Kurz nach dem Wechsel ans Landgericht wartet auf Ponsel, der aus einem politisch interessierten, liberalen Familienumfeld kommt, die nächste Herausforderung: Lokalpolitik.
„Willy Brandt, die Veränderung der Politik, die Annäherung an den Osten, das war für mich als politisch interessiertem Menschen der Ausschlag, Mitglied der SPD zu werden. Das ist die richtige Partei für mich, war ich mir sicher“, sagt er. 1971 sei Hans Walter Wild auf ihn, den jungen Richter, zugekommen. In seiner unnachahmlichen Art – Wild konnte sehr bestimmt sein – habe der Oberbürgermeister ihn gebeten, sich mit ihm zu treffen. „Er sagte mir, ich müsse für den Stadtrat kandidieren. Ich habe ihm gesagt, dass ich bestimmt kein Berufspolitiker werde. Und dass ich sowieso erst einmal die Familie fragen müsse.“ Die Familie stimmt zu. Nicht zuletzt deshalb, weil die Lokalpolitik Ponsels Liebäugeln mit einer Stelle im hohen Polizeidienst mit mehrmonatigen Aufenthalten in anderen Städten einen Riegel vorschiebt.
Die SPD, sagt Ponsel, sei damals „stark von der Arbeiterschaft geprägt gewesen. Das waren alles gewachsene Sozialdemokraten. Ich war ein hineingewachsener“. Trotzdem wird er auf Anhieb gewählt, sitzt im Stadtrat. „Bis Wild wieder kam, 1974 war das: Du musst den Fraktionsvorsitz übernehmen.“ Die SPD, damals führende Kraft im Stadtrat, sollte der Neuling lenken. Die CSU führt sein Freund Veit Holzschuher, die BG Walther Schmidt. „Ich habe nach reiflichem Überlegen zugestimmt, hatte aber plötzlich aus dieser Truppe selbstbewusster Leute heraus zwei Gegenkandidaten. Zwei angesehene, langjährige Sozialdemokraten. Aber: Ich bin mit Mehrheit aus dem Rennen gegangen.“ 27 Jahre lang sollte Ponsel Fraktionsvorsitzender bleiben, bis er das Amt abgab.
Man habe gestalten können in dieser Zeit, sagt Ponsel. „Es war Aufbruchstimmung in Bayreuth. Einer der Eckpfeiler war sicher die Gründung der Universität vor 40 Jahren. Oder die Stadtentwicklung, die Ansiedlung heute so wichtiger Industriebetriebe wie Grundig, die BAT oder Medi. Der Einzelhandel: Bayreuth hatte viele schöne Geschäfte – und einen Schlachthof, der als ungenehmigtes Unternehmen mitten in der Stadt arbeitete.“ Dort steht jetzt das Rotmain-Center, mit Brücke hinüber zum Markt. „Das hat, dessen bin ich mir sicher, viel gebracht für Bayreuth.“
Ponsel hat nach seinem Ausscheiden aus dem Stadtrat seinen Frieden mit der Politik gemacht. „Ich habe mir geschworen, dass ich nicht als Besserwisser durch die Gegend laufen werde. Wer eine Auskunft haben will, dem sage ich unverblümt, was ich von diesem oder jenem halte.“ Mit seinem Freund Wolfgang Kern, Ponsels direktem Nachfolger als Fraktionsvorsitzender, treffe er sich einmal in der Woche, plaudere über dies und das und die Politik. „Aber aus dem Geschehen halte ich mich raus“, sagt Ponsel. Eines aber sagt er doch: Er vermisse, dass die Fraktionen im Stadtrat an einem Strang ziehen. „Man hat früher im Stadtrat nicht kleinkariert herumgetan – so wie man heute den Eindruck hat, dass es passiert. Es ist entschieden worden. Und das ist auch etwas, was vom Oberbürgermeister ausgehen muss. Der muss entscheidungsfreudig sein.“
Die Freizeit, die ihm in seiner beruflich und politisch aktiven Zeit oft gefehlt hat, genießt Ponsel heute umso mehr. Nicht mehr die extremen Touren, die mit den hohen Bergen. Heute ist es Pilze suchen mit Freunden. Wandern. Karten spielen. Den Samstagabend verbringt er beim Stammtisch der Wilden Indianer, „immer ein fröhlicher Abend, an dem es zünftig zugeht“, sagt Ponsel. Ein Anknüpfen an die Studentenzeit, als er – zum Leidwesen seiner Mutter – bei einer schlagenden Verbindung war. Und er verfolgt als stolzer Opa das Aufwachsen der fünf Enkel.
Wenn er heute einen Strich unter sein Leben ziehe, dann könne er sagen, dass er in mehrfacher Weise Glück gehabt habe. „Ich habe das große Glück gehabt, in einer intakten und mir zugewandten Familie zu leben“, sagt Ponsel. Er habe einen Beruf gehabt, der ihn ausgefüllt habe. „Und ich hatte die Möglichkeit, in der Kommunalpolitik mitzuarbeiten – wo ich viel gelernt habe: Dass es wichtig ist, sich zu verständigen, sich abzusprechen, auszutauschen. Ganz anders als im Gericht, wo ich als Einzelner klare, eindeutige Entscheidungen zu treffen hatte.“
Ponsel sagt, er fühle sich nicht wie 80. „Dankbar und froh bin ich, dass ich bis heute gesund geblieben bin.“ Vielleicht sei die gute Konstitution von seinem Großvater Eduard Ponsel auf ihn durchgeschlagen. „Der war Zimmermann, den sehe ich heute noch vor mir: Mit 82 saß er noch auf dem Dach, hat die Dachlatten draufgenagelt. Ein Kerl, der nicht viel gesagt hat. Der aber jedem Witz aufgeschlossen war und immer ein verschmitztes Lächeln auf den Lippen hatte.“