Warum man Tafel-Kunde wird

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Einmal in der Woche können Bedürftige im Tafelladen vergünstigt Lebensmittel einkaufen, die von Geschäften gespendet wurden. Foto: Ralf Münch Foto: red

Die ersten Male haben ihm die Beine gezittert. „Es war, als ob ich mich vor jemanden ausziehen musste, den ich gar nicht kenne“, sagt der 64-Jährige. Der Mann aus dem südlichen Landkreis ist Kunde bei der Pegnitzer Tafel. „Aber inzwischen bin ich froh, dass ich da hingehen darf“, sagt er.

 
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Der 64-Jährige möchte anonym bleiben. Dass er Tafel-Kunde ist, geht niemanden was an, das ist seine Sache. Nur seine Familie und ein paar enge Freunde wissen davon.

Finanzielle Verhältnisse offenlegen

Gelernt und gearbeitet hat er viele Jahre in einem größeren Unternehmen, 2009 wurde ihm betriebsbedingt gekündigt, mit 56 Jahren. „Ein schreckliches Alter in so einem Fall“, sagt er. Zu alt für Bewerbungen. Er bekommt schließlich Arbeitslosengeld. „Aber das war zu wenig zum Leben“, so der 64-Jährige. Es hat nicht für alle anfallenden Kosten gereicht. Immer wieder gerät er in Existenznot. Seine Schwester gibt ihm dann den Tipp mit der Tafel. Da geht er hin, muss seine finanziellen Verhältnisse offenlegen. Es gibt keine Probleme. Er wird anerkannt und bekommt einen Berechtigungsschein. 2013 war das.

Das Geld reicht auch in der Rente nicht

Jeden Freitag kann er nun zum Tafelladen am Schlossberg gehen, hat jede Woche einen andersfarbigen Schein. Und je nach Farbe ist er zu einer anderen Uhrzeit dran. „Das erste Mal habe ich mich schon ziemlich geschämt, da hinzugehen“, gibt er zu. 45 Jahre hat er gearbeitet und jetzt so etwas. „Aber es gibt keinen Grund, sich zu schämen“, sagt er. Für 1,50 Euro kann er im Schlossbergladen einkaufen, egal wie viel er mitnimmt. Er kauft aber nur, was er wirklich braucht. Es gibt andere, erzählt er, die nehmen mehr mit und geben es dann weiter.

Mit der Zeit wurde es dann besser. Inzwischen macht es ihm nichts mehr aus, da hin zu gehen. Seit anderthalb Jahren ist er nun in Rente. Aber das Geld reicht immer noch nicht. Darum geht er weiter zur Tafel. Joghurt, Brot, Semmeln, Süßigkeiten, Zucker, Nudeln, Getränke, Konserven, Gebäck und Kloßteig, Duschbad, Shampoo und Ähnliches – es ist immer genügend Auswahl da. Zu Weihnachten gibt es aufgrund von Spendenaktionen manchmal Extras. „Es reicht für den Grundbedarf“, sagt er. Im Sommer kauft er ab und zu zusätzlich Wasser ein. Oder wenn er mal Lust auf was Besonderes hat.

Keine anderen Hilfsangebote

„Es ist immer gute Qualität“, lobt der 64-Jährige. Und solange er das Recht hat, zur Tafel zu gehen, solange wird er das auch machen. Ansonsten kauft er „normal“ ein. Kleidung – er schaut zwar immer auf den Preis, prasst nicht, aber hier nimmt er keine Hilfsangebote in Anspruch.

Etwas Schwierigkeiten hat er mit ein paar Nachbarn, die offensichtlich wissen, dass er Tafelkunde ist. „Die sticheln immer mal wieder rum, sind alte Besserwisser“, sagt er. Aber er versucht einfach, sie zu ignorieren.

Auch der Kontakt zu den Mitarbeiter des Tafelladens ist gut, sagt der Mann. Er ist einfach froh, dass er dort hingehen kann. „Anderen geht es noch viel schlechter als mir.“

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