Tops und Flops des EHC Bayreuth

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Torgefährlich, passsicher, stark an der Bande: Michal Bartosch gehört zu komplettesten Stürmern der Oberliga Süd – und er ist mit 69 Punkten bisheriger Topscorer des EHC Bayreuth. Foto: Christoph Specht Foto: red

40 Spiele sind in der Oberliga Süd gespielt – der EHC Bayreuth schließt die Hauptrunde mit einem starken zweiten Platz ab. Klar, dass bei einem Fazit über die erste Saisonhälfte das Positive überwiegt. Aber es gab auch negative Aspekte – die Tops und Flops der Tigers-Saison.

 
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Die Gesamtbilanz fällt hervorragend aus: Den Tigers gelang die beste Platzierung ihrer Oberliga-Geschichte. Nach zwei vierten Plätzen in den Vorjahren holten sie die Vizemeisterschaft – und das sehr souverän. 31 von 44 Spieltagen beendeten sie auf dem zweiten Rang, seit dem 20. Dezember haben sie diese Platzierung durchgehend inne. Mit 156:113 Toren und 80 Punkten liegt der EHC nach der Hauptrunde 28 Zähler hinter dem dominanten Meister EV Regensburg. Allerdings beträgt der Vorsprung der Bayreuther auf den drittplatzierten EC Peiting auch deutliche neun Punkte.

Tops der Hauptrunde

Auswärtsbilanz
In den vergangenen Spielzeiten war die Heimstärke der große Trumpf der Tigers. Auswärts gab es jeweils zwölf Niederlagen. Doch 2015/16 verlor der EHC nur fünfmal in fremden Hallen, holte starke 42 Punkte und damit vier mehr als im eigenen Stadion. Die Auswärtstaktik von Trainer Sergej Waßmiller ging oft auf: Er ließ etwas defensiver als in Heimspielen agieren und setzte auf schnelle Konter.

Zuschauerzahlen
Eishockey findet in Bayreuth immer mehr Fans. Der Zuschauerschnitt pro Partie wuchs auf 1838 an (Saison 2013/14: 1626; 2014/15: 1699). Mit einer Ausnahme – beim 4:6 gegen Peiting (1142 Zuschauer) – waren stets über 1200 Fans im Stadion. Zuschauergaranten waren einmal mehr die Derbys gegen den VER Selb. Mit 4505 und 4563 Zuschauern war der Tigerkäfig zweimal fast ausverkauft.

Oberfrankenderbys
Die Derbys gegen Selb nehmen einen hohen Stellenwert bei den Fans ein. Egal wie die Saison-Gesamtbilanz ausfällt, wenn es zu viele Derbyniederlagen gab, bleibt ein Makel. Und nach den vergangenen beiden Jahren mit neun Niederlagen in elf Duellen hatten die Tigers etwas gut zu machen – was eindrucksvoll gelang. Mit 3:2, 2:1 und 6:4 hielt der EHC den VER in Schach und zog nur am vorletzten Spieltag mit 3:4 den Kürzeren. Dank einer furiosen Aufholjagd hätten die Tigers aber auch bei der einzigen Niederlage beinahe noch gepunktet.

Kampfgeist
Eine Eigenschaft zeichnet das Bayreuther Team vor allem aus: die Kampfbereitschaft. Die Tigers geben, egal bei welchem Spielstand, nie auf. Gegen Landshut glückte nach einem 0:3 noch die Aufholjagd zum 5:3. Im Heimspiel gegen Regensburg lagen sie zweimal zurück, gewannen aber noch mit 4:3 nach Verlängerung. Überhaupt hat der EHC bei Unentschieden nach 60 Minuten eine tolle Bilanz. Viermal ging es in die Verlängerung oder ins Penaltyschießen, viermal behielt Bayreuth die Oberhand. Den herausragenden Siegeswillen sollte sich der EHC auch in den Playoffs bewahren.

Ausgeglichenheit
Auffällig ist die Ausgeglichenheit im EHC-Aufgebot. In den ersten beiden Oberliga-Spielzeiten war das Team vor allem von der Treffsicherheit der KGB-Reihe um Ivan Kolozvary, Andreas Geigenmüller und Michal Bartosch abhängig. Zwar sind diese drei Spieler zusammen mit Jozef Potac erneut ganz oben in den Scorerlisten zu finden, doch auch der zweite Anzug mit Dennis Thielsch, Sebastian Busch und Marcus Marsall sitzt. Jeder dieses Trios hat zwölf Treffer oder mehr erzielt.

