Das Thema spielt jedoch in der Öffentlichkeit kaum eine Rolle. „Es ist nicht sexy, über alte Knochen zu sprechen“, so Andreas Kurth, Chefarzt am Marienhaus-Klinikum Mainz und Vorstandsmitglied im Dachverband OsteolMogie. Da frühzeitige Therapie aber entscheidend ist, um Frakturen zu vermeiden, sei die Sensibilisierung für die Krankheit wichtig. Doch bisher bekommen nur 20 Prozent der Betroffenen die richtige Diagnose und Behandlung. „Ein unhaltbarer Zustand“, fasst Clemens Becker, Altersmediziner am Robert-Bosch-Krankenhaus (RBK) in Stuttgart, zusammen. „Man stelle sich vor, nur jeder fünfte Krebspatient bekäme eine angemessene Behandlung – der Aufschrei wäre unüberhörbar.“
Woran liegt das? Osteoporose tut oft nicht weh, zumindest nicht am Anfang. Erst damit verbundene Knochenbrüche führen zu Schmerzen und zu vielen weiteren Problemen, etwa zu Einschränkungen der Lebensqualität. „Wenn die Betroffenen mit einer Fraktur zu uns in die Klinik kommen, ist das Kind fast schon in den Brunnen gefallen“, sagt Kilian Rapp, Ärztlicher Leiter der Geriatrie am RBK. Auch deshalb, weil das Risiko für weitere Brüche erheblich steigt – und bei alten Menschen letztlich die Gefahr der Pflegebedürftigkeit.
Stattdessen muss man bei der Früherkennung ansetzen. Das Hindernis: „Im Prinzip ist nicht wirklich klar, wer für Knochen zuständig ist – Hausarzt, Orthopäde, Gynäkologe, Internist, Endokrinologe?“, sagt Markus Ketteler, Chefarzt in der Inneren Medizin und der Geriatrie des RBK. Zudem werde eine Knochendichtemessung von den gesetzlichen Krankenkassen erst dann bezahlt, wenn es bereits zu einer Osteoporose-bedingten Fraktur gekommen sei. Diese Messung gilt bisher aber als der einzige Weg, den Zustand und die Entwicklung der Knochen rechtzeitig zu beurteilen.
Wie sieht die Behandlung aus? Als Basistherapie gilt eine ausreichende Zufuhr von Kalzium und Vitamin D. Zusätzlich stehen zwei Gruppen von Medikamenten zur Verfügung, die entweder den zu starken Knochenabbau bremsen oder den Knochenaufbau fördern. „Am sinnvollsten ist es, zuerst am Knochenaufbau und dann an der Stabilisierung zu arbeiten“, sagt der Experte Kilian Rapp. Die Therapien sind langwierig – und sie kosten: „In Deutschland fallen dafür jährlich gut zehn Milliarden Euro an“, so Rapp. Bei Bedarf ist außerdem eine effektive Schmerztherapie wichtig.
Was hilft bei Beschwerden? Bei Wirbelbrüchen kann eine Korsage helfen, die an den Körper angepasst wird, den Rücken stützt und Fehlhaltungen korrigiert. Es gibt bundesweit auch zahlreiche Selbsthilfegruppen. Generell ist Bewegung essenziell, auch im hohen Alter. Denn Muskeln schützen Knochen. Auch gesunde, ausgewogene Ernährung ist sinnvoll. Neben Kalzium und Vitamin D sollte auf genügend Magnesium, Fluor, Zink sowie die Vitamine A und C geachtet werden.
Wie kann man vorbeugen? „Osteoporose ist kein unvermeidliches Schicksal im Alter“, sagt Markus Ketteler. Wer auf kalziumreiche Ernährung achtet, kann vorbeugen. Einseitige Diäten, zu viel Kaffee und Alkohol sowie Rauchen begünstigen hingegen Osteoporose. Vorbeugen kann man auch mit Sturzprophylaxe. Am wichtigsten ist aber, mobil zu bleiben, sprich: sich regelmäßig zu bewegen. Knochenaufbauend wirkt dabei vor allem Krafttraining.