Jetzt gerät Anas F. also auch aus den eigenen, muslimischen Reihen unter Druck. Er sei „leider bei vielen unbeliebt“, sagt ein Muslim aus Bayreuth. Er setze auch theologisch die falschen Akzente, sehe nur die Unterschiede zwischen den Religionen, nicht aber die Gemeinsamkeiten. Die Gläubigen, die in die Salafisten-Moschee in der Gabelsberger Straße gehen, setzen sich aus allen Schichten zusammen: Ärzte, Hochschullehrer, Sportler, Studenten, Flüchtlinge, Angestellte, Geschäftsleute, auch ihre Kinder bringen sie mit; sie engagieren sich in Vereinen oder Schulen. „Nicht jeder, der ein salafistisches Zentrum besucht, kann der salafistischen Szene zugerechnet werden“, heißt es beim Verfassungsschutz. Allerdings dürfte auch nicht jedem klar sein, dass er mit seiner Spende den Salafismus unterstütze. Man müsse sich erst die Personen anschauen, welche Funktionen sie innerhalb der Organisation hätten, wie sie sich über das Gebet und die Spende hinaus engagieren. Der Bayreuther Islamwissenschaftler Rüdiger Seesemann hält nach Gesprächen mit dem Imam das, was er predigt, für einen „apolitischen“ Salafismus, also ungefährlich.
Auch SPD-Stadtrat Halil Tasdelen warnt, alle Gläubigen dort über den salafistischen Kamm zu scheren. Es wüssten nicht alle, dass die Moschee unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht. Die Jugendlichen dort hätten nichts mit Salafismus zu tun. Nur weil sich manche einen Bart haben wachsen lassen, sei es „nicht fair und nicht in Ordnung“, sie als gefährliche Salafisten abzustempeln. Allerdings sagte Tasdelen auch, Menschen aus anderen Kulturkreisen sollten Flagge zeigen. „Du musst dich einbringen, wenn du Akzeptanz haben willst.“
Hintergrund: Salafismus
Als „Salafismus“ bezeichnet man eine Strömung des Islam, die sich strikt an der Lebensweise der „frommen Altvorderen“ (arab. Al-salaf al-salih) orientiert. Gemeint sind die drei dem Propheten nachfolgenden Generationen, die den Islam noch ohne verfremdende Einflüsse auf der Basis von Koran und Sunna gelebt haben (vgl. Steinberg, Der nahe und der ferne Feind, München 2005, S. 16 ff.).Der Salafismus lässt sich in drei Strömungen einteilen, deren Grenzen aber fließend sind. Der puristische Salafismus versucht, jegliche westlichen und anderen Einflüsse aus der Ideologie fernzuhalten. Politische Aktivität oder die Macht in einem Staat zu übernehmen, planen Puristen nicht. Der politische Salafismus beinhaltet die Forderung nach Einführung der Scharia und einem gottgefälligen Leben, verbunden mit einer politischen Agenda. Teile dieses Spektrums rechtfertigen unter bestimmten Bedingungen die politisch motivierte Gewalt. Der dschihadistische Salafismus sieht im militärischen Dschihad die einzige Möglichkeit, die Einheit des Islam wieder herzustellen und die Muslime zum „wahren Glauben“ zurückzuführen. Daher wird Gewalt gegen alle „Feinde des Islam“ und gegen Ungläubige propagiert (vgl. Entscheiderbrief 6/2013 des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge).
Der Verfassungsschutz macht diese Unterscheidung nicht, sondern ordnet Salafismus klar als islamistische Strömung ein. Ferner geht er davon aus, dass es etwa 6300 radikale Salafisten in Deutschland gibt.