Sudetendeutscher Tag in Nürnberg Alte Vertriebene und neue Flüchtlinge

Von Elmar Schatz
Barbara Hantschel, in Teßtaler Tracht mit Goldhaube, beim 67. Sudetendeutschen Tag in Nürnberg. Das Treffen stand unter dem Motto "Dialog verpflichtet". Foto: Daniel Karmann/dpa Foto: red

Die alten Vertriebenen und die neuen Flüchtlinge - das ist ein schwieriges Verhältnis, wird bei Gesprächen am Rande des 67. Sudetendeutschen Tages am Pfingstsonntag in Nürnberg deutlich. Ein Bus startete in aller Frühe nach Nürnberg mit 50 Frauen und Männern aus Bayreuth, dem Fichtelgebirge und Pegnitz.

 
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Wer Teilnehmer anspricht, vernimmt die Sorge wegen der vielen neuen Fremden, die seit dem Herbst des vergangenen Jahres nach Deutschland gekommen sind. Die Kanzlerin habe einen schweren Fehler gemacht, als sie im September die deutsche Grenze für die Flüchtlinge öffnete, heißt es.

Ein älterer Herr erzählt, er habe Flüchtlinge zu sich nach Hause eingeladen, aber es sei schwierig mit Menschen, die aus religiösen Gründen nicht von Tellern essen, auf denen einmal Schweinefleisch lag - obwohl sie gespült wurden.

In der Nürnberger Frankenhalle erhält Horst Seehofer starken Beifall, als er verlangt, die EU-Außengrenze strikt zu kontrollieren – denn es sei keine Lösung, „dass wir uns von der Türkei abhängig machen“. Der bayerische Ministerpräsident sagt zur Flüchtlingskrise: „Wir sind in dieser Frage noch lange nicht bei einer Lösung.“ Verbittert äußert er sich über ausbleibende europäische Solidarität.

Flüchtlingskrise - es gibt nicht die allein selig machende Antwort

Seehofer gesteht ein, bei der Flüchtlingspolitik „gibt es nicht die allein selig machende Antwort“. Notfalls will er die gerade abgesagte bayerische Verfassungsklage gegen die Bundesregierung doch noch aktivieren, sollte es zum Flüchtlingszustrom via Brenner kommen.

Der Ministerpräsident fürchtet den „Megatrend“, dass sich achtzehn Millionen Elendsflüchtlinge in den kommenden fünfzehn bis zwanzig Jahren auf den Weg nach Europa machen. Denn die Weltbevölkerung werde um achtzehn bis zwanzig Prozent wachsen - und zwei Drittel der Menschheit lebten in Gebieten mit Wasserknappheit.

Kritik Seehofers an Amerika

„Die Amerikaner sind nicht unbeteiligt an vielen Fluchtursachen, die wir erleben“, übt Seehofer verhalten Kritik am großen Bündnispartner und spielt unter anderem auf den von den USA geführten Irakkrieg an, der den Mittleren Osten destabilisiert hat. Präsident Obama habe zwar erklärt, die USA wollten zwölftausend Flüchtlinge aufnehmen, doch das sei gerade ein Tageskontingent wie es allein Bayern im vergangengen Herbst gehabt habe.

„Wir sind ein Land der gelingenden Integration“, lobt Seehofer die Leistung vieler Menschen in Bayern, warnt aber vor sozialen Spannungen, falls es im weiteren Verlauf doch nicht klappt, die Zugewanderten gut einzugliedern. Von ihnen verlangt er: „Sie müssen mit uns leben wollen, unsere Sprache lernen und bereit sein, möglichst rasch ihren Lebensunterhalt zu verdienen.“

Die Integration könne nicht nach irgendeinem religiösen Recht erfolgen, „sondern nur nach unserem Recht“. Es gehe nicht, zur einen Hälfte die Bibel und zur anderen Hälfte den Koran als Grundlage zu nehmen.

Zur Angst vor einer Islamisierung Europas zitiert der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer in seiner Predigt vor den Sudetendeutschen den verstorbenen Fernsehjournalisten Peter Scholl-Latour: „Ich fürchte nicht die Stärke des Islam, sondern die Schwäche des Abendlandes; das Christentum hat teilweise schon abgedankt.“

Erstmals Prager Minister beim Sudetendeutschen Tag

Erstmals hat ein Minister aus Prag offiziell den Sudetendeutschen Tag besucht: Der Kulturminister und Christdemokrat Daniel Herman ist deswegen von den Kommunisten in seiner Heimat zum Rücktritt aufgefordert worden. Als „historisch“ werten Seehofer und Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, die Visite von Herman.

Das tschechische Regierungsmitglied sagt in Nürnberg: „Ich nehme die Worte des Bedauerns über die Verbrechen an, die von einigen Ihrer Vorfahren verübt wurden“ – und fährt fort: „Zugleich bedauere ich, was vor sieben Jahrzehnten von einigen unserer Vorfahren begangen wurde, und das dadurch unser jahrhundertelanges Zusammenleben verletzt wurde.“ Er spricht die Sudetendeutsche mit "Landsleute" an.

Drei Millionen Sudetendeutsche wurden 1945/46 aus ihrer Heimat vertrieben. Zuvor hatten viele Tschechen unter den Nazi-Gräueltaten gelitten.

Auf der Heimfahrt aus Nürnberg resümiert Manfred Kees, Vorsitzender der Ortsgruppe Bayreuth der Sudetendeutschen Landsmannschaft, siebzig Jahre Frieden seien Ansporn, den Kurs der Versöhnung beizubehalten, damit auch die kommenden Generationen vor Krieg verschont blieben.

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