Kommentiertes „Mein Kampf“ im Unterricht?

Themenhefte der Landeszentrale für politische Bildung in der Reihe «Einsichten und Perspektiven» mit dem Titel «Mein Kampf in der historisch-politischen Bildung» liegen im bayerischen Landtag in München aus. Foto: Britta Schultejans/dpa Foto: red

Sollen bayerische Schüler im Unterricht mit der kritisch kommentierten Ausgabe von Adolf Hitlers «Mein Kampf» arbeiten? Der Landtag hat dazu eine ziemlich einhellige Meinung.

 
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Die komplette kommentierte Ausgabe von Adolf Hitlers Hetzschrift «Mein Kampf» soll nach Ansicht von Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) nicht im Schulunterricht verwendet werden. «Das im Unterricht als unmittelbares Lehrmittel einzusetzen, halte ich für schwer praktikabel.»

Er sprach sich am Donnerstag im Bildungsausschuss des Landtags dafür aus, nur Auszüge aus der kommentierten Fassung von Hitlers Hetzschrift, die das Institut für Zeitgeschichte (IfZ) im vergangenen Jahr auf den Markt gebracht hatte, als Quellen im Geschichtsunterricht zu nutzen.

Spaenle stellte dazu ein Themenheft der Landeszentrale für politische Bildung in der Reihe «Einsichten und Perspektiven» vor. Der Titel: «"Mein Kampf" in der historisch-politischen Bildung». «Es war klar, dass das keine x-beliebige Handreichung vom Fließband werden würde», sagte Monika Franz von der Landeszentrale.

"Wir werden den zeitgeschichtlichen Unterricht nicht völlig auf den Kopf stellen"

«Es ist ohne Zweifel so, dass für das perverse und krude Weltbild des Nationalsozialismus "Mein Kampf" eine wichtige Quelle ist», sagte Spaenle. Er betonte aber, dass die Nutzung dieser Quelle eingebettet sein müsse in eine umfassende Beschäftigung mit dem Holocaust. «Wir werden den zeitgeschichtlichen Unterricht nicht völlig auf den Kopf stellen.»

Der Landtag hatte bereits im vergangenen Jahr entschieden, dass die kritische Ausgabe des IfZ künftig an bayerischen Schulen und anderen Bildungseinrichtungen genutzt werden soll - und auch in der Ausschuss-Diskussion am Donnerstag zeigte sich darüber fraktionsübergreifend weitgehende Einigkeit.

«Ich will dieses Thema eingebettet wissen in die gesamte politische Bildungsarbeit», sagte der Ausschussvorsitzende und SPD-Abgeordnete Martin Güll. «Gerade in der Nach-Zeitzeugen-Ära müssen wir uns diesem Thema noch viel stärker widmen. Das setzt aber voraus, dass wir in der Schule dafür auch genügend Zeit haben.»

"Mein Kampf" – da warne ich davor!"

Der Einsatz von «Mein Kampf» als Original-Quelle im Geschichtsunterricht ist dennoch nicht unumstritten. Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hält die Arbeit mit der kommentierten Ausgabe von «Mein Kampf» in höheren Schulklassen zwar für sinnvoll.

«Dies kann ein wichtiger Baustein sein, um die nationalsozialistische Ideologie zu verstehen», erklärte er am Donnerstag. «Wir sollten allerdings die Lehrer mit dieser schwierigen Aufgabe der richtigen Vermittlung nicht alleine lassen, sondern ihnen gute Arbeitsmaterialien und Möglichkeiten zur Fortbildung für dieses Thema anbieten.»

Schusters Vorgängerin Charlotte Knobloch, heute Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, lehnt «Mein Kampf» als Quelle im Geschichtsunterricht dagegen ab. Auch IfZ-Direktor Andreas Wirsching reagierte auf die Idee, Auszüge aus der Hetzschrift als Quelle im Unterricht zu verwenden, eher verhalten: «Ich warne da vor einer zu starken Hitler-Zentrierung in der öffentlichen Diskussion und vor allem im Geschichtsunterricht.»

So etwas dürfe nicht passieren, betonte auch Michael Piazolo von den Freien Wählern. «An der Geschichte hat sich dadurch nichts geändert. Eine Konzentration auf die Person Hitlers und sein Buch "Mein Kampf" – da warne ich davor.»

dpa

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