Durchblick verschafft
Inzwischen aber hatten sich die Retter vor Ort einen Durchblick verschafft – und der zweite angeforderte Rettungshubschrauber drehte wieder ab. „Es waren genügend Ärzte da“, sagt Ruckdeschel. Auch dass die Postler als „proaktive Maßnahme“ ins Krankenhaus zur Untersuchung gefahren wurden, sei folgerichtig, sagt Ruckdeschel. Vor allem im Hinblick auf etwaige Spätfolgen der giftigen Flüssigkeit. Außerdem sei das Haftungsrisiko gerade bei Arbeitsunfällen für die Helfer sehr groß: Deshalb mussten alle zur Untersuchung, nicht nur die zwei, die in der Nähe des Gefahrstoffes waren. „Es war nicht so, dass von Anfang an ein Kreisfeuerwehr-Tag und ein Rotkreuz-Fest gefeiert wurden“, sagt Ruckdeschel. Die Entscheidung der Leitstellenmitarbeiter und der Einsatzleitung vor Ort sei „in keinster Weise zu kritisieren“. Man könne nicht aus der ILS eine Ferndiagnose treffen, warnt Ruckdeschel. „Unsere Methode: lieber mit einer Einheit mehr anrücken und wieder heimfahren.“
Ermittlungen wegen fahrlässiger Körperverletzung
Die Polizeiinspektion Pegnitz untersucht den Vorfall im Paketzentrum: „Wir ermitteln wegen fahrlässiger Körperverletzung – und das in alle Richtungen“, so ihr stellvertretender Leiter Harald Düplois auf Kurier-Anfrage. Denn irgendwo müsse irgendjemand einen Fehler begangen haben. Beim Verpacken, beim Versand, bei der Lagerung - „wo auch immer“. Düplois spricht ausdrücklich von einem Fehler, nicht von einem Vergehen. Denn: „Es ist nicht davon auszugehen, dass da einer bewusst gehandelt hat.“
Polizei spricht mit allen
Bei dem ausgelaufenen Systemreiniger für Kraftstoffanlagen handle es sich definitiv nicht um Gefahrgut, „das darf per Paket verschickt werden“. Allerdings seien beim Verpacken natürlich gewisse Richtlinien zu beachten. Und dabei dürfte eben der erwähnte Fehler passiert sein, „aber das wissen wir noch nicht“. Die Polizei spreche jetzt mit dem Absender, mit dem Empfänger, mit allen, die mit dem Paket zu tun hatten.
Verletzt ist niocht gleich verletzt
Die Zahl der Verletzten korrigierte Düplois gestern von 21 auf 19 herunter: „Da haben mehrere gezählt, da kann man jemand schon mal doppelt erfassen“. Wobei der Begriff „verletzt“ nicht buchstäblich zu nehmen ist: „Wenn jemand sagt, ihm geht es nicht gut und er möchte sich untersuchen lassen, dann gilt er im Polizeijargon bereits als verletzt.“ Und in diesem Fall wurden alle Mitarbeiter der Verteilstation medizinisch unter die Lupe genommen. Vorsichtshalber. Denn immerhin klagten zwei Beschäftigte über massives Unwohlsein, einer musste sich übergeben. Auch wenn kein Gefahrgut im Spiel war: „Das ist vergleichbar mit dem Einatmen von Benzindämpfen an der Tankstelle. Das kommt immer wieder vor, ist aber auch nicht gesund und kann im Einzelfall auch Übelkeit auslösen.“