Restaurierung des Welterbes Opernhaus: Dreidimensionalität glatter Flächen durch Kunst der Macher des 18. Jahrhunderts Opernhaus: Der Kitsch ist raus

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Das Auge lässt sich nicht übertölpeln. Wer das Opernhaus, das Bayreuther Weltkulturerbe, kennt, dem fällt sofort auf, dass sich enorm viel verändert hat. In den vergangenen Monaten hat die Restaurierung große Schritte nach vorn gemacht. Schritte, die im Fall des Opernhauses bedeutet: Sie bringen dem Haus seine Originalität, seine strahlende Farbigkeit zurück. Das sieht man nicht nur im Logenhaus.

 
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Das Foyer: Das sieht man schon im Foyer gleich hinter der Kasse. "Der Kitsch ist raus", sagt der Restaurator Martin Hess. Das Foyer mit den hölzernen Treppen und Rängen ist wieder so schlicht wie 1748: Die Wände und die Decken sind in einem sehr hellen Grau gestrichen. "Ein mehrschichtiger Kalkanstrich. Alles mit dem Pinsel aufgetragen, wie damals", sagt Hess. "Es ist eine leichte Unruhe in der Wandfläche, das wirkt sehr schön." In Mittelgrau sind die Geländer der Treppen und des nach oben offenen Treppenhauses mit den Rängen gestrichen. "Auch das war früher so. Da gibt es eindeutige Befunde. Die Ornamente, die am Geländer und an den Wänden waren, sind erst 1935 aufgemalt worden." In Kürze kommt ein neuer Sandsteinboden.

Das Logenhaus: Das Glanzstück des Welterbes leuchtet fast wieder von selbst. "Wir hatten eine dunkelgrüne Raumwahrnehmung", sagt Hess. Auch dafür war die Überarbeitung des Opernhauses im Jahr 1935 verantwortlich. Zusammen mit dem Holzschutzmittel, das in den 70er Jahren verstrichen worden war, dunkelte der hölzerne Innenraum deutlich. Die Restauratoren haben in den vergangenen Monaten und Jahren einen Großteil der Übermalung und des Holzschutzmittels bereits abnehmen können. Man ist, sagt Hess, nahe dran an der "fast weiß-grünen Farbe, die das Logenhaus im 18. Jahrhundert hatte. Gearbeitet in einer Maltechnik, die viel Licht reflektiert hat". Was jetzt wieder deutlich wird: "Wir haben im ganzen Haus fast nur glatte, hölzerne Flächen. Über die Kunst der Malerei nimmt man viele Flächen aber dreidimensional wahr. Diese Illusion, die damals geschaffen wurde, wird jetzt erst wieder richtig wahrnehmbar", sagt Hess. Und damit auch das Können "dieses wohl unglaublich eingespielten Teams" um Giuseppe Galli Bibiena, das den Innenraum des Welterbes gestaltet hat.

90 Prozent der barocken Malerei erhalten - im vierten Rang

Bemerkenswert: Im vierten Rang "ist etwa 90 Prozent der barocken Malerei erhalten geblieben", sagt der Restaurator. Auch die Außenflächen an den Rängen sind vergleichsweise gut erhalten. Mit Ausnahme der Schäden, die speziell nach dem Einbau der Heizung und Lüftung in den 70er Jahren aufgetreten sind. "Damals haben sich viele Schichten abgelöst, weil die Luft im Raum und in der Folge das Holz viel zu trocken war." Die Restauratoren, die unter Leitung von Matthias Schwenkenbecher die Malerei gesichert haben, hätten vorausschauend gearbeitet, sagt Hess: "Man hat Materialien verwendet, die uns heute nicht behindern."

Logen haben Spuren der Geschichte

Anders sieht es mit den Flächen in den Logen aus: "Dort war richtig viel los. In den Jahren zwischen 1860 und 1870 war das Haus geschlossen. Aus Brandschutzgründen. Bei der Wiedereröffnung 1870 hat man beispielsweise im dritten Rang die Zahl der Besucher auf 300 begrenzt. Das ist mehr als die Hälfte der Leute, die heute insgesamt ins Haus dürfen." Aus Sicht des Restaurators dürfen die Oberflächen in den Logen die Spuren der Geschichte auch zeigen. Es wird retuschiert, aber behutsam. "Der künftige Besucher des Hauses ist ein mündiger Mensch. Dem kann man das auch erklären."       

Der Baufortschritt: Der vierte Rang und die Decke sind fertig, der dritte Rang ist zu 95 Prozent fertiggestellt. "Mit Ausnahme von Restarbeiten in der Fürstenloge. Aber auch das wird im Januar fertig sein", sagt Hess. Die Restauratoren montieren schon die barocken Lampen. Im Bereich vor der Bühnenöffnung wird ab Montag das Gerüst abgebaut. "Wir gehen davon aus, dass das Gerüst aus dem Logenhaus im Frühjahr verschwunden sein wird."

Das Dach ist wieder aufgerichtet

Fortschritte auch an der Hülle des Opernhauses: Michael Erhard, Projektleiter der Sanierung beim Staatlichen Bauamt Bayreuth, nennt als ein Beispiel die Sanierung des Daches. Ein Projekt, das vor einigen Jahren in der Form technisch gar nicht möglich gewesen wäre. "Der Dachstuhl ist angehoben worden. Danach konnten die Traufen und die Verbindungsteile der Balken ausgetauscht und repariert werden", sagt Erhard. Das Dach wird mit speziellen Platten stabilisiert, "weil die Sparren etwas zu weit auseinander stehen. Anschließend wird das Dach neu eingedeckt, was sich bis weit ins nächste Jahr ziehen wird. Trotz des Schutzdaches." Parallel dazu wird im Erdgeschoss des Hauses ein neuer Sandsteinboden verlegt. "Außerdem sind wir schon dabei, die Besucher-WCs zu machen."

Haus schließt komplett: Wer noch einen Blick ins provisorische Welterbezentrum im Opernhaus erhaschen möchte, hat nur noch bis zum 8. Januar Zeit. "Dann wird das Haus geschlossen, weil wir auch diese Räume restaurieren müssen", sagt Erhard. Für das benachbarte Redoutenhaus ergeht laut Erhard in Kürze der Planungsauftrag an den Architekten. Das Haus wird zum Welterbezentrum umgebaut.    

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