Wie Bayreuther Zimmerleute in alten Zeiten Wasserleitungen aus Baumstämmen herstellten Was dem Röhrensee seinen Namen gab

Von Frank Schmälzle
Manfred Popp und Karl Herold machen es vor: So haben Zimmermänner einst Holzröhren für Wasserleitungen hergestellt. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Warum heißt der Röhrensee Röhrensee? Das hat mit einem alten Handwerk zu tun, für das man Kraft und Geschick braucht. Dem Röhrenbohren.Was Zimmerleute im 17. Jahrhundert erschaffen hatten, überdauerte die Jahrhunderte. Jetzt lebt die Tradition wieder auf.

 
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Die Schnecke ganz vorn am Röhrenbohrer frisst sich mit jeder Umdrehung des Hebels an seinem Ende weiter ins Holz der Kiefer. Bloß nicht aus der Geraden kommen. Denn wenn man aus der Flucht kommt, bricht der Stamm. Und spüren, wann sich die Späne dort drinnen in dem fünf Zentimeter breiten Loch stauen. Wer das kann, kann eine Holzwasserleitung bauen. So wie es einst Zimmerleute taten. Zum ersten Mal 1611, als Bayreuth seine erste Wasserleitung bekam.

Warum heißt der Röhrensee eigentlich Röhrensee? Das kann man erklären, aber man kann es auch zeigen. Robert Pfeifer und seine Mitarbeiter vom Stadtgartenamt halten am vergangenen Samstag eine Gesichtsstunde unter freiem Himmel ab. Eine zum Zuschauen und Mitmachen. Im Oberfränkischen Bauernhofmuseum Kleinlosnitz haben sie gefunden, was sie dafür brauchen. Dort gibt es Männer, die sich auf das alte Handwerk verstehen. Und dort gibt es noch die alten Werkzeuge, die man zum Röhrenbohren braucht.

Röhrenbohrer brauchen Werkzeug und viel Wasser

Einen Röhrenbohrer natürlich, sagt Museumsleiter Bertram Popp. Eine lange Eisenstange, die man drehen kann und die eine Schnecke aus Metall an der Spitze hat. Aber auch Böcke, Baumklammern und ein Lot, damit der Stamm exakt waagrecht liegt. Was man auch braucht: Wasser, viel Wasser. Am besten einen See.

Bis 1888 war der Röhrensee geteilt. Ein Damm lag zwischen dem Cunoweiher – dem Teil des Sees, der heute hinter der Insel und den Brücken liegt – und dem Röhrenweiher. Heute ist der Röhrensee ein Park, damals war der Röhrenweiher vor allem nützlich. Kiefernstämme schwammen darin. Die Zimmerleute wässerten sie, denn so lassen sich die massiven Holzstämme bohren und bekommen keine Risse. Den Röhrenweiher haben sie nicht zufällig ausgesucht. Er lag und liegt zwischen den Quellhöfen und der Innenstadt. Aus den Quellhöfen sprudelte das Bayreuther Trinkwasser. Den ältesten Brunnenschacht, in den die Jahreszahl 1611 eingemeißelt ist, kann man heute noch sehen, sagt Kerstin Löblich-Ille vom Stadtgartenamt. „Damals wurde auch die erste Bayreuther Wasserleitung gebaut.“ Aus Holz. Sie verlief von den Quellhöfen über Moritzhöfen und die damalige Wolfsgasse bis zur Friedrichstraße, speiste den Brunnen an der Stadtkirche. Und dort versorgten sich die Bayreuther mit frischem Wasser.

Hier erfahren Sie mehr über die Bauteile:

Holzleitungen warenerstaunlich zäh

Die zweite hölzerne Wasserleitung, von der man heute noch weiß, ist erstmals im Jahr 1793 urkundlich erwähnt. Das Wasser, das durch sie lief, kam in einem Brunnen in der Nähe der heutigen Stadthalle an. Damals entstanden auch die erste Hausanschlüsse, zwei Brunnen in privaten Häusern und ein weiterer im katholischen Bethaus. Dieses Wasserrecht vergaben die Markgrafen als besonders Privileg an verdiente Bürger.

Bis ins 20. Jahrhundert hinein soll die Leitung in Betrieb gewesen sein, sagt Löblich-Ille. Reste davon haben Bauarbeiter erst vor ein paar Jahren im Boden von Moritzhöfen gefunden. In erstaunlich gutem Zustand. Der Grund: „Die Röhren lagen luftdicht im Boden und sind ständig feucht gehalten worden“, sagt Museumsleiter Popp. In Bayreuth haben die Holzleitungen längst ausgedient. Doch noch heute gibt es im Frankenwald einige Brauereien, die ihr Brauwasser aus Holzleitungen bekommen.

Wie der Röhrensee entstand

450 Meter lang, 60 Meter breit. Dass der Röhrensee einer der beliebtesten Parks der Stadt ist, hat eine lange Geschichte. Es ist die Geschichte des Verschönerungsvereins Bayreuth.

Im Jahr 1884 gründeten angesehene Bayreuther den Verschönerungsverein. Als sich die Vereinsmitglieder 1888 vornahmen, aus dem Cunoweiher und dem Röhrenweiher den Röhrensee zu machen und den Damm dazwischen einzureißen, trafen sie einen Nerv. Innerhalb kurzer Zeit verdoppelte sich die Zahl der Mitglieder. 1891 fiel der Damm. Seit damals kann man auf den Röhrensee Kahn fahren, der Verein setzte die ersten acht „Gondeln“ ein.

Es sollte weitergehen, doch zuerst waren die Grünanlagen am Festspielhaus dran. 1930 widmeten sich der Verein wieder verstärkt dem Röhrensee. Zugänge, das Rondell, Wege und Bepflanzungen – das alles schaffte der Verein. Und musste am Ende doch noch 10 000 Reichsmark drauflegen.

Die Stunde Null - auch am Röhrensee

Nach den Bombenangriffen 1945 war der Röhrensee ein Trümmerfeld. Das Wehr zerstört, der See ausgetrocknet, die Bäume am Ufer kahl, die Boote und Sitzbänke zu Brennholz zerschlagen. 1946, so schreibt Lokalhistoriker Kurt Herterich in seinem Buch „Südliches Bayreuth“, sorgte der damalige Oberbürgermeisterin Oscar Meyer dafür, dass sich der Verschönerungsverein neu gründete. Die Stadt ließ die Bombentrichter zuschütten und die Anlage herrichten.

Und eine alte Idee lebte auf: Schon 1926 hatte der Vereinsvorstand und der damalige Direktor des Nürnberger Tiergartens angeregt, am Röhrensee einen kleinen Zoo einzurichten. 5700 Mark hätte der gekostet, das hatte sich der Verein nicht leisten können. Von der Idee bis zur Eröffnung des Tierparks im Jahr 1973 vergingen 47 Jahre. Oberbürgermeister Hans Walter Wild hatte in der Partnerstadt Annecy Tiergehege gesehen. Das sollte Bayreuth auch haben. Zu den ersten Tieren am Röhrensee gehörten Flamingos. Noch heute gibt es einen Flamingo, der zur Eröffnung des Tierparks nakam. Er ist 53 Jahre alt.

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