Weil ein Pottensteiner Bauunternehmer seine Rechnungen nicht bezahlt haben soll, sind die Existenzen von Handwerkern bedroht Prozess: Handwerker stehen wegen unbezahlter Rechnungen vor dem Aus

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Weil ein Pottensteiner Bauunternehmer seine Handwerker nicht bezahlte, stehen viele von ihnen vor dem Aus. Foto: dpa Foto: red

Ein Zeuge hatte in der Verhandlungspause Tränen in den Augen: „Mein Haus ist weg, ich muss es verkaufen. Meine Kinder fragen, warum wir niemanden mehr einladen können.“ Acht Zeugen berichteten gestern vor dem Landgericht Hof von offenen Forderungen gegen einen Bauunternehmer aus dem Raum Pottenstein. Dieser ist mit seinen beiden Geschäftsführern wegen Betrugs und verschleppter Insolvenz angeklagt.

 
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„Es ist alles weg, ich habe keine Mitarbeiter mehr, bin nur noch ein Ein-Mann-Betrieb“, berichtet der Stukkateur aus Eckental. Für vier Projekte in Altdorf, Feucht, Nürnberg und Erlangen mit einem Gesamtvolumen von 150 000 Euro hatte er für Putzarbeiten einen Auftrag von dem Angeklagten. Immer wieder wurden seine Abschlagsrechnungen moniert.

Als er eine Bürgschaft verlangte, erhielt er eine Stunde später die Kündigung. Knapp 68 000 Euro sind bis jetzt noch offen. „Ich bin ein kleiner Handwerksbetrieb. Davon habe ich mich nie wieder erholt“, erzählt er sichtlich aufgewühlt vor Gericht.

Es gab große Zahlungsrückstände

Sein Haus, das er mit viel Eigenleistung hergerichtet hatte, musste belastet werden, nun kann er es nicht mehr halten. „Von mir gibt es kein Geld“, habe einer der Geschäftsführer zu ihm gesagt. Der andere – Sohn des Angeklagten –, habe versprochen, die offenen Rechnungen gegenüber dem Angeklagten anzusprechen. Aber nichts ist geschehen. Die Aussagen der Zeugen in der sechsstündigen Verhandlung gestern ähneln sich. Auch ein Maler und Verputzer aus Oberaurach berichtet von nicht abgeschlossenen Leistungen, weil die Zahlungen des Bauunternehmers ausblieben.

„Das Verhältnis war zerrüttet, es gab große Zahlungsrückstände“, so der Zeuge. Während der Bauzeit gab es keine Mängel, erst im Nachgang kamen erhebliche Einwendungen. Irgendwann erhält auch er die Kündigung. Auf rund 133 000 Euro blieb er sitzen. „Wir sind eine kleine Firma. Der Verlust war nicht existenzbedrohend, aber schmerzhaft“, sagt er auf Nachfrage des Richters.

Im Brief als Betrüger bezeichnet

Auf knapp 38 000 Euro belaufen sich die Forderungen eines Elektromeisters aus Heiligenstadt für rund 20 Aufträge, die er vom Angeklagten erhalten hatte. „Es war sinnlos, Schlussrechnungen zu stellen. Es wurde immer etwas herausgestrichen“, erinnert sich der Zeuge. Weitergemacht hat er nur, weil es immer wieder Folgeaufträge gab. So sei er langsam immer wieder angefüttert worden. Ein Gespräch mit dem Angeklagten wurde immer wieder verschoben. Als es doch zustande kam, erhielt er vom Chef die Zusage, „dass es erledigt wird“. Aber es kamen keine Zahlungen. Zweimal habe der mitangeklagte Geschäftsführer einen Abnahmetermin platzen lassen. Dann kam auf die Schlussrechnung ein Brief von ihm, in dem er den Handwerker als Betrüger bezeichnete.

Es stehe etwas auf der Rechnung, was gar nicht geleistet wurde. Und er beschuldigte den Zeugen nicht zur Abnahme erschienen zu sein. Der Zeuge legt den Brief vor Gericht ebenso vor wie Fotos von den in Rechnung gestellten Arbeiten. Der Schluss ist das Gleiche: Weil kein Geld geflossen ist, stellte der Handwerker die Arbeiten ein und erhielt die Kündigung.

Interview beim WDR

Auf 17 400 Euro wartet immer noch ein Klimatechnikunternehmen aus Massing. „Wir haben Überweisungsbelege gefaxt bekommen, aber Geld ist nicht eingegangen“, so der Geschäftsführer. Für zwei Objekte gab es ein Auftragsvolumen in Höhe von 485 000 Euro. Das zweite Objekt wurde nicht fertiggestellt, weil das Pottensteiner Unternehmen inzwischen Insolvenz angemeldet hatte.

Probleme gab es auch beim Umbau des Hertie-Kaufhauses in Castrop-Rauxel, wo der Angeklagte als Generalunternehmer auftrat. 170 000 Euro hat er noch bei einem Klimatechniker dort offen. Es wurden immer nur kleine Abschläge gezahlt, weil man angeblich selber noch auf Geld wartete. Dann gab es das Angebot zwei Drittel der Rechnungen zu bezahlen. Als sich sogar der WDR für die Querelen um den Kaufhausumbau interessierte und er in einem Interview von dem Geschäftsgebaren des Pottensteiners erzählt habe, sei das Angebot sofort zurückgezogen worden, so der Zeuge gestern.

Immer wieder gab es Ausflüchte

„Ich kam mir vor wie ein Bettler“, erzählt ein Sanitärhandwerker, der noch 41 500 Euro zu bekommen hat. Er war ebenfalls bei dem Kaufhausumbau dabei. Immer wieder habe es vom Angeklagten Ausflüchte gegeben, warum nicht gezahlt oder die Rechnungen gekürzt würden. Für seinen Betrieb habe es fast die Existenz bedeutet.

Auf 74 600 Euro wartet ein Heizungsbauer aus Röthenbach für Arbeiten an einem Mehrfamilienhaus. Der gleiche Ablauf auch bei ihm: Abschlagszahlungen wurden nur verzögert bezahlt, die erste Rechnung wurde überhaupt nicht anerkannt, weil erst seit zwei Tagen an der Baustelle gearbeitet wurde. „Aber ich hatte ja schon das notwendige Material eingekauft und angeliefert“, erklärt der Zeuge.

Schlechter Start in die Selbstständigkeit

Einen schlechten Start in die Selbstständigkeit hatte ein Spengler aus Mensingen, der 2009 seinen eigenen Betrieb gegründet hatte. Für zwei Projekte in Nürnberg und Fürth hatte er Aufträge von dem Pottensteiner. Aber von den insgesamt 14 500 Euro auf den Rechnungen hat er nie etwas gesehen. Angeblich habe es Mängel gegeben. „Ausreden“, sagt der Zeuge gestern vor Gericht.

Der Prozess wird nächste Woche am Dienstag und Donnerstag fortgesetzt.

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