Tennet: 200 weitere Stellen in Bayreuth

Urban Keussen im Erweiterungsbau bei Tennet: Das Unternehmen meldet 200 weitere Jobs und dass der Erweiterungsbau noch einmal vergrößert werden soll. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Bald wird der Erweiterungsbau des Übertragungsnetzbetreibers Tennet an der Bernecker Straße fertig sein. Doch die zweistellige Millionen-Investition wird nicht ausreichen, um alle neuen Mitarbeiter unterzubringen. Tennet wird weiter wachsen, sagt Urban Keussen, Vorsitzender der Tennet-Geschäftsführung. Warum und welche Leute das Unternehmen sucht, erklärt er im Kurier-Interview. Eine endgültige Entscheidung über einen Korridor für die umstrittene Stromleitung Südostlink erwartet Keussen frühestens Ende 2018.

 
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Herr Keussen, der Neubau geht in den Endspurt. Liegen die Arbeiten im Plan?

Urban Keussen: Die Arbeiten liegen im Plan. Wir liegen auch im Budget. Im Dezember sollen die ersten Mitarbeiter in das neue Gebäude einziehen. Anfang 2018 soll das Gebäude dann komplett belegt sein.

Wie viel investieren Sie hier am Standort Bayreuth?

Keussen: Wir investieren hier einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag, der sich aus dem Erwerb des Grundstückes und dem Erweiterungsbau zusammensetzt. Das ist ein gutes Signal für den Standort, aber auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mit der Investition sagen wir: Wir sind in Bayreuth und wir bleiben in Bayreuth.

In welchen Bereichen werden neue Stellen aufgebaut?

Keussen: In den vergangenen Jahren sind wir erheblich gewachsen. Tennet hat immer neue Aufgaben bekommen, um die Energiewende möglich zu machen. Wir haben heute etwa 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Standort. Wir sind überzeugt, dass das Wachstum noch ein Stück weitergehen wird. Wir kümmern uns jetzt auch darum, mit Hilfe der Digitalisierung das Übertragungsnetz noch besser und sicherer zu machen und die Erneuerbaren einzubinden. Auch damit werden wir weiter wachsen und perspektivisch rund 1000 Mitarbeiter hier am Standort Bayreuth beschäftigen.

Diese zusätzlichen Mitarbeiter ziehen in den Neubau ein?

Keussen: Nein. Ende vergangenen Jahres haben wir für uns noch einmal bewertet, wieviele zusätzliche Stellen wir brauchen, um die ganzen neuen Aufgaben aus der Energiewende zu bewältigen. Dabei ist schnell klar geworden, dass der im Bau befindliche Erweiterungsbau nicht ausreichen wird für alle Mitarbeiter. Wir haben deshalb jüngst entschieden, eine zusätzliche Erweiterung für diese 200 Arbeitsplätze hier zu bauen. Das wird verbunden sein mit zusätzlichen Parkflächen. Wir werden ein Parkhaus bauen, damit wir mit 800 Parkplätzen und 100 Fahrradstellplätzen hier auch ausreichend Fläche haben. Das neue Gebäude startet jetzt mit einem Architekturwettbewerb, der im November abgeschlossen sein soll. Ende 2019 werden wir den zusätzlichen Erweiterungsbau dann beziehen.

Welcher Art sind die Stellen, die noch zusätzlich aufgebaut werden?

Keussen: Das geht querbeet. Wir stellen Auszubildende ein, Ingenieure, Projektleiter, Big-Data-Spezialisten. Es geht um kaufmännische Dinge, Elektrotechnik, Projektmanagement, IT, Netzplanung und vieles mehr.

Es wird immer vom vermeintlichen Fachkräftemangel gesprochen. Hat Tennet Schwierigkeiten, diese Leute auch zu finden?

