Mehr als doppelt so lang wie ein Fußballspiel hat jetzt ein Prozess vor dem Amtsgericht Hof gegen einen Bayreuther Fußballer gedauert, gegen Anton Makarenko von der Spielvereinigung Bayreuth, angeklagt wegen Sachbeschädigung und Körperverletzung nach einem Fußballmatch.

Ausgangspunkt war ein Strafbefehl des Amtsgerichts Hof. Am 21. August 2018 fand auf der Grünen Au das Pflichtspiel zwischen Bayern Hof und der Spielvereinigung Bayreuth statt, das die Platzherren in der Nachspielzeit mit 5:4 gewannen. Der Frust bei den Gästen war groß - bei Anton Makarenko, dem jetzigen Angeklagten, offensichtlich zu groß.

Im Gang zu den Umkleidekabinen durch den Spielertunnel nach Spielschluss schlug er laut Strafbefehl gegen 20.10 Uhr mit der flachen Hand im Vorbeigehen auf ein dort stehendes Mischpult, das zur Beschallung diente. Dahinter oder daneben stand der Geschädigte, ein 37-jähriger Mann aus der Region, der das Mischpult mit all den erforderlichen Geräten bediente.

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Laut Strafbefehl schlug der Angeklagte dann dem Geschädigten mit der flachen Hand auf die rechte Schläfe, sodass dieser mit dem Ellenbogen an die Wand prallte und zu Boden stützte. Dabei habe er sich das linke Knie verdreht. Umstehende hätten die beiden getrennt.

Der Geschädigte erlitt ersten Diagnosen zufolge eine Kopfprellung, eine Zerrung des linken Knies, eine Verletzung am linken Innenmeniskus und eine Hautabschürfung am rechten Ellenbogen. Folge: zwei Tage arbeitsunfähig.

Die Schilderung des Sachverhalts im Strafbefehl fußte weitgehend auf das Ermittlungsergebnis der Polizei, dieses wiederum vornehmlich auf der Aussage des Geschädigten. Gegen den Strafbefehl legte der Beschuldigte mit seinem Verteidiger Matthias Fleischmann aus Bayreuth Einspruch ein, sodass es zur Gerichtsverhandlung vor dem Amtsgericht Hof mit Strafrichterin Ursula Preiß und Staatsanwalt Stefan Salzinger kam.

Ungereimtheiten

In einer vielstündigen Beweisführung vor Gericht mit der Vernehmung von acht Zeugen ergab sich am Ende doch ein anderer Sachverhalt, nicht zuletzt auch wegen Ungereimtheiten in der Aussage des Geschädigten im Vergleich zu seiner polizeilichen Vernehmung.

So ergaben sich Zweifel, ob der Mann nach einem Schlag zu Boden gefallen war und sich hierbei die Knieverletzung zugezogen hatte. Von dem Schlag ins Gesicht war vor Gericht zuletzt nicht mehr die Rede, auch nicht von einem Tritt des Angeklagten gegen das Mischpult. Zeugen widersprachen sich bei Details zum Tatablauf.

Nach dem Vorfall soll der Geschädigte beim Verladen des demolierten Pults seinem Vater, Fahrer des Anhängerfahrzeugs, tatkräftig geholfen haben. "Er ,hetschelte‘ zwar etwas, war aber ansonsten topfit", sagte ein Polizist im Widerspruch zur Aussage des Verletzten, der beim Verladen nur daneben gestanden haben will.

Nach Meinung des Anklägers wurde der angeklagte Sachverhalt im Wesentlichen bestätigt. Einige Zeugenaussagen hätten herzlich wenig zur Klärung des Tathergangs beigetragen, manche seien nicht nachvollziehbar. Die Verletzungen, die im Nachhinein attestiert wurden, könnten aber durchaus so entstanden sein wie vom Geschädigten vorgetragen, betonte der Staatsanwalt. Er habe "keinen Belastungseifer gezeigt".

Der Angeklagte habe ohne Wenn und Aber den Schlag auf das Pult eingeräumt, die Emotionen seien bei ihm durchgegangen. Geschlagen habe er den Geschädigten nicht, vielmehr habe man sich gegenseitig weggedrückt. Er, der Angeklagte selbst, sei unmittelbar vorher von hinten gegen eine Glastür geschubst worden. Auch der Geschädigte sei aggressiv gewesen.

Staatsanwalt Stefan Salzinger zog das Resümee: Der Angeklagte sei der Sachbeschädigung - 300 Euro Schaden für das nicht mehr reparierbare Schaltpult, 500 Euro für die Neuanschaffung - schuldig, zudem der vorsätzlichen Körperverletzung. Die geforderte Geldstrafe lautete auf sechzig Tagessätze zu je 37 Euro, also insgesamt 2220 Euro.

Beim Verladen geholfen

Wesentlich anders sah es der Verteidiger. Der Schlag auf das Mischpult und der entstandene Schaden seien unzweifelhaft und auch von seinem Mandanten eingeräumt worden. Eine Körperverletzung durch den Angeklagten habe es nicht gegeben. Vom Schlag ins Gesicht und von einem Tritt gegen das Beschallungsgerät sei keine Rede mehr. Auch gebe es keine Bestätigung, dass der Geschädigte zu Boden gefallen sei. "Er stand", hätten Zeugen ausgesagt.

Der Geschädigte habe später tatkräftig beim Verladen des Mischpults geholfen, anders als er selbst ausgesagt habe. "Keiner der Zeugen habe den Vorfall so wahrgenommen, wie es der Geschädigte - "dramatisch übertrieben" - der Polizei geschildert habe. Kaum etwas von den Vorwürfen sei übrig geblieben. Vom Vorwurf der Körperverletzung sei der Mandant freizusprechen.

Das Urteil lautete schließlich: 20 Tagessätze zu je 37 Euro Geldstrafe (insgesamt 740 Euro) wegen Sachbeschädigung - aber Freispruch von der Körperverletzung. Aus Emotion heraus - was nicht zu entschuldigen sei - habe der Angeklagte das Beschallungsgerät beschädigt, das nicht repariert werden konnte.

Angesichts der Ungereimtheiten und Widersprüche in den Aussagen des Geschädigten verlören diese an Glaubhaftigkeit, betonte die Richterin. "Für eine vorsätzliche Körperverletzung konnten keine konkreten Beweise erbracht werden." Die Zeugenaussagen zum Tatablauf seien auseinandergegangen, "manche waren nicht nachvollziehbar, also nichts wert". Auch das Attest zur Knieverletzung sei für die Beweisführung nicht ausreichend.

Der Angeklagte entschuldigte sich in seinem sogenannten "letzten Wort" wegen der Sachbeschädigung - mit dem Hinweis, dass er niemanden verletzt habe.

Ob alle Beteiligten dem Urteil zustimmen, steht noch nicht fest.