Zwei Schüsse gehört
„Es ist ein ungutes Gefühl, man fühlt sich so ausgeliefert“, sagt die 82-jährige direkte Wohnungsnachbarin am Tag nach der Tat. Sie habe die ganze Nacht nicht schlafen können. Ihre Schwiegertochter war am Sonntagnachmittag zu Besuch gewesen, als sie hörten, wie nebenan Möbel gerückt wurden.
„Gegen 16.15 Uhr hörten wir auf einmal kurz hintereinander zwei Schüsse“, sagt sie. Die Schwiegertochter sei auf den Balkon und habe mit Bewohnern aus dem Erdgeschoss gesprochen, die dann die Polizei gerufen hätten. Diese sei sehr schnell dagewesen und hätte bei ihr geklingelt. „Wir sollen uns in der Wohnung verstecken, haben sie uns aufgefordert“, so die Seniorin weiter.
Im Bad eingeschlossen
Sie hätten sich dann im Bad eingeschlossen und alle Rollos vorher heruntergelassen, als sie sahen, dass vermummte Polizisten auf dem Weg der auf ihrer Etage rund ums Haus geht, herumlaufen.
Auch die anderen Bewohner des 16-Parteien-Hauses, die in ihrer Wohnung waren, wurden aufgefordert, nicht herauszukommen. Bewohner, die nicht zu Hause waren, wurden beim Heimkommen von der Polizei, die das Gebiet um das neugebaute Mehrfamilienhaus weiträumig abgesperrt hatte, in die nahe gelegene Wiesweiherhalle geschickt. Dort waren sie von den Rettungsdiensten mit Essen und Getränken versorgt worden.
Ganz andere Dinge schon gesehen
Was kann sie über das Nachbarsehepaar sagen? „Der Mann war sehr zurückgezogen, blass und schmächtig“, beschreibt sie ihn. Einmal hatte sie kurz Kontakt mit ihm, als er bei einem Stromausfall kam und ihr mit dem Sicherungskasten helfen wollte. Von der Frau könne sie gar nichts sagen, sie wohnten alle noch nicht lange in dem Haus, man kenne sich noch nicht so gut.
Hatte sie Angst? „Nein, ich war eher in Schockstarre“, sagt die 82-Jährige, „ich habe den Zweiten Weltkrieg miterlebt, da habe ich ganz andere Dinge gesehen.“ Deshalb sei ihr auch sofort klargewesen, dass sie einen Schuss gehört hatte. Ihre Schwiegertochter habe immer mal wieder durch den Haustürspion geschaut.
Gegen Abend sei dann die Nachbarstür gesprengt worden. Zuvor hätte die Polizei immer wieder laut gerufen, ihr Nachbar solle die Tür aufmachen. Durch den Türspion habe die Schwiegertochter die Spurensicherung in ihren weißen Schutzanzügen gesehen. Gegen 22.30 Uhr seien Sanitäter, Kripobeamte und ein Psychologe zu ihr gekommen, hätten mit ihr gesprochen.
Nur flüchtig gekannt
Das Ehepaar aus einer der Penthousewohnungen war gegen 16 Uhr heimgekommen, als die Polizei schon da war und sie sofort aufforderte, in die Wohnung zu gehen und dort zu bleiben. „Wir haben das Ehepaar nur flüchtig gekannt“, sagt der Mann, „sie waren nett und angenehm.“
Bei einem Gespräch habe der 63-Jährige ihm mal erzählt, dass sie aus dem Münchner Umkreis kommen, er seit kurzem in Rente sei. Zuvor habe er 30 Jahre beim Forst gearbeitet. „Jetzt habe er die Nase voll vom Wald“, habe er erzählt, wolle mit seiner Frau das kulturelle Leben genießen. Die Frau sei sehr krank gewesen, habe Morbus Bechterew gehabt. „Sie hat aber nie gejammert und ihr Mann hat sich immer sehr liebevoll um sie gekümmert“, hat der Bewohner der Penthousewohnung beobachtet.