dauerthema.

 
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Zurzeit gilt der jüngste Stadtratsbeschluss in dieser Angelegenheit vom November vergangenen Jahres, der für eine Entsorgung durch Kleinkläranlagen entschied. „Unser eindeutiger Wunsch ist aber der Anschluss an die zentrale Druckleitung nach Bayreuth“, betont auch der Lankenreuther Günther Engelbrecht, „das wird aber vom Stadtrat nicht berücksichtigt.“ Nun greifen die Bewohner zum letzten Strohhalm und haben einen Bürgerantrag gestellt, in dem sie noch einmal den Anschluss nach Bayreuth fordern. Außerdem haben sie ihr Anliegen beim Petitionsausschuss im Münchner Landtag eingereicht.

Rückblick: Im Februar 2005 macht die Stadt eine Umfrage in beiden Orten, um den Bürgerwillen festzustellen. Die Mehrheit spricht sich für einen Anschluss an den bestehenden Kanal aus, der etwa 200 Meter von den beiden Ortschaften entfernt, vorbeiläuft. Im März 2005 beschließt der Stadtrat den Anschluss an die zentrale Entwässerungseinrichtung. Die nächsten acht Jahre vertrauen die Bodener und die Lankenreuther darauf, dass dieser Beschluss umgesetzt wird – doch nichts passiert. Dann die Wende: Im März vergangenen Jahres gibt es einen neuen Beschluss, das Abwasser soll durch Kleinkläranlagen entsorgt werden. „Der alte Beschluss wurde aber formell nie aufgehoben“, so Grethlein.

Im September 2013 beauftragt der Stadtrat die Verwaltung, neue Informationen zur Abwasserentsorgung einzuholen. Gleichzeitig führen die Bürger nochmals eine eigene Umfrage bei ihren Mitbewohnern durch. In Lankenreuth sprechen sich alle für den zentralen Anschluss aus, in Boden sind es 70 Prozent. Die restlichen 30 Prozent signalisieren aber ihre Bereitschaft, ebenfalls an den Kanal anzuschließen, sollte der Beschluss so fallen. Im November 2013 stellt die SPD-Fraktion dann den Antrag, den Beschluss vom März aufzuheben. Der Antrag wird bei 8:8 Stimmen abgelehnt.

Der Kanalanschluss käme die Stadt nicht wesentlich teurer, sagen die Betroffenen. Außerdem ist der zwischen den beiden Orten fließende Gosenbach im Sommer lange Zeit trocken, sagt Böhm, so dass die Eignung für eine sichere Einleitung von Abwasser aus Kleinkläranlagen angezweifelt wird.

Zum anderen hat eine Kanalbefahrung ergeben, dass die bestehenden Oberflächenwasserkanäle vor der Einleitung aus Kleinkläranlagen sanierungsbedürftig sind. Die Sanierung dieser Kanäle werde aber nicht bezuschusst. Die Hauseigentümer seien durchaus bereit, die Herstellungsbeiträge für die Errichtung des Abwasserkanals zu zahlen, weil dies die technisch bessere Lösung ist, so die Bewohner. „Die Stadt Creußen sollte das Ergebnis ihrer eigenen Umfrage respektieren“, sagt Grethlein. Er vermutet, dass bereits in dem in den 80er Jahren erstellten Abwasserkonzept ein Anschluss der beiden Orte an den Kanal vorgesehen war. „In Neuenreuth wurde jetzt auch dem zentralen Anschluss zugestimmt und wir erheben den gleichen Anspruch“, betont der Bodener. Man sehe nicht ein, dass Creußen auf 70 Prozent staatlichen Zuschuss und zehn Prozent an Herstellungsbeiträgen verzichtet.

Im Gegenzug würden auf die Hauseigentümer hohe Kosten für die Kleinkläranlagen zukommen. Zwischen 3500 und 4500 Euro kostet eine normale Anlage, rechnet Böhm vor. Dazu kommen noch Anschluss und Erdarbeiten mit rund 4000 Euro. Bei Anlagen mit erhöhten Anforderungen und Hebeanlage liegen die Gesamtkosten bei 10 000 bis 15 000 Euro. Die Wartung einer Anlage liegt jährlich bei etwa 400 Euro, bei mindestens drei Haushalten in Boden würden sogar 900 Euro wegen besonderer Anlagentechnik anfallen.

Man habe die Umfrageergebnisse und Unterschriftenlisten dem Stadtrat zukommen lassen. „Aber es hat sich keiner bei uns gemeldet“, sagen Grethlein, Böhm und Engelbrecht. Wir haben das Gespräch mit Bürgermeister Martin Dannhäußer gesucht, sagt Grethlein, das war kurz nach dessen Amtsantritt.

„Wir haben ihm einen Protokollauszug vom Beschluss des Stadtrates vom März 2005 für einen Anschluss der Ortschaften an den Kanal übergeben. Er hat aber einen sehr uninformierten Eindruck auf mich gemacht und nur die Unterlagen entgegengenommen“, so Grethlein, dann habe man nichts mehr gehört. Man habe auch versucht, noch einmal mit der zweiten Bürgermeisterin Marianne Abel zu sprechen, aber das habe diese abgelehnt. Es sei alles beschlossen und sie wolle das nicht noch einmal aufrollen, sei das Argument gewesen. Und auch vom bisherigen dritten Bürgermeister Hans Schirmer habe es keine Unterstützung gegeben. „Eingesetzt haben sich für uns die SPD- und die CSU-Fraktion mit Ausnahme von Hans Schirmer“, sagt Engelbrecht.

Nun erhoffen sich die Einwohner durch den neuen Stadtrat eine Wende in ihrem Sinne. Sie hatten die neuen Gremiumsmitglieder bereits zu einem Ortstermin eingeladen. Überrascht sind sie, dass bei der Stadtratssitzung am kommenden Montag nun nicht nur die Zulassung ihres Bürgerantrags auf der Tagesordnung steht, sondern auch gleich die Beratung und eventuelle Beschlussfassung. „Wir wollen, dass die neuen Stadträte erst ausführlich über das Thema noch einmal informiert werden“, unterstreicht Grethlein, „die wissen doch sonst nicht, was Sache ist.“

Eine Antwort vom Landtag haben die Bürger schon bekommen. Von einem Schlingerkurs der Stadt, der die Einwohner verunsichert habe, ist da die Rede. Grundsätzlich aber halte man beide Lösungen für machbar und gleichwertig. Der Stadtratsbeschluss sei nicht zu beanstanden, aber nicht bürgerfreundlich und ganz verständlich, da Boden und Lankenreuth so als einzige Ortsteile nicht an die zentrale Druckleitung angeschlossen wären. Die Nähe des Kanals und der mehrheitliche Bürgerwille sprächen für den Anschluss. Aber: Die Entscheidungshoheit liegt bei der Stadt.

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