Kein neuer Kindergarten Ältester Bayreuther Verein bremst Diakonie aus

Wie es im Erdgeschoss des Jean-Paul-Stifts weitergeht, ist unklar. Kinderbetreuungsplätze werden dort nicht gebaut. Foto: Archiv/Andreas Schmitt

Die Diakonie lindert den Mangel an Kinderbetreuung in Bayreuth mit 22 neuen Plätzen im Jean-Paul-Stift. So war der Plan. Den hat der neue Verwaltungsrat des Jean-Paul-Vereins jetzt abgelehnt.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Bayreuth - „Schnell und unkompliziert“ wollte er helfen. Sagte Franz Sedlak, Geschäftsführer des Diakonischen Werks, im Dezember 2020. Im Erdgeschoss des Jean-Paul-Stifts zeigte er, wo neue Kinderbetreuungsplätze entstehen sollen. Und beschwerte sich: Die Diakonie habe alle Unterlagen an die Stadt weitergereicht. Die aber schaffe es nicht, den Förderantrag an die Regierung von Oberfranken weiterzugeben. Die Stadt entgegnete: Lieber gründlich machen als Fördergeld verlieren. 90 Prozent der etwa 230 000 Euro sollten gefördert werden. Im Juni 2021 hieß es, gut 40 000 Euro stünden zur Auszahlung bereit. Nun geht es vorwärts. Dachte man. Doch das Projekt wurde erneut ausgebremst. Diesmal endgültig.

„Der Verwaltungsrat hat der langfristigen Nutzung der Räume in der Hans-Sachs-Straße nicht zugestimmt“, sagte Sozialreferentin Manuela Brozat am Mittwoch im Stadtrat. „Dadurch kann die Diakonie den förderrechtlich notwendigen 25-jährigen Kita-Betrieb nicht gewährleisten.“ Der Förderantrag wurde zurückgezogen. „Das kam überraschend“, sagt Brozat auf Kurier-Anfrage. Das Fördergeld sei weg. Es hätte nur für dieses Projekt verwendet werden können. Wegen der hohen Fördersumme sei dies „besonders zu bedauern“, sagte Oberbürgermeister Thomas Ebersberger (CSU) im Stadtrat. „Und es dauert jetzt länger, bis wir die Betreuungsplätze kriegen.“

Jetzt soll in der Friedenskirche umgebaut werden

Geben soll es diese trotzdem. Nach dem Aus im Jean-Paul-Stift plant Sedlak einen Umbau einer leerstehenden Wohnung in der Friedenskirche im Stadtteil Birken. Es sei schon alles mit der Kirchenverwaltung geklärt. Der Umbau sei nicht so aufwendig wie im Stift, eine Förderung sei nicht notwendig. Im Sommer könnte alles fertig sein, sagt Sedlak. „Wenn ich verspreche, zu liefern, dann liefere ich auch.“

Doch Sedlak ist nicht nur motiviert, sondern auch sauer. Auf den Jean-Paul-Verein. Dessen neuer Verwaltungsrat nahm die durch das alte Gremium erteilte Zusage zur Nutzung der Räume im Stift zurück. Der Verein ist Gebäudeinhaber. Sedlak ist auch dessen Geschäftsführer. Vor sechs Jahren erhielt er einen Geschäftsbesorgungsvertrag.

Sedlak forciert Verschmelzung mit Diakonie

Dass Sedlak eine Verschmelzung der Diakonie und dem ältesten Bayreuther Verein – gegründet 1841 – forciert, gefällt einigen Mitgliedern, anderen nicht. Für Sedlak gibt es keine Alternative. Die Zeiten hätten sich geändert. Zum Beispiel bei der vom Jean-Paul-Verein betriebenen Janusz-Korczak-Schule für lernschwache Kinder. „Früher schickte der Landkreis auch Kinder hin. Heute nicht mehr, weil es dort Stütz- und Förderklassen gibt. Da brauche ich keinen Taschenrechner.“ Sedlak: „Wenn der Verein eigenständig bleibt, geht es den Bach runter.“

Das betont auch Manuel Ceglarek. Der für die Region Nord zuständige Dekan des evangelischen Dekanatsbezirks Bayreuth-Bad Berneck ist Verwaltungsratsvorsitzender der Diakonie und des Jean-Paul-Vereins. „Wir brauchen das Miteinander und die Synergieeffekte mit der Diakonie, um gut regional wirken zu können.“ Allerdings hat der Vorsitzende im sechsköpfigen Verwaltungsrat des Jean-Paul-Vereins dafür seit 27. Oktober 2021 keine Mehrheit mehr. Damals hat die Mitgliederversammlung drei Posten neu besetzt. Mit Personen, die Eigenständigkeit betonen. „Ich halte das für falsch“, sagt Ceglarek. Doch ohne eindeutige Mehrheit könne der Rat keine langfristige Zusage zur Zusammenarbeit geben. Deshalb die Absage des Verwaltungsrates am 15. Dezember.

Ex-Sozialreferent äußert Kritik

Einer, der die Eigenständigkeit des Vereins betont, ist Gerhard Böhner (75). Der frühere Bayreuther Sozialreferent (bis 2005) stand von den 1980er Jahren bis 2000 an der Spitze des Jean-Paul-Vereins. Heute ist er normales Mitglied, nennt Sedlak einen „Vollprofi“, kritisiert aber dessen „Alleingänge“. Eine breite Diskussion unter den Mitgliedern habe es über den Umbau des Jean-Paul-Stifts nicht gegeben. Böhner habe von den Plänen aus dem Kurier erfahren. „Völlig ohne Not wurde die Vereinsverwaltung dort ausquartiert.“ Zwar sei richtig, dass es Mitgliederschwund gebe. „Aber es wird auch nicht um neue Mitglieder geworben.“ Früher sei man aktiver an Eltern herangetreten. Ja, die Situation des Vereins sei schwierig. „Andere Möglichkeiten als die Verschmelzung mit der Diakonie wurden aber gar nicht besprochen.“ Man könne die Grundstücke durch Erbbaurecht übergeben. Dann würde der Verein mit dem Erbbauzins arbeiten können. „Der Verein hätte eine Chance, wenn man sich mehr Mühe geben würde“, findet Böhner.

Autor

Bilder