Zudem machte Waßmiller aus der Not eine Tugend. Durch die mehrwöchige Geigenmüller-Verletzung Mitte Oktober musste er die Topreihe zerreißen. Fedor Kolupaylo spielte fortan neben den zwei herausragenden Spielern der Saison, Bartosch (23 Treffer/46 Vorlagen) sowie Kolozvary (23/37), – und schlug voll ein. Der schnelle Russe kommt in seiner Debütsaison bei den Tigers auf 22 Tore und 25 Assists. Der Lohn: Als Geigenmüller zurückkehrte, ließ Waßmiller Kolupaylo im Paradeblock.

Gleichzeitig stärkte der Trainer mit dieser Maßnahme die dritte Sturmformation, denn einen Torjäger wie Geigenmüller (17/17 in 29 Partien) findet man in einer dritten Oberliga-Sturmreihe wohl selten. Das macht die Tigers extrem schwer ausrechenbar. Dafür sprechen auch die 156 Treffer – nur Regensburg hat mehr erzielt. Dabei war die Chancenverwertung der Bayreuther längst nicht optimal.

Abwehrleistung
Viele seiner 28 Saisonsiege verdiente sich der EHC durch eine kompakte Defensivleistung: Nur 113 Gegentreffer sind zusammen mit den Tölzer Löwen die zweitbeste Bilanz aller Oberligisten. Waßmiller hat ein gut funktionierendes System installiert, in dem alle Spieler konsequent mit nach hinten arbeiten. Vernachlässigt ein Akteur diese Vorgabe, kann es passieren, dass er anschließend den Rest der Partie von der Bank aus verfolgt.

Als Glücksgriff erwies sich zudem die Versetzung von Jan Pavlu in die Abwehr. Der gelernte Stürmer blühte als Verteidiger neben Christopher Kasten richtig auf.

Zu einer guten Abwehr gehören auch gute Torhüter – und die hat der EHC. Allen voran Marco Eisenhut: Der Ingolstädter Förderlizenzspieler zeigte in seinen elf Auftritten überragende Paraden und führte den EHC zu zehn Siegen, zwei davon ohne Gegentreffer. Mit seinem Gegentorschnitt von 1,97 gehört Eisenhut zu den besten Keepern der Liga und ist auch in den Playoffs für die Tigers spielberechtigt. Das ist Johannes Wiedemann von den Lausitzer Füchsen nicht. Zwar zeigte auch er starke Leistungen, er kommt allerdings nicht auf die notwendigen zehn Einsätze im EHC-Trikot. Steht kein Förderlizenztorhüter zur Verfügung, kann sich der EHC auf Julian Bädermann verlassen. Zwar leistete sich der 28-Jährige auch schwächere Spiele, doch zuletzt zeigte er aufsteigende Form. Mit einem Schnitt von 2,79 Gegentreffern liegt Bädermann im ligaweiten Vergleich aller Torhüter mit mehr als 15 Einsätzen auf dem vierten Platz.

Unterzahlspiel
Eine Paradedisziplin der Bayreuther war bislang das Unterzahlspiel. 181 Mal hatte der EHC einen oder zwei Spieler weniger als der Gegner auf dem Eis, 29 Mal musste der Tigers-Torhüter hinter sich greifen. Nur zwei Süd-Oberligisten weisen eine bessere Unterzahlquote als Bayreuth (83,98 Prozent) auf. Mit gutem Stellungsspiel und bedingungslosem Einsatz machten die Tigers oft ihre numerische Unterlegenheit wett. Und mit den schnellen Stürmern setzten sie dann den Gegner unter Druck. Fünf Unterzahltreffer gelangen den Bayreuthern, drei davon erzielte Marsall.

Flops der Hauptrunde

Unruhe
Der negativste Aspekt der Hauptrunde hatte nichts mit dem sportlichen Bereich zu tun. Ende November trat Vorsitzender Michael Rümmele zurück, Mathias Wendel wurde kommissarisch EHC-Chef. Mit diesem Wechsel gingen gegenseitige Vorwürfe, die Offenlegung der erschreckenden finanziellen Lage des EHC Anfang des Jahres 2015, Streit über das Engagement von Ehrenamtlichen und weitere Rücktritte von Tigers-Offiziellen einher.

