Senioren und die Scheu vor Hilfsangeboten

Von Moritz Kircher
Seit rund einem Jahr sind Emma Pimmler (links) und Andrea Fiebig ein Team. Fiebig engagiert sich ehrenamtlich beim Siso-Netz in Weidenberg. Sie hilft zum Beispiel beim Einkaufen oder bei Arztgängen. Die beiden haben sich angefreundet und gehen auch mal einen Kaffee miteinander trinken. Foto: Moritz Kircher Foto: red

Emma Pimmler (83) lebt mit ihrem Mann in einem Weidenberger Ortsteil. Weit draußen, die nächsten Nachbarn sind weit weg. Das Leben zu organisieren, wird für die beiden mit zunehmendem Alter zur Herausforderung. Aber sie sind fest entschlossen, so lange es irgend geht, in den eigenen vier Wänden zu bleiben. Dafür nehmen sie auch die Dienste des Siso-Netzes in Weidenberg gerne in Anspruch. Aber nicht nur in Weidenberg stellen die ehrenamtlichen Alltagshelfer fest, dass sich ältere Menschen oft aus Scham nicht trauen, um Hilfe zu fragen.

 
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Vor etwa einem Jahr haben die Pimmlers das Autofahren aufgegeben. Aber Einkaufen, Arzt, Erledigungen machen – das muss trotzdem noch gehen. Also hat sich Emma Pimmler beim Siso-Netz in Weidenberg gemeldet. „Das ist ganz prima gelaufen“, sagt sie. Siso, das steht für sicher und sozial. Dort engagieren sich ehrenamtliche Helfer. Um die Anliegen der Pimmlers kümmert sich Andrea Fiebig. „Sie hat immer Zeit und ist immer hilfsbereit“, sagt die 83-Jährige über ihre Helferin.

„Die Leute wollen sich nicht eingestehen, dass es nicht mehr alleine geht.“

So selbstverständlich, wie es für Emma Pimmler war, sich beim Siso-Netz zu melden, ist es für andere Senioren nicht. Es sei schwierig, Menschen davon zu überzeugen, dass sie Hilfe brauchen, sagt Ulrich Kuhlmann. Der Sozialpädagoge ist Projektentwickler bei der AWO-Quartiersentwicklung in Weidenberg. Der Emtmannsberger Seniorenbeauftragte Wolfgang Zwing arbeitet ebenfalls im Siso-Netz mit, das sich über alle vier Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft spannt. „Es ist schon sehr schwer“, sagt er. „Die Leute wollen sich nicht eingestehen, dass es nicht mehr alleine geht.“

Die gleichen Erfahrungen macht Petra Specht mit ihrer Nachbarschaftshilfe in Wirsberg. Seit rund zwei Jahren gibt es die Organisation, die dort ähnliche Aufgaben übernimmt, wie das Siso-Netz in Weidenberg. Auf dem Land werde noch viel von der Großfamilie abgefangen, sagt sie. Dennoch stellt auch sie fest, dass es immer mehr Senioren gibt, die einfach nicht mehr alleine zu Hause zurecht kommen. „Die haben ein anderes Bewusstsein und denken, sie schaffen das alleine“, sagt Specht.

So lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben

Aber Specht und ihre etwa zehn ehrenamtlichen Mitstreiter merken oft genug, dass es einfach nicht mehr geht. Dann ist die Nachbarschaftshilfe zur Stelle. „Wir haben auch schon mal einen Pferdestall ausgemistet“, sagt sie. Aber solche Aktionen sind die Ausnahme. In der Regel geht es um Begleitung beim Einkaufen oder zum Arzt oder Beratung bei der Suche nach Fachstellen. An wen muss man sich zum Beispiel wenden, wenn man eine Pflegestufe beantragen will? Da stehen Nachbarschaftshilfe und Siso-Netz beratend zur Seite.

In Weidenberg ist man nun noch einen Schritt weiter gegangen. Im sozialen Netzwerk der Verwaltungsgemeinschaft haben sich das Siso-Netz, die AWO, die lokale Allianz für Menschen mit Demenz und die Kirchen zusammengeschlossen. „Nach langem Mühen haben wir ein Netzwerk gebildet, an dem alle Sozialpartner mitarbeiten“, sagt Ulrich Kuhlmann. Das Ziel des Netzwerkes: Es soll Menschen nicht nur ermöglicht werden, so so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben können.

Dem demografischen Wandel etwas entgegen setzen

Auch dem demografischen Wandel, der vor allem ländliche Regionen hart trifft, wollen die ehrenamtlichen Streiter etwas entgegensetzen. Wer sich eingesteht, dass es alleine auf dem Land nicht mehr geht, der geht nicht selten in einem Heim in der Stadt. „Wir müssen alle ein Interesse daran haben, dass die Leute hier bleiben“, sagt Kuhlmann. Elke Rauscher, die die Arbeit beim Siso-Netz koordiniert, sagt, dass das auch im Interesse der Senioren ist. „Die sozialen Kontakte der Menschen reißen oft ab, wenn sie den Ort verlassen.“

Emma Pimmler ist zur Zeit mit ihrem Mann in der Kurzzeitpflege im AWO-Seniorenzentrum in Weidenberg, weil er einen Unfall hatte. Das Ehepaar will aber so schnell wie möglich wieder nach Hause. Und das mit Unterstützung des Siso-Netzes. Sich alleine durchzuquälen kommt für sie nicht in Frage. Sie sagt: „Eigentlich ist das eine Dummheit, wenn man das so macht.“

Aktionswoche in Weidenberg

Vom 18. bis 25. September hat das soziale Netzwerk der Verwaltungsgemeinschaft Weidenberg eine Aktionswoche ins Leben gerufen, mit der das gesamte Leistungsspektrum gezeigt werden soll.

18. September, 13.30 Uhr: Eröffnungsveranstaltung im Schloss im Garten Weidenberg mit Sektempfang, Mitmachtänzen, Gedächtnistraining.

19. September, 18.30 Uhr: Vortrag im Schloss im Garten Weidenberg über Rechte und Pflichten eines Schwerbehindertenausweise und ein Vortrag über Barrierefreiheit im öffentlichen Raum.

20. September, 14 Uhr: Kaffeekränzchen im evangelischen Gemeindehaus Seybothenreuth mit einem Vortrag zu Alterserkrankungen und einem Kurzfilm über Demenz.

21. September, 19 Uhr: Infoveranstaltung im Gemeinschaftshaus Birk über altersgerechte Umbauten im Haus.

22. September, 19.30 Uhr: Vortrag im Pimmlerhaus in Weidenberg über das Pflegestärkungsgesetz.

23. September, 19.15 Uhr: Vortrag mit Filmsequenzen der Deutschen Alzheimergesellschaft im Kirchengemeindesaal in Kirchenpingarten.

24. September, 14.30 Uhr: Seniorentanzcafé im AWO-Seniorenzentrum in Weidenberg.

25. September, 14.30 Uhr: Ökumenischer Gottesdienst und Abschlusscafé im Pfarrgemeindesaal Rosenhammer in Weidenberg.

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