Wende im "Spielothekenprozess"

Von Gerd Emich
Ein Spielhallenmitarbeiter füttert fleißig Automaten. Die dann von Dieben mit Manipulationen geleert wurden. Was wusste er? Foto: Arne Dedert/dpa Foto: red

Nach einem späten Geständnis kommt der Angeklagte im „Spielothekenprozess“ mit einer Bewährungsstrafe davon. Er hatte als Aufsicht die manipulierten Automaten immer wieder aufgefüllt und die Diebesbande gewähren lassen. Ein Forensiker der Branche gab den Ausschlag.

 
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Fast drei Monate hat sich der Prozess am Amtsgericht inzwischen hingezogen. Auf der Anklagebank saß ein 46-jähriger Kulmbacher, der früher als Aufsicht in einer kleinen Altstadt-Spielothek tätig war. Ihm wurde vorgeworfen, im Mai vergangenen Jahres ein professionelles Trio dabei unterstützt zu haben, mit technischen Tricks einen Automaten mehrfach zu leeren.

Aufnahmen nicht eindeutig

Einziger Anhaltspunkt für die Justiz sind in diesem Fall Aufzeichnungen einer Überwachungskamera aus dem Raum mit den Spielgeräten. Staatsanwalt Willi Draise war sich von Beginn des Prozesses an sicher, dass sie die Mittäterschaft des Angestellten eindeutig unter Beweis stellen. Entgegengesetzt argumentierte Strafverteidiger, Rechtsanwalt Werner Brandl: Das Video von bescheidener Qualität lasse eben nicht erkennen, dass sein Mandant etwas von den Manipulationen mitbekommen oder sogar dabei geholfen habe.

Angeklagter leugnet hartnäckig

Der Angeklagte hatte in den bisherigen fünf Verhandlungsrunden immer wieder beteuert, die Täter nicht zu kennen. Dabei soll die Gruppe in wenigen Stunden rund 3000 Euro ergaunert haben. Identifiziert oder gar festgenommen werden konnten die Mitglieder der Bande bisher noch nicht. Den Durchbruch im Prozess brachte im Oktober der Auftritt eines Spezialisten aus der Automatenbranche. Der 45-jährige Elektroniker konnte dem Gericht detailliert erläutern, wie die aufwendigen Manipulationen in der Praxis ablaufen. Diese seien nur etwas für Profis und so kompliziert „wie der Eingriff des Chirurgen bei einer Operation“.

Der Sachverständige hatte dem Gericht auch angeboten, die Videoaufzeichnungen aus der Spielothek noch einmal intensiv unter die Lupe zu nehmen und im Hinblick auf Manipulationen auszuwerten. Seine zusammengeschnittene und mit Kommentaren versehene Version lag jetzt vor. Und sie ließ das Verhalten des Angeklagten in jener Nacht in einem recht klaren Licht erscheinen: Immer, wenn ein Automat leer war, eilte er herbei und füllte wieder mit Münzen auf, insgesamt vier Mal. Das gehörte sicherlich zu seinen Aufgaben als Aufsicht; allerdings stand er bei dieser Arbeit meist quasi Schulter an Schulter mit den Dieben. Und auch während diese, offensichtlich ohne sich gestört zu fühlen, ihre Manipulationen fortsetzten.

Reiner Tisch in letzter Minute

Letztlich blieb dem Angeklagten daher am Donnerstag nichts mehr anderes übrig, als wenigstens teilweise reinen Tisch zu machen und damit Pluspunkte zu sammeln. Dass er Mittäter war oder von dem Geld etwas abbekommen habe, bestritt er allerdings weiterhin. Der 46-Jährige: „Ich habe zwar nicht mitbekommen, was die genau gemacht haben. Aber ich weiß jetzt, dass ich hätte eingreifen müssen.“ Er gab auch zu, die Automaten auf Schäden kontrolliert zu haben, als die Bande bereits über alle Berge war.

Staatsanwalt Willi Draise forderte für den mehrfach wegen Diebstählen und ähnlichen Delikten Vorbestraften eine neunmonatige Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Zum Tatzeitpunkt im Mai 2016 hat der Angeklagte wegen einer früheren Verurteilung noch unter Bewährung gestanden.

Richterin Sieglinde Tettmann verurteilte den 46-Jährigen jetzt allerdings nur wegen Beihilfe zu Diebstahl und Sachbeschädigung. Mehr sei ihm nicht nachzuweisen. Die verhängte Freiheitsstrafe von acht Monaten setzte sie trotz der Vorstrafen zur Bewährung auf und verhängte zusätzlich die Zahlung von 2000 Euro an eine Hilfsorganisation.

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