Fast zwei Monate bestimmte die Unruhe im Vorstand die Schlagzeilen. Mittlerweile ist der EHC finanziell saniert und es ist wieder ruhiger um die Führungsriege geworden. Aber das Thema ist noch nicht ad acta gelegt: Im Mai stehen Neuwahlen an, Mathias Wendel wird nicht mehr kandidieren und weitere Vorstandsmitglieder haben ihren Rückzug angekündigt. Nachfolger haben sich noch nicht positioniert.

Abgänge
Mit vier Blöcken wollte der EHC in dieser Saison für Entlastung seiner Leistungsträger sorgen, doch spätestens ab Anfang Dezember war diese Option vertan. Bereits vier Spieler hatten den Verein zu diesem Zeitpunkt verlassen. Dustin Ketzler strebte nach zwei Kurzeinsätzen nach Höherem, Bruce Becker wurde nie glücklich in Bayreuth, Patrik Franz erhoffte sich beim EV Pegnitz mehr Einsatzzeiten, Sebastian Wolsch wurde erst suspendiert und ging später im Streit zum EV Weiden.

Zwar konnten die Bayreuther die vier Abgänge sportlich kompensieren, doch die Frage wird sein: Wie stecken sie die fehlende Entlastung weg? Trotz intensiver Bemühungen gelang es nämlich nicht, eine Nachverpflichtung zu tätigen, die den Tigers auch weiter geholfen hätte. Positiv ist, dass die Mannschaft dank „Schleifer“ Waßmiller sehr fit ist, viele Ausfälle darf es in den Playoffs aber nicht geben.

Ungeduld
In die Zeit der Vorstandsunruhen und des Theaters um Wolsch fiel auch die einzige sportliche Schwächeperiode der Tigers. Zwar hatte der EHC erstmals in seiner Oberligageschichte beim VER Selb gewonnen, doch davor und danach standen jeweils zwei Niederlagen, bei denen die Tigers weit entfernt von ihrem besten Eishockey waren.

Die Querelen gingen nicht spurlos am Team vorüber – und auch nicht an den Fans. Sie wurden immer ungeduldiger, Pfiffe hallten durch den Tigerkäfig und nach der 2:4-Heimniederlage gegen den EV Weiden sogar Waßmiller-raus-Rufe. Das Kuriose: Die Tigers waren zu diesem Zeitpunkt Tabellendritter. Das Anspruchsdenken der Fans im dritten Oberligajahr ist enorm gewachsen. Die Zuschauer verzeihen kaum schlechte Spiele und äußern – zum Teil unberechtigt – zu schnell Kritik.

Das zeigte sich auch zu Saisonbeginn bei Kolupaylo. Da er nicht sofort traf, wurde der Russe als Fehleinkauf, als zu schwach für eine Kontingentstelle abgestempelt. Und nach Ende der Hauptrunde? Mit 22 Treffern gehört er zu den Top Ten der Torjäger der Süd-Staffel. Vom ehemaligen Nationalspieler und jetzigen Tölzer Trainer Axel Kammerer, wurde Kolupaylo zuletzt sogar geadelt: „Wie der antritt, ist eine wahre Freude. Er ist fast ein wenig zu schade für die Oberliga.“ Der EHC tat also gut daran, jungen Spielern das Vertrauen zu schenken. Und die Fans müssen akzeptieren, dass es Zeit braucht, bis alle Mechanismen greifen. Klar muss ihnen auch sein: Der EHC hat eine sehr gute Mannschaft, die jeden Oberligisten schlagen kann. Aber das Tigers-Team wird keinen Gegner im Vorbeigehen abschießen, es muss sich die Erfolge hart erarbeiten.

Überzahlspiel
205 Überzahlspiele hatte der EHC in dieser Saison, dabei gelangen 43 Treffer. Die Erfolgsquote von 20,98 Prozent ist nur Oberliga-Durchschnitt. Fünf Teams sind effektiver, mit Weiden liegt Bayreuth gleich auf. Teilweise kamen die Tigers zu langsam in die Powerplay-Aufstellung, teilweise fehlte das Tempo beim Passspiel oder die Passgenauigkeit ließ zu wünschen übrig.

Etwas besser wurde das Überzahlspiel gegen Ende der Hauptrunde, als der EHC mit Bartosch, Kolozvary, Kolupaylo und Geigenmüller auf vier Stürmer und nur einen Verteidiger (Potac) setzte. Vor allem Geigenmüller mit seinem knallharten und ansatzlosen Schlagschuss lief in dieser Konstellation zu Hochform auf. Für die Playoffs bleibt im Powerplay aber dennoch einiges an Luft nach oben.

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