180 Sorten Tomaten Venusbrüstchen wachsen im Gartenhaus

Von Ralf Münch

LOBENSTEIG. Schon einmal etwas von Shadow Boxing Tom, Glossy Rose Blue, Painted Pink Blue oder gar von einen Venusbrüstchen gehört? Wenn nicht, dann geht es einem wie den meisten. Es hat weder mit Sport, Malen oder gar Erotik zu tun, sondern mit dem liebsten Fruchtgemüse der Deutschen: der Tomate. Und Sigrun Steger aus Lobensteig kennt sich damit bestens aus.

 
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„Bis vor zwei Jahren hatten wir ganz normale Standardtomaten. Eines Tages beschlossen wir uns ein größeres Gewächshaus zu zulegen. Fünfeinhalb auf zwei Meter“, sagt Steger. Als im vergangenen Jahr dann das Gewächshaus stand, legte sie sich samenfeste Tomaten zu. Das sind Tomaten, die man auch wieder aussähen kann – bei den normalen Tomaten geht das nicht. Vergangenes Jahr waren es 37 verschiedene Sorten, die sie ausgesät hatte. „Ich war selber überrascht, dass es auf Anhieb so gut geklappt hat. Dann kam eine Freundin zu mir und hat mir einen Adventskalender mit weiteren 24 Samensorten geschenkt. Und zum Geburtstag hat sie mir auch eine Fahrt zur Tomatenfee in der Nähe von Passau geschenkt. Da habe ich mir auch wieder welche zugelegt“, so Steger weiter. Als sie schließlich alle 180 Sorten ausgesät hatte, standen plötzlich 350 Pflanzen im Gewächshaus.

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Die erste reife Tomate kommt zurück

Und das war, wie Steger erzählt, eigentlich gar nicht so geplant gewesen. Das hatte sich dann einfach so ergeben und man hätte sich im Gewächshaus gar nicht mehr bewegen können. Ihre Freundin hatte schließlich aufgrund des Platzmangels 80 Pflanzen genommen, 90 hatte sie behalten und den Rest an ihre Familie und Verwandte verschenkt. Allerdings mit einer Bitte. Nämlich, dass die erste reife Tomate, die der Strauch trägt, wieder an sie zurückgeht. Damit sie die Samen wieder entnehmen kann.

Verschiedenste Geschmacksrichtungen

Die Tomaten, die Steger zeigt, sind alles andere als von der Stange. Ganz im Gegenteil. Solche Tomaten gibt es in keinem Supermarkt oder bei irgendeinem Gemüsehändler in dieser Vielfalt zu kaufen. Und wieder einmal zeigt sich, als Steger verschiedene Sorten auf einem Silbertablett angerichtet hat, dass die Natur ein wahrer Künstler ist. Es gibt die verschiedensten Größen und Farben. Was aber noch wichtiger ist: die verschiedensten Geschmacksrichtungen. Steger hat einen dicken Ordner vor sich liegen. Dort hat sie ihre ganzen Sorten dokumentiert. Sie fotografiert jede Sorte mit einer Ein-Euro Münze als Größenvergleich daneben. Außerdem legt sie einen Zettel mit einer Geschmacksbeschreibung und den Namen der Tomatensorte daneben.

Haarig-samtige Oberfläche

Es gibt tatsächlich skurrile Sorten. Etwa die Gartenpeach. Das ist eine Tomate, die wie ein Pfirsich aussieht und von der Oberfläche her auch so ist, eben haarig-samtig. Auf die Frage, wie kostenintensiv dieses Hobby ist, sagt sie: „Günstig ist es nicht. Ich habe da schon viel investiert.“ Über Tomatenmangel kann sich Steger nicht beklagen: Die erste Tomate wurde am 13. Juni geerntet. Bis jetzt sind etwa 80 Kilogramm zusammengekommen. Sie verarbeitet sehr viel. Zu Tomatenchutney, zu Soße, Suppe oder sie trocknet das Gemüse und legt es in Olivenöl ein, und auf der Pizza ist die Tomate sowieso ein Klassiker.

Zu jeder Brotzeit Tomaten

Doch viele der Sorten sind auch zu schade dafür. Damit man auch die verschiedenen Geschmacksrichtungen erkennen kann, müssen sie unbearbeitet gegessen werden. Ihr Mann Konrad: „Zu jeder Brotzeit esse ich Tomaten.“ Ein großer Teil der Früchte geht auch an Bekannte, Verwandte und Kollegen. Steger ist außerdem Mitglied beim Obst- und Gartenbauverein Gunzendorf. Für die Mitglieder hat sie bereits eine Tomatenverkostung organisiert. „Mein Favorit sind die Birnchen. Das sind kleine Tomaten und wachsen in Rot, Schwarz, Grün oder Gelb. Vom Geschmack her erinnern sie ein wenig an Cocktailtomaten. Für mich sind das Naschtomaten. Bei der Verkostung war aber das Venusbrüstchen der Sieger“, sagt Steger.

Nur organisch düngen

Eine Erklärung, weshalb die Tomaten in dieser Vielfalt bei ihr so gut wachsen, hat Steger auch. „Ich säe immer mit den Mondzeiten. Ich bin fest davon überzeugt, dass das eine große Auswirkung auf das Wachstum hat. Und außerdem dünge ich nur organisch. Mit Brennnesseljauche, Ackerschachtelhalmbrühe und Beinwell. An meine Pflanzen kommt nichts Künstliches.“

Zisterne ist schon leer

Kann sie es sich vorstellen, irgendwann das Hobby zum Beruf zu machen? Dass sie irgendwann die Samen, die sie aus ihren Früchten gewinnt, vermarktet? „Das Problem ist, dass ich ein Gewerbe anmelden müsste. Und um genügend Samen herzustellen, müsste ich die Fläche vergrößern. Dann ist da ja auch noch das Bewässerungsproblem. Wir haben eine Zisterne mit einem Fassungsvermögen von 6500 Litern Wasser. Die ist jetzt bereits schon leer.“ Auch wenn sie ihr Hobby vielleicht nie im großen Stil betreiben wird: In einem Punkt können sich die Stegers und deren Freunde sicher sein. Tomatenmangel wird es so schnell nicht geben.