Was ist der juristische Knackpunkt?
Aus Sicht der Bausparkassen findet durch den Verzicht auf das Darlehen eine Zweckentfremdung des Bausparvertrags zur reinen Kapitalanlage statt. Sie berufen sich auf den Paragrafen 489 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), dem zufolge Darlehensnehmer zehn Jahre nach vollständigem Empfang einer Leistung kündigen dürfen. In der Sparphase sehen sich die Finanzinstitute als Darlehensnehmer, da sie ja Geld der Sparer bekommen und hierfür Zinsen zahlen. Aus Sicht von Bausparern greift der strittige Paragraf 489 hingegen nicht. „Der Paragraf wurde zum Schutz von Verbrauchern gegenüber Banken eingeführt und nicht umgekehrt“, sagt Anwalt Thomas Basten. Und selbst wenn sich ein Institut darauf berufen dürfte, so wäre der Paragraf nicht anwendbar, sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Denn nur weil ein Vertrag seit zehn Jahren zuteilungsreif sei, sei damit nicht die vollständige Leistung empfangen worden, also die gesamte Darlehensauszahlung. Schließlich gingen die Einzahlungen der Sparer weiter, das Darlehen wachse an. Der Zeitpunkt der Zuteilung sei irrelevant, so Nauhauser.
Aus Sicht des Stuttgarter Gerichts war entscheidend, dass die Bausparkasse ein vertragliches Kündigungsrecht nicht genutzt habe, als die Einzahlungen schon vor längerer Zeit aufhörten – der Vertrag ruhte also. Indem die Bausparkasse das zuließ, habe sie ihr gesetzliches Kündigungsrecht gewissermaßen verwirkt.