Studie zeigt: Nur wer innovativ ist, überlebt 10 Ideen zur Rettung der oberfränkischen Wirtshäuser

Von Sarah Bernhard
Foto: Ronald Wittek Foto: red

Die Zahl der Wirtshäuser nimmt ab, aber es ist noch nicht so schlimm wie gedacht. Das ist das Ergebnis einer Studie, die am Mittwoch in Presseck vorgestellt wurde. Danach suchten Wirte, Politiker und Wissenschaftler gemeinsam nach Ideen, wie das "Wirtshaussterben" gestoppt werden kann. Und kamen zu unerwarteten Ergebnissen.

 
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Die Fakten

Ein Achtel aller bayerischen Gemeinden hatte laut Statistischem Landesamt 2011 keinen Gasthof mehr, mehr als ein Drittel keine Schankwirtschaft. „Hört sich viel an“, sagt Professor Hans Hopfinger von der Universität Ingolstadt-Eichstätt.

Beide Zahlen zusammen zeigten aber, dass die Situation so problematisch noch gar nicht sei. Schon gar nicht in Oberfranken: Nur zehn Gemeinden hätten überhaupt kein Gasthaus mehr im Ort, nur eine mehr als fünf Jahre zuvor.

Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit: Die Studie berücksichtige nur Ortschaften, keine Teilorte, kritisierte Veit Pöhlmann, Zweiter Bürgermeister von Thurnau und Initiator der Veranstaltung. Das Problem sei also weitaus größer als die Studie zeige.

Die Ursachen

Sie sind laut Studie vielfältig. Einerseits liegt es an den Wirten selbst: Sie arbeiten nicht rentabel, suchen nicht früh genug einen Nachfolger oder sind fantasielos. Aber auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen machen es den Wirten schwer: das Rauchverbot in Gaststätten, kein reduzierter Mehrwertsteuersatz, viele Vorschriften.

Schließlich gibt es auch strukturelle Probleme zu bewältigen, nämlich die Konkurrenz der Vereine, den demografischen Wandel, den Rückgang der Landwirtschaft (und damit der Nebenerwerbs-Wirte) und das geänderte Konsumverhalten.

Heute kaufe der Kunde laut Hopfinger zwar bei Norma ein, gehe aber, wenn er Lust habe, zum Abendessen ins 5-Sterne-Lokal. Weil er sich nicht mehr binden und unterhalten werden will. Die Angebote sucht er vor allem im Internet.

Die Folgen

Nicht nur der Wirt hat deshalb Probleme. Auch die Menschen im Dorf. Ihnen fehlt ein Ort zum Feiern, ein Ort zum Reden – und ein Ort zum Dampf ablassen. „Früher war der Wirt Psychologe, heute gehen die Leute nach Hause und laden den Ärger bei der Familie ab“, sagt Stefan Sigmund, Zweiter Bürgermeister von Presseck. „Wo die Wirtschaft stirbt, stirbt der Ort“, sagt Hopfinger.

Die Zukunft

Überleben könne nur, wer sich auf die Wünsche der Konsumenten einstelle, sagt Hopfinger. Dazu gehören:

- neue, spannende Gerichte, etwa Rindfleischwurst-Carpaccio statt ebendiese im Brötchen, wie ein (mittlerweile gut gehendes) Restaurant in Hof anbietet

- Unterhaltungsmöglichkeiten wie Kicker oder Dart

- Musikveranstaltungen, egal ob Stubenmusik oder Rockpartys

- W-Lan im Lokal

- Online-Werbung, etwa über Facebook und Twitter.

Unerwartete Verbündete

Hopfinger schlägt auch neue Wege der Zusammenarbeit vor

- mit der Kirche, der die gleichen Kunden fehlen

- mit den anderen Wirten, um einen Mindestbierpreis durchzusetzen.

Die Politik soll's richten

Die anwesenden Wirte setzten den Schwerpunkt ihrer Zukunftsvisionen etwas anders. Sie fordern die Politik und Verbände zum Handeln auf, zum Beispiel mit

- der Übernahme leerstehender Gasthäuser, statt neue Dorfgemeinschaftshäuser zu bauen

- der Neuorganisation der Feuerwehrhaus-Förderung, für die oft ein Schulungsraum nötig sei, in dem im schlechtesten Fall keine Schulungen, sondern nur Vereinsfeste stattfänden

- dem Abbau von Bürokratie, etwa bei der Dokumentation

- der besseren Ausbildung von Wirten, die bisher lediglich eine kurze IHK-Schulung