Schauspieler Ulrich Noethen liest aus Biografie 1000 Minuten Wagner

Von Christina Fleischmann
 Foto: red

Die Verwandlungen missglückten, ein Schauspieler lief zwei Mal in die Kulissen und verlor den Ring, der Drache im „Siegfried“ war kein Monster, sondern eher eine Mischung aus Eidechse und Stachelschwein. Bei der Uraufführung des „Rings des Nibelungen“ 1876 jagte eine Panne die nächste. Richard Wagner trat am Ende nicht vor den Vorhang, er verkroch sich in sein Zimmer und schimpfte auf alles.

 
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Martin Gregor-Dellins Wagner-Biografie von 1980, bis heute ein Standardwerk über den Komponisten, beeindruckt in seiner Detailfülle, ist anspruchsvoll und unterhaltsam. Noch mehr, wenn Schauspieler Ulrich Noethen daraus liest. Wie gestern im Festspielrestaurant auf dem Grünen Hügel. Der Anlass: „Richard Wagner. Sein Leben. Sein Werk. Sein Jahrhundert“ gibt es jetzt, 33 Jahre nach seinem Erscheinen, auch als Hörbuch – in einer gekürzten Fassung von über 1000 Minuten auf 15 CDs, eingesprochen von Ulrich Noethen, unter anderem bekannt als Herr Taschenbier aus „Das Sams“.

Das, was bewegt, ist dieses Ruhige, Unaufgeregte in Noethens Stimme, mit der er erzählt, was da passiert in Wagners Leben und drumherum. Und dann sind da die feinen Betonungen, die kurzen Pausen, die das Zuhören so angenehm, den Text so verständlich machen. Vor allem dann, wenn es um historische Hintergründe geht, wenn eine Jahreszahl der nächsten folgt.

Dellins Wagner-Biografie ist Roman und zugleich eine Sammlung sämtlicher Fakten über den Bayreuther Meister. Ulrich Noethen schafft es, beidem gerecht zu werden. Er wahrt Distanz, leiht dem Text seine Stimme, macht ihn aber nicht zu seinem eigenen.

Die Biografie erzählt keine reine Erfolgsgeschichte – das war Wagners Leben auch nicht. „Schulden, Hoffnung, Verzweiflung gab’s bei Wagner immer“, sagt Heinz-Dieter Sommer bei der Lesung. Der Hörfunkdirektor des Hessischen Rundfunks hat das Buch für die Hörversion bearbeitet. Wagner, der geniale Komponist, stand sich vor allem selbst im Weg, sagt Sommer, zerstörte seinen Erfolg, zum Beispiel durch Affären mit den Frauen derer, die ihn unterstützten. Zur Ruhe kam Wagner erst in Bayreuth. „Er hörte sogar auf, die Welt anzuklagen,“ liest Noethen. Zwei Mal erlebte der Komponist seine Festspiele, bevor er 1883 an einem Herzinfarkt starb.

Foto: Harbach