Keussen: Das ist definitiv kein Selbstläufer. Das liegt zum einen daran, dass der Arbeitsmarkt für diese Qualifikationen in Deutschland insgesamt knapp ist. Da gibt es einen harten Wettbewerb. Und zum anderen müssen wir daran arbeiten, den Standort Bayreuth so attraktiv wie möglich zu machen. Das ist auch einer der Gründe, warum wir uns hier in der Region Bayreuth engagieren, gesellschaftlich und auch kulturell. Wir wollen die Region attraktiv machen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und deren Familien. Sie sollen sich hier wohlfühlen und dafür investieren wir jährlich einen sechsstelligen Betrag. Die Palette reicht über viele kleine und größere Kulturveranstaltungen bis zu den Tennet Young Heroes – also dem Nachwuchs im Basketball. Wir sind sehr aktiv und glauben, dass das der Stadt gut tut, aber auch uns hier am Standort.

Derzeit wird das deutsche Übertragungsnetz für die Energiewende fit gemacht. Werden es bei Tennet auch wieder weniger Arbeitsplätze, wenn diese Arbeit erledigt ist?

Keussen: Wenn wir heute unsere Projektpläne ansehen, dann planen wir auf die kommenden zehn Jahre. Viele neue Projekte liegen in den Jahren bis 2025. Und auch danach wird es nach den heutigen Netzplanungen weitere Projekte geben müssen. Schaut man über die kommenden zehn Jahre hinaus, wird es auch sicherlich wieder Phasen geben, in denen Projekte realisiert sind und damit weniger Mitarbeiterkapazitäten notwendig werden. Das ist einer der Gründe, warum wir viel mit Dienstleistern und anderen Firmen zusammenarbeiten, um da flexibel reagieren zu können. Aber perspektivisch ist unser Problem eher, dass wir die richtigen Mitarbeiter hierher bekommen.

Wie verändert sich die Arbeit eines Übertragungsnetzbetreibers in Zeiten der Energiewende?

Keussen: Die Übertragungsnetzbetreiber waren lange Zeit diejenigen, die das bestehende Netz sicher betrieben haben. Das hat sich dramatisch geändert durch die Energiewende. Wir müssen viele neue Projekte planen und bauen, damit der grüne Strom auch dahin kommt, wo er gebraucht wird. Wir haben über 3000 Kilometer Leitungen in Planung und Bau. Dafür investieren wir in der Größenordnung von etwa zwei Milliarden Euro pro Jahr. Um das alles umzusetzen, brauchen wir all die Fähigkeiten für die Abwicklung großer Projekte, die vor vielen Jahren noch nicht nötig waren.

Dazu kommen weitere Aufgaben, die uns übertragen werden, um den Strommarkt zu entwickeln und die immer größer werdende Anzahl von flexiblen Kraftwerkskapazitäten und erneuerbaren Energien einzubinden. Und nicht zuletzt setzen wir auch darauf, mit neuen Technologien und Digitalisierung das Stromnetz noch schlauer und effizienter zu machen. Dazu sind wir vor kurzem eine Kooperation mit Volkswagen eingegangen bei der es um die Nutzung von Wetterdaten aus Autos geht, um ein besseres Bild von der lokalen Solareinspeisung zu erhalten. Wir arbeiten auch mit dem Energie-Startup „Sonnen“ zusammen, mit dem wir über die Blockchain-Technologie Heimspeicher nutzen können, um das Netz zu stabilisieren.

Die geplante Gleichstromleitung Südostlink bewegt die Menschen hier in der Region noch immer. Eine Leitungsvariante berührt nach wie vor den Raum Bayreuth. Gibt es etwas Neues?

Keussen: Die vorgeschlagenen Trassenkorridore sind veröffentlicht und das Genehmigungsverfahren ist gestartet. Jetzt muss weitere Detailarbeit geleistet werden. Das werden wir mit Hochdruck angehen. Und es gibt natürlich einen intensiven Dialog mit Politikern, Kommunen und den Bürgern vor Ort. Aber da wir uns jetzt im Genehmigungsverfahren befinden, bestimmt die Bundesnetzagentur die nächsten Verfahrensschritte.

Wann rechnen Sie mit einer Entscheidung der Bundesnetzagentur?

Keussen: Eine Entscheidung über den Korridor wird nicht in diesem Jahr fallen. Ich erwarte sie um die Jahreswende 2018/19. Danach starten dann die Überlegungen, wo genau die Trasse innerhalb des Korridors verlaufen wird. Diese Entscheidung sollte die Bundesnetzagentur bis 2021 fällen. Danach können die Bauarbeiten beginnen, die etwa vier Jahre dauern werden.

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