Messerstecherei: Gutachter sagt aus Persönlichkeit des Täters nicht gestört

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Messerstecherei vor dem Schwurgericht. Foto: dpa Foto: red

Sie würdigten sich keines Blickes. Im Prozess um eine Messerstecherei in einer Wohnung für Obdachlose in Kulmbach war am Dienstag gestern die Frau geladen, mit der der Angeklagte glaubte, fest liiert zu sein. Von einer gemeinsamen Zukunft war einst die Rede. Doch jetzt ist alles anders.

 
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Seit Montag muss sich Oliver K. wegen versuchten Mordes vor der Ersten Strafkammer des Schwurgerichts in Bayreuth verantworten (der Kurier berichtete). Die Anklage wirft dem 25-Jährigen vor, dreimal mit einem Messer auf seinen Nebenbuhler eingestochen zu haben.

Als Svenja H. am Dienstag zu erzählen begann, wie sie den Angeklagten im Oktober 2016 in einer Diabetes-Klinik im baden-württembergischen Bad Mergentheim kennengelernt hatte, war ihr die Erschütterung deutlich anzumerken. In gebrochenem Tonfall sagte sie: „Wir haben uns ineinander verliebt.“ Bereits am Montag hatte auch K. gesagt, dass er annahm, sie beide wären ein festes Paar – auch wenn das Aufschlagen nach dem Klinikaufenthalt in der Realität in Kulmbach für den 25-Jährigen ziemlich hart gewesen sein muss. Die Obdachlosenwohnung seiner neuen Partnerin war vermüllt, der Zustand der Küche ekelhaft und auch davon, dass in dieser Bleibe noch weitere Männer logierten, habe K. erst vor Ort erfahren.

Frau und Tochter verlassen

Aus heutiger Sicht könne er nicht mehr verstehen, warum er nicht sofort wieder gegangen ist, berichtete  der psychologische Gutachter des Angeklagten, Thomas Wenske. Für seine Klinikbekanntschaft hatte K. seine Ehefrau mit Tochter verlassen. Mit seiner Familie hatte er nicht im Obdachlosen-Milieu gewohnt.

Wie Svenja H. den Messerangriff des Angeklagten gegen den Mann, mit dem sie zu diesem Zeitpunkt unter einer Decke kuschelte, wahrgenommen hatte, wollte der Vorsitzende Richter Michael Eckstein von der Zeugin wissen. „Ich habe gedacht, die machen Blödsinn“, sagte sie. Doch dann wurde ihr klar, was sich hier abspielte. K. habe das „wegen mir“ gemacht. Er sei eigentlich nicht so, sagte sie vor Gericht. Die Zeugin berichtete, dass sie während des Angriffs zu schreien begonnen habe, bis ein weiterer Mitbewohner den Angreifer vom Körper des Opfers gezogen habe. Letzterer habe während des Zustechens gerufen: „Hör auf, was soll die Scheiße.“

Freundlich und auskunftsfreudig

Von großem Interesse war in der Verhandlung am Dienstag die Einschätzung des Gutachters der forensischen Psychiatrie Erlangen. Wenske berichtete, dass er den Angeklagten als sehr freundlich und auskunftsfreudig erlebt habe. K. habe sich selbst als eher sensiblen Typen charakterisiert. Im Laufe seines Lebens habe der Angeklagte immer wieder depressive Phasen durchlebt. Auch von Drogen- und einstmals starkem Alkoholkonsum war die Rede. Jedoch konnte der Gutachter bei dem 25-Jährigen keine spezifische Persönlichkeitsstörung feststellen. Wenske sah keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Ausführen der Tat durch eine Depression dominiert gewesen wäre. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Tat konnte der Gutachter nicht erkennen. Am Mittwoch soll die Beweisaufnahme abgeschlossen werden.

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