Freier Handel. Das bedeutet: Keine Zölle. Keine Begrenzung bei den Mengen. Die Europäische Union und die USA verhandeln über ein Freihandelsabkommen, im November haben beide Parteien trotz der Verstimmungen wegen der jüngsten Abhör-Skandale die Verhandlungen wieder aufgenommen. Amerikas Präsident Barack Obama und Kanzlerin Angela Merkel betonen seit Monaten, dass sie das Abkommen wollen. Nach offiziellen Stellungnahmen soll das Abkommen unter anderem das Wirtschaftswachstum in den Teilnehmerstaaten ankurbeln, die Arbeitslosigkeit senken und das Durchschnittseinkommen erhöhen.

Landwirte befürchten genmanipulierte Lebensmittel

Klingt gut. Doch an dem Freihandelsabkommen wird Kritik laut, auch aus Bayreuth und der Region. Die Landwirte sehen den freien Handel mit den USA kritisch. Ihre Befürchtung: genmanipulierter Mais, gechlortes Hühnerfleisch und Lebensmittel, die mit Pflanzenschutzmitteln belastet sind, könnten auf ganz legalem Weg auch auf den oberfränkischen Markt kommen. „Wir hätten nicht mal ein Recht auf Nachkontrolle“, sagt Karl Lappe. Er ist der Bayreuther Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes.

Lappe fürchtet, dass ein freier Handel die deutschen Umwelt- und Sozialstandards aushebelt. „Unsere Standards sind in der Regel besser als die amerikanischen“, sagt er. Lappe fürchtet, dass das Freihandelsabkommen dazu führt, dass die Verbraucher das Vertrauen in Produkte verlieren. „In Amerika ist Hormonfleisch erlaubt, bei uns verboten. Wenn die Verbraucher nicht wissen, was in der Packung ist, vertrauen sie dem Produkt nicht.“ Das hat für Lappe gleich zwei negative Auswirkungen auf die regionalen Fleischproduzenten: Erstens bekommen die Konkurrenz von amerikanischen Fleischerzeugern. Zweitens könnte der Fleischkosum sinken, weil die Verbraucher dem Produkt skeptisch gegenüber stehen. „Die verlieren dann doppelt“, sagt Lappe.

Viele oberfränkische Unternehmen expandieren nach Nordamerika

Heribert Trunk, Präsident der oberfränkischen Industrie- und Handelskammer (IHK) versteht die Bedenken der Landwirte. Trotzdem hält er das Freihandelsabkommen für richtig. „Das ist der einzige richtige Weg“, sagt er. „Ich merke, dass die oberfränkischen Unternehmen nach Nordamerika expandieren wollen“, sagt er. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen scheuen dieses Schritt noch, sagt Trunk. „Sie schrecken vor der Bürokratie, zum Beispiel durch Zölle, zurück.“ Mit dem Freihandelsabkommen würde diese Bürokratie wesentlich abnehmen.

Doch auch in der Industrie gibt es Bedenken bezüglich des Abkommens. „Die oberfränkische Industrie verbraucht viel Energie“, sagt Trunk – nicht nur in Glashütten und Porzellanfabriken. In Deutschland steigen die Energiekosten, in den USA nicht in so hohem Maße. Das liegt auch an umstrittener Energiegewinnung wie dem Fracking. „Es täte uns weh, wenn das Produzieren in Nordamerika billiger werden würde als bei uns“, sagt Trunk. Denn ein Freihandelsabkommen ist keine Einbahnstraße. Und wenn Nordamerikas Betriebe wesentlich günstiger produzieren könnten, als die heimischen, würde das einen großen Nachteil bedeuten. Denn im Zweifel greift der Verbraucher zum günstigeren Produkt aus Übersee.


Info: Von den rund 2000 oberfränkischen Unternehmen in der IHK-Datenbank exportieren 130 in die USA. An der Spitze steht Italien, 240 Betriebe exportieren dorthin.