"Mit klassischer Küche kommst du nicht weiter" "Waldrasthaus Karches" in Bischofsgrün bietet außergewöhnliche Wildgerichte

Von Sarah Bernhard
Seit 15 Jahren bewirten Daniela und Fritz Böttger die Wanderer im Fichtelgebirge. So richtig glücklich ist die 48-Jährige in ihrem Job aber nicht mehr: Sie fühlt sich nicht genügend unterstützt. Foto: Sarah Bernhard Foto: red

Wissenschaftler, Wirte, Politiker und Verbandsvertreter haben sich vor kurzem überlegt, wie die fränkischen Wirtshäuser zukunftssicher werden können. In einer Serie sprechen wir mit Wirten darüber, wie gut diese Ideen sind. Heute mit Daniela Böttger vom "Waldrasthaus Karches" in Bischofsgrün. Ihre These: "Jeder will Wirtshäuser aber keine Sau hilft uns."

 
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Daniela Böttger war 23 Jahre alt, als ihre Eltern von Berlin nach Bischofsgrün kamen, um dort ein Restaurant zu eröffnen – unter der Bedingung, dass ihre Tochter es später übernehmen würde. Seit 15 Jahren ist sie nun die Wirtin des "Waldrasthauses Karches", das seine eigene Strom- und Wasserversorgung hat. Ideen, wie die Wirtshäuser in der Region zukunftssicher gemacht werden können, hätte die 48-Jährige viele. Mittlerweile fehlt ihr aber die Lust. Der Kurier hat mit ihr über die Gründe gesprochen – und über zehn Punkte zur Rettung der fränkischen Wirtshäuser.

Extravagante Gerichte

Daniela Böttger: „Wir erfinden uns täglich neu, seit letztes Jahr die Kochprofis da waren. Seitdem machen wir viel mit Wild, aber nicht klassisch, sondern Wild-Burger, Lasagne oder Bratwürste. Klassische Küche musst du natürlich auch haben, aber damit kommst du nicht weiter. Die Leute erwarten was Ausgefallenes.“

 

Unterhaltungsmöglichkeiten

Böttger: „Wir haben einen Kicker und für die Kinder einen Spielplatz, Trampoline und einen Streichelzoo mit Eseln, Hasen, Katzen und einem Hund.“

(Musik)Veranstaltungen

Böttger: „Wir organisieren mit zwei anderen Gastronomen vier kulinarische Wanderungen im Jahr, um den Ort interessanter zu machen. Was wir ansonsten machen, entscheiden wir kurzfristig. Bei uns ist die Gästezahl sehr wetterabhängig.“

W-Lan

Böttger: „Das will ich nicht. Erstens ist der Empfang hier sowieso so schlecht, dass die Leute nur nörgeln würden. Und zweitens muss man nicht immer im Internet surfen.“

Online-Werbung

Böttger: „Eine Facebook-Präsenz haben wir, sie ist aber nicht so hilfreich. Aber seit wir uns unsere Homepage vor zwei Jahren neu gestaltet haben, nützt sie uns sehr.“

Zusammenarbeit mit der Kirche

Böttger: „Ich habe tatsächlich schonmal angeboten, dass man hinter dem Haus sonntags mal eine Freilichtmesse macht. Der ehemalige Pfarrer wollte davon nichts wissen und mit der jetzigen Pfarrerin hat sich ein Gespräch noch nicht ergeben.“

Gemeinsamer Mindest-Bierpreis

Böttger: „Ein einheitlicher Preis geht nicht, weil bei jedem die Bedingungen anders sind. Aber ich bin dafür, dass das Preisdumping aufhört. Wir sind mit 2,90 Euro für die Region ja schon relativ hoch, aber wenn es nach dem Finanzamt ginge, müsste der Preis bei 3,80 Euro liegen.

Absprachen mit Vereinen

Böttger: „Wir selbst haben nie mit Vereinen zu tun gehabt, aber in den Orten macht es die Wirtshäuser kaputt, dass immer mehr ihre eigenen Vereinshäuser haben.“

Bessere Ausbildung

Böttger: „Ich bin tatsächlich dafür, dass der Beruf geschützt wird. Jeder ist der Meinung, er kann sich einfach hinter den Zapfhahn stellen und dann ist er Gastronom. Aber das stimmt nicht. Da gehören Leute hin, die Ahnung haben. Ob das jemand mit Ausbildung zum Koch oder zum Hotelfachwirt ist, ist egal.“

 

Bürokratie-Abbau

Böttger: „Wir haben zwei Riesen-Probleme. Erstens den Mindestlohn: Ich kann meine Leute nicht nach zehn Stunden nach Hause schicken, wenn der Laden voll ist, weil genau da müssen wir unser Geld verdienen. Das sehen meine Angestellten eigentlich genauso. Die arbeiten lieber im Sommer ein bisschen mehr und bleiben im Winter dafür einen Monat daheim.

Zweitens die EU-Regularien, die fordern, dass man alles aufzeichnet, zum Beispiel, wer wann geputzt hat. Wenn die Kontrolle kommt, sieht sie doch, ob die Küche schmutzig oder sauber ist, warum muss ich das noch aufschreiben?“

Und zum Schluss: Ist das Waldrasthaus zukunftssicher?

Böttger: „Nein, das würde ich nicht behaupten. Wir sind weder an die Strom- noch an die Wasserversorgung angeschlossen und das wird auch nicht passieren, da wir keine Zuschüsse bekommen. Jeder will Wirtshäuser, aber keine Sau hilft uns. Und wenn dann mal der Strom ausfällt, verstehen die Leute nicht, dass sie eben gerade keinen Cappuccino haben können.

Früher habe ich meinen Beruf gerne gemacht, aber die Leute werden immer mürrischer und glauben, wir sind ihre Lakaien. Mein Sohn will auf keinen Fall weitermachen und meine Tochter arbeitet in der Gastronomie auf Sylt. Dort hat sie nicht nur geregeltere Arbeitszeiten, sondern verdient auch noch besser. Wie es weitergehen soll, weiß ich also noch nicht.“

Steckbrief

Sitzplätze: 130 innen, 160 außen

Bier: Kulmbacher

Kosten für ein Seidla: 2,90 Euro

Klientel: Ausflügler

Welche Ideen die Wirte des Wirtshauses "Zur alten Eisenbahn" in Wadendorf zur Rettung der fränkischen Wirtshäuser haben, lesen Sie hier.

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