Hilfe für Senioren in der Krise

Von Norbert Heimbeck
Preisverleihung in Regensburg (von links): Oberfrankens Regierungs-Vizepräsident Thomas Engel, die städtische Projektmitarbeiterin Gabriele Leykauf, Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe und Sozialministern Emilia Müller. Foto: Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration. Foto: red

Lieselotte H. hat ein Problem: Die 90-Jährige bewohnt alleine ein großes Haus mit Garten. Nach einem Oberschenkelhalsbruch bräuchte sie Hilfe im Haushalt, will aber keine Fremden um sich haben. Angehörige können die alte Frau nur gelegentlich versorgen. Das ist ein Fall für Gaby Leykauf. Sie berät alte Menschen in Krisensituationen.

 
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Hilfe für Senioren in der Krise

Was Gaby Leykauf im Auftrag der Stadt Bayreuth tut, ist nahezu einmalig in Bayern, in München gibt es Ähnliches. „Präventive Hausbesuche“ heißt das Projekt, das vom Seniorenamt und der Hans und Emma Nützel-Altenstiftung getragen wird. Kürzlich ist es mit dem 3. Platz beim erstmalig ausgelobten Bayerischen Innovationspreis „Zuhause daheim“ ausgezeichnet worden - es gab eine Urkunde und 1000 Euro.

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Seit 2002 gibt es in Bayreuth die Mobile Seniorenberatung, sagt Udja Holschuh, Leiterin des Bayreuther Seniorenamtes: „Wir leisten Krisenarbeit, etwa in Trauerfällen, oder bei Depressionen“. Das Team der Beratungsstelle wolle „helfen, ehe es richtig schlimm wird“. Wenn etwa ein alter Mensch keinerlei Kontakte mehr pflegt, wenn die Wohnung vermüllt wird, oder wenn gesundheitliche Gefahren drohen. Rund 200 Fälle betreut das Mobile Team im Jahr. Hinweise, wo Not am Mann ist, bekommt das Beratungsteam von Nachbarn, von Ärzten und manchmal auch von Betroffenen selbst.

Imemr mehr alte Einwohner

Mit dem zusätzlichen Angebot der präventiven Hausbesuche soll es Senioren ermöglicht werden, „so lange wie möglich selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden zu leben“, sagt Holschuh. Der Bedarf ist tatsächlich vorhanden: Im ersten Jahr hatte Gaby Leykauf 80 Klienten, im ersten Halbjahr 2017 sind es schon 70 Fälle, die sie betreut. Die demografische Entwicklung gibt kaum Hoffnung auf Besserung: Immer mehr Menschen werden immer älter. Zugleich leben sie immer öfter alleine, weil Angehörige in die Ballungszentren ziehen.

Das Seniorenamt hat die Situation für zunächst zwei Stadtteile in Bayreuth untersucht. In Meyernberg (ohne Y-Haus) etwa leben rund 700 Menschen, die älter als 65 Jahre sind. Gut 400 davon sind daheim allein. In der Neuen Heimat sind es 213 allein lebende Senioren. Sie alle haben vom Amt einen Brief bekommen, in dem Leykaufs Arbeit vorgestellt wurde. „Nur in ganz wenigen Fällen haben die Menschen das als Belästigung empfunden“, sagt Leykauf. Mehr als 20 Prozent haben aufgrund des Briefes sogar einen Beratungswunsch geäußert.

Anlaufstelle ist die Bürgerbegegnungsstätte

Nach und nach sollen auch die anderen Stadtteile informiert werden. Das Seniorenamt versteht dieses Angebot als Ergänzung zu ähnlichen Projekten der Arbeiterwohlfahrt und der Rummelsberger Diakonie in Bayreuth: „Wir wollen den Betroffenen zeigen, wo sie im Notfall Rat und Unterstützung finden“, sagt Leykauf. Zusammen mit ihren Kolleginnen Beate Kalemba und Claudia Pscherer hat sie ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Senioren: „Anlaufstelle ist das Büro in der Bürgerbegegnungsstätte am Sendelbach“. Der Zugang hier sei für viele Menschen einfacher als der Besuch im Rathaus. „Wir wollen ein möglichst niedrigschwelliges Angebot machen“.

Wenn man sich aussprechen kann

Bewusst sei dieses Angebot vom Sozialamt der Stadt getrennt, sagt Udja Holschuh. Viele Senioren scheuen einerseits den Gang zum Sozialamt. Andererseits wird Gaby Leykauf auch mal „am Wochenende oder nach 18 Uhr“ aktiv. Wenn sich beim Hausbesuch herausstellt, dass die gesundheitlichen Probleme zu groß werden, dass die Rente einfach nicht reicht oder dass alltägliche Besorgungen nicht mehr gemacht werden können, dann bietet die Beraterin „die Weiterleitung an Fachbehörden oder Mediziner an“. Es sei wichtig, sich auf die Menschen einzulassen. Vielen sei schon geholfen, wenn sie sich einmal aussprechen könnten.

So wie im Falle von Lieselotte H. Im Gespräch mit ihr und Angehörigen wies Gaby Leykauf auf Angebote wie Essen auf Rädern hin, empfahl die Installation eines Hausnotrufsystems und zeigte, dass die Kirchengemeinde im Stadtteil Seniorenangebote macht: „Dadurch konnten wir der Dame die Angst vor Fremdbestimmung nehmen, sie selbst kann vorerst in ihrem gewohnten Umfeld bleiben und das Verhältnis zur Familie hat sich auch verbessert.“

Info: Gaby Leykauf ist in der Bürgerbegegnungsstätte (Am Sendelbach 3) im 1. Stock zu erreichen.

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