Universitätsprofessor legt Studie vor: Studenten und Wissenschaftler kritisieren Ausländeramt scharf Wie „dumme Ausländer" behandelt

Von Frank Schmälzle
18.04.2013, Bayreuth, Rathaus, Übergabe Studie zu ausländischen Akademikern, Bernd Müller-Jacquier, Brigitte Merk-Erbe (OBin Bayreuth), Foto: Andreas Harbach, ha Foto: red

Über ein Jahr lang haben Prof. Bernd Müller-Jacquier und seine Forschergruppe an einer Studie zum Umgang deutscher Behörden mit ausländischen Akademikern gearbeitet. Anlass dazu war eine Vielzahl Schwierigkeiten, die Studenten und Doktoranden mit dem Ausländeramt der Stadt Bayreuth hatten. Die Studie, die der Universitätsprofessor gestern Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe vorlegte, zeigt: Es sind keine Einzelfälle, die Probleme haben System.

 
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Müller-Jacquier ist Professor für Interkulturellen Germanistik an der Universität Bayreuth – und in den vergangenen Jahren nicht ganz freiwillig zum Experten im Ausländerrecht geworden. Bis zu 90 Prozent seiner Studenten kommen aus Nicht-EU-Ländern und immer wieder gibt es Ärger mit dem Ausländeramt. Dann schaltet sich Müller-Jacquier ein und vermittelt, hilft und ärgert sich. Jetzt will er raus aus den mühsam zu lösenden Einzelfällen. Hin zu einer grundlegenden Lösung, einer grundlegend neuen Zusammenarbeit mit dem Ausländeramt.

Der Professor packt es wissenschaftlich an und definiert in seiner Studie Probleme, die Zusammenarbeit zwischen Universität und Ausländeramt immer wieder auftreten. „Wir haben 80 Betroffene interviewt", sagt Müller-Jacquier. Eines der zentralen Ergebnisse dieser Gespräche: Ausländische Studenten erlebten die Bearbeitung ihrer Anliegen im Ausländeramt der Stadt als destruktiv, die Uni tat dies als Einzelfälle ab. Das aber stimmt nicht, es gibt nach Meinung der Autoren der Studie grundlegende Defizite:

> Immer wieder verweigern Mitarbeiter des Ausländeramtes Studenten einen Studienfachwechsel oder einen anderen Zweckwechsel, nicht selten ohne mit der Uni Rücksprache zu halten. Die Studenten müssen ausreisen und in ihrem Heimatland ein neues Visum beantragen.

> Studenten und Doktoranden aus dem Ausland fühlen sich kriminalisiert, weil ihnen das Amt Lügen oder Verschleierungen unterstelle.

> Mitarbeiter des Bayreuther Amtes erklären laut der Studie andere Behörden für nicht kompetent.

> Die Art, wie die Mitarbeiter des Amtes kommunizieren, empfinden Studenten und Doktoranden aus dem Ausland „Macht ausübend, latent agressiv-schikanös". > Sie fühlen sich über ihre Rechte und über Sachlagen nicht oder nicht ausreichend informiert

.> Sie werfen dem Amt einen Zickzackkurs vor: Erst Zustimmung, dann Rücknahme, dann doch wieder Zustimmung unter zum Teil neuen Bedingungen und vor allem dann, wenn sich Dritte eingeschaltet haben.

Wörtlich heißt es in dem Bericht, den Müller-Jacquier gestern präsentierte: „Ein Großteil der interviewten Akademiker sieht sich in der Ausländerbehörde als nicht willkommen, oft nicht sachgerecht behandelt und generell in die Rolle des ,dummen Ausländers' verwiesen." Die Analysen spiegelten Misstrauen und grundsätzliche Vorbehalte der Behördenmitarbeiter wider. Und bei den ausländischen Akademikern überwiege die Angst vor den Entscheidungen der Behörde.

Zu all den Problemen liefert die Studie die Lösungen gleich mit. Die Autoren haben die Arbeitsweise der Ausländerbehörden in 14 deutschen Universitätsstädten unter die Lupe genommen – darunter vor allem jene, die die Alexander-von-Humboldt-Stiftung für ihre gute Arbeit ausgezeichnet hat. Daraus formulierten sie 16 Ziele, die von Mehrsprachigkeit bei relevanten Informationen bis zur Wertschätzung gegenüber ausländischen Akademikern reichen.

Eine wesentliche Forderung erfüllen Stadt und Universität derzeit gemeinsam. Beide Seiten hatten vor wenigen Wochen eine Verwaltungsvereinbarung unterzeichnet, die ausländischen Studenten, Doktoranden und Wissenschaftlern den Umgang mit der Ausländerbehörde erleichtern soll. Darin ist auch festgelegt, dass künftig ein Mitarbeiter des Ausländeramtes auf dem Campus präsent ist.

Diese Verwaltungsvereinbarung bezeichnete Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe bei der Vorstellung der Studie als „ersten Schritt auf einem guten Weg, dem weitere folgen müssen". Sie versprach, die Studie genau zu prüfen und lud Müller-Jacquier zu einem Folgegespräch ein. „Mir und allen Mitarbeitern im Rathaus ist es ein Anliegen, in Bayreuth eine Willkommenskultur zu schaffen."

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