Puccinis Abenteuer in Bayreuth

Von Michael Weiser
Giacomo Puccini. Foto: dpa Foto: red

Puccini und Bayreuth: Dieses Verhältnis beleuchtet ab Sonntag eine Ausstellung bei Steingraeber. Dazu gibt es Musik - unter anderem aus dem gar nicht mal so reichhaltigen Klavierwerk des großen Opernkomponisten.

 
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Kennen Sie Archimede Rossi, Kaufmann aus Italien? Es ist keine Schande, wenn nicht. Dass der Name nicht bekannt war und insgesamt nicht länger im Gedächtnis bleiben würde, war durchaus Sinn der Sache. Und die Sache, die ist folgende: Im August 1912 trug sich ein Archimede Rossi ins Gästebuch des Hotels „Goldener Anker“ in Bayreuth ein. Nur hieß der Mann, der den Füllfederhalter führte, gar nicht so. Sein wahrer Name lautete Giacomo Puccini, und er hatte etwas zu verbergen – sein Verhältnis zur Münchner Baronin Josephine von Stengel, alias „Josi“, mit der er sich Bayreuth traf, um den „Parsifal“ im Festspielhaus zu erleben. Puccini wollte seine eifersüchtige Ehefrau – nun ja, nicht noch mehr beunruhigen.

"Madame Butterfly" im Festspielhaus

Puccini und Bayreuth: Das Verhältnis hat etwas Drolliges, das mag man aus dieser Anekdote ersehen. Ein weiteres Bayreuther Puccini-Ereignis in Bayreuth hat den Stempel des Besonderen. Puccini gehört in der 140jährigen Geschichte des Festspielhauses zu den ganz, ganz wenigen Komponisten, die mal außer Wagner im Gralstempel gespielt wurden. Das lag an den Amerikanern, die mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs siegreich in Bayreuth einzogen, nicht übertrieben viel Respekt vor dem Bayreuther Hausheiligen zeigten und das unzerbombte Festspielhaus in den ersten paar Jahren vor Neubayreuth für allerlei Belustigung nutzten. Für die etwas leichtere Muse ebenso wie für Aufführung ernsterer Musik. Eugen d’Alberts Drama „Tiefland“ zum Beispiel, aber eben auch Puccinis „Madama Butterfly“. Dass der Navy-Leutnant Pinkerton in dieser Oper die amerikanische Hymne „The Star Spangled Banner“ schmettert, mag ein wichtiges Argument für die Ansetzung des Stücks im Festspielhaus gewesen sein.

Höchste Zeit also, Giacomo Puccini auch in Bayreuth zu würdigen. In der Galerie Steingraeber ist am 24. Juli Vernissage (18 Uhr), zur Ausstellung „Puccini in Bayreuth“. Dazu spielt Sandro Ivo Bartoli Klavier (19.30 Uhr). Und zwar – man höre und staune – Puccinis sämtliche Klavierwerke. Wer sich nun auf einen Marathon einstellen möchte, kann die Laufschuhe gleich wieder ausziehen, sich zurücklehnen, und sich auf einen entspannten Abend freuen, der auch noch Zeit für mehr lässt. „Puccini hat ungefähr so viel für Klavier komponiert wie Anton Bruckner“, sagt Bartoli. Was bedeutet: Nicht eben viel. Genauer: sechs kleine Stücke.

Puccini als Mann des Theaters

„Er war kein Pianist“, sagt Bartoli, „ähnlich wie Wagner. Er sah sich eindeutig als Mann des Theaters.“ Bartoli wird daher sein Programm um Stücke von Liszt und Wagner ergänzen, zum Umfang eines richtigen Abends. Zum Umfang, wohlgemerkt, nicht zur Qualität. „Es ist jammerschade, dass Puccini nicht mehr für Klavier komponiert hat“, bedauert der italienische Pianist. „Er hatte viel Humor, und das hört man in diesen Stücken.“

Es werden Aufschlussreiches und Kuriositäten zu hören sein. Zum Beispiel ein kleines Stück, das später ausgebaut auch in „La Boheme“ auftaucht, als Musettas Walzer.

Zum Beispiel aber auch Puccinis Benefiz-Stück für Opfer des Ersten Weltkriegs. „Ja, es ist nicht gerade lang“, sagt Bartoli, „gerade mal 16 Takte.“ Macht einen winzig kleinen Bruchteil der Dauer des fürchterlichen großen Krieges, aber auch neugierig auf einen interessanten Abend.

Einen Abend mit möglicherweise geschichtlicher Dimension: Es könnte sein, dass die Historie von Puccinis kuriosem Verhältnis zu Bayreuth am Sonntag um ein Kapitel reicher wird.

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