Mediziner stehen auf dem Standpunkt: Entschuldigung der Eltern ist für Schulen ausreichend - Schulen kontern Kinderärzte: Keine unnötigen Atteste mehr

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Die Kinderärzte in Bayreuth und Umgebung wollen keine unnötigen Atteste mehr ausstellen. Das sei keine Kassenleistung. Und zudem eine übertriebene Anforderung von Schulen und Kindergärten, sagt der Sprecher der Kinderärzte, Norbert Meister. Foto: Archiv/dpa Foto: red

Schluss mit der Attestflut. Das ist eine Forderung der Kinder- und Jugendärzte in Bayreuth und Kulmbach. Die 21 Mediziner, deren Sprecher der Kinderarzt Norbert Meister ist, wollen keine unnötigen Atteste mehr ausstellen, die von Schulen und Kindergärten verlangt werden. Eine Entschuldigung der Eltern sei in vielen Fällen ausreichend. Widerspruch kommt aus den Schulen.

 
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Es werden künftig keine kostenlosen Atteste mehr ausgestellt, sagt Norbert Meister, der Sprecher der Kinder- und Jugendärzte in Bayreuth und Kulmbach. "Schulen verlangen ein Attest, wenn Klausuren anstehen. Eine Anforderung der Schulen, die so vom Kultusministerium nicht gedeckt ist." Schulen legten eine Bestimmung, dass sie Atteste verlangen könnten, zu scharf aus. Eltern, sagt Meister, könnten ihre Kinder genauso vom Unterricht befreien, wenn sie krank sind.

Keine Kassenleistung

"Atteste auszustellen ist nicht unsere Aufgabe, das ist auch keine Kassenleistung. Das nimmt in den Praxen einen immer größeren Raum ein. Und es ist auch zeit der Eltern, die dabei drauf geht." Deshalb, sagt Meister, gebe es diese Leistung jetzt nicht mehr umsonst. Gleiches gelte für Gesund-Schreibungen. Manche Kindergärten verlangten einen Besuch beim Arzt, bevor das Kind nach einer Krankheit wieder in den Kindergarten gehen dürfe: "Wenn Kinder nach Läuse-Befall oder Durchfall gesund geschrieben werden sollen, ist auch das nicht vom Infektionsschutzgesetz gedeckt. Atteste gibt es eigentlich nur nach massiven Erkrankungen wie offener Lungen-Tuberkulose, Krätze oder Hautbakterien."

Länger als drei Tage krank: zum Arzt

Man verlange ein Attest, wenn das Kind "länger als drei Tage krank ist. Dann empfehlen wir, einen Arzt aufzusuchen", sagt Franz Eisentraut, der Direktor des Gymnasiums Christian-Ernestinum (GCE). Und es sei "Maßgabe der Schule", ein Attest zu verlangen, wenn ein Jugendlicher bei "einem angekündigten Leistungstest nicht erscheint. Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht".  Ähnlich sieht das Andrea Karaman, die stellvertretende Leiterin der Alexander-von-Humboldt-Realschule: "Es ist sicher für die Ärzte kein Spaß und auch für die Eltern eine Rennerei: Aber wir verlangen seit diesem Jahr auch ein Attest, wenn ein Schüler bei Schulaufgaben nicht dabei sein kann. Das gibt die Bayerische Schulordnung her." Stimmt, sagt Andreas Ofenbeck, Sprecher des Kultusministeriums: "Die Schule kann ein Attest verlangen, wenn ein Schüler länger als drei Tage ausfällt oder nicht zu einem angekündigten Leistungsnachweis erscheint."

Kindeswohl muss im Mittelpunkt stehen

Das Kindeswohl müsse im Mittelpunkt stehen, sagt Manfred Riedel, der Rektor der Albert-Schweitzer-Mittelschule. Und deshalb verlange die Schule ein Attest, wenn ein Kind länger als drei Tage nicht zum Unterricht erscheine. "Wir haben immer wieder Fälle von Schulschwänzerei, bei denen nicht klar ist, ob die Eltern tatsächlich die Entschuldigung schreiben. Auch wenn es aufwendig ist, verlangen wir deshalb in bestimmten Situationen Atteste."

Man vertraut den Eltern

In der Regel, sagt Alexandra Röthlingshöfer, die bei der Diakonie als Abteilungsleiterin für die Kindergärten zuständig ist, vertraue man den Eltern, "dass sie ihr Kind nur gesund schicken. Jede Erzieherin hat das Recht, kranke Kinder nach Hause zu schicken". Zum Wohl des Kindes. Und der anderen Kinder in der Gruppe. Aus ihrer Sicht sei es "ärgerlich, wenn ein Arzt sagt, er stellt kein Attest aus, wenn man es in begründeten Ausnahmefällen verlangt. Denn in den vergangenen fünf Jahren war das kein allzu großes Thema mehr bei uns."

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