Studium und Politik Was Erasmus-Studenten zur Europawahl sagen

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Foto: Lena Buckreus Quelle: Unbekannt

BAYREUTH. Morgens um 10 Uhr an der Bayreuther Uni. Auf dem Campus tummeln sich Studenten, reden munter miteinander, machen sich auf den Weg zur nächsten Vorlesung. Die Spanierin Cate Renom begrüßt ihre deutsche Kommilitonin Carolin Steinhäuser auf Englisch, ihr Deutsch ist – wie sie selbst sagt – zu schlecht. Cate ist in Barcelona zu Hause und seit Oktober des letzten Jahres Erasmus-Studentin in Bayreuth. Im Erasmus-Programm sind neben ihr noch ungefähr 60 Studenten aus dem europäischen Ausland, die für drei Monate, ein oder zwei Semester, an der Uni Bayreuth studieren. Darunter auch der Italiener Matteopio D’Agruma und die Britin Grace Neary. Sie alle werden von der Studentenorganisation International Student Network Bayreuth (ISN) und damit von der Rechtswissenschafts-Studentin Carolin Steinhäuser betreut.

 
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Eines der Top-Themen aktuell bei den jungen Frauen und Männern: die anstehende Europawahl. Ihre Stimme abgeben werden sie auf jeden Fall, da sind sich Cate, Matteopio und Grace einig. „Wir dürfen ja wegen des Brexit-Chaos’ trotzdem wählen“, sagt Grace, die aus dem Norden von England stammt und seit vier Wochen Deutsch und Französisch in Bayreuth studiert.

Die Meinungen zum Brexit würden in Großbritannien momentan weit auseinanderklaffen, aber die 21-Jährige ist sich sicher: „Die Europäische Union ist keinesfalls perfekt, der Brexit aber keine gute Lösung.“ Sie selbst wird in Nordengland eine grüne Partei wählen beziehungsweise wählen lassen. Ihre Schwester geht stellvertretend für sie zur Urne, in England ist proxy voting (Stellvertreterwahl) erlaubt. Besonders wichtig findet Cate den Zusammenhalt innerhalb der EU. „Auch wenn es schwierig ist, immer alle zufriedenzustellen, allein schon wegen der verschiedenen Kulturen.“ Denn in ihrer Heimatregion Katalonien brodelt es seit 2017, die Katalanen wollen ein unabhängiger Nationalstaat werden. „Für uns ist deshalb ein starkes Europa noch wichtiger, und wir interessieren uns viel mehr für die anstehenden Wahlen als der Rest der Spanier“, erzählt die 21-Jährige, die seit Oktober 2018 in Deutschland lebt. Zur Wahl gehen wird Cate in Bayreuth. Denn Bürger der Europäischen Union, die sich über ein Vierteljahr im europäischen Ausland aufhalten, sind auch dort wahlberechtigt. Wen sie von den deutschen Politikern wählen soll, darüber ist sie sich noch nicht ganz im Klaren, sie möchte sich erst noch informieren, erklärt sie.

„Europa ist mein Zuhause, wir können ohne Probleme reisen und Kulturen kennenlernen“, sagt der 20-jährige Matteopio begeistert. Mit der Politik in seinem Heimatland Italien hingegen ist er definitiv nicht zufrieden. Alle jüngeren Leute, die er kennt, seien gegen den Rechtsruck der Regierung. „Die junge Generation wählt nicht rechts“, erzählt er. „Es ist schon traurig, was momentan los ist.“ Umso wichtiger sei es für ihn, bei der Europawahl abstimmen zu können. Wählen wird er per Brief in die Heimat.

Carolin Steinhäuser von ISN Bayreuth mobilisiert alle Gaststudenten aus europäischen Ländern, ihre Stimme bei der Wahl in nicht einmal mehr zwei Wochen abzugeben: „Wer im Ausland wählt, hat einen ganz anderen Blick auf die europäische Heimat“, sagt sie. Und einen ganz anderen Blick auf Deutschland haben die drei Erasmus-Studenten sowieso: „Hier ist alles so ordentlich und wird schnell erledigt“, sagt Matteopio lachend. „Und hier wird auf die Tische geklopft, statt geklatscht, das ist echt merkwürdig“, fügt Grace hinzu.

Das International Student Network (ISN) ist eine studentische Organisation, die die Integration ausländischer Studierender fördert. In Bayreuth ist das ISN an das International Office der Uni angegliedert und hat drei Sprecher aus der Studentenschaft. Rund 15 Ehrenamtliche helfen dabei, Veranstaltungen zu organisieren. Zum Anfang jedes Semesters gibt es eine „Welcome Week“ für die Studenten aus dem Ausland, unter anderem mit Stadtführungen und Feiern.

Außerdem gibt es ein Buddy-Programm: Deutsche Studenten sind die Paten der Neuen, zeigen ihnen die Uni, die Stadt, helfen und übersetzen. „Es wäre schön, wenn sich mehr Bayreuther Studenten finden, die uns dabei unterstützen“, sagt ISN-Präsidentin Carolin Steinhäuser. Einmal im Semester wird zudem eine Wochenendfahrt nach Berlin oder Hamburg angeboten.

Im Sommersemester sind aktuell 51 junge Frauen und Männer aus dem europäischen Ausland an der Uni Bayreuth eingeschrieben. Im vergangenen Wintersemester waren es 64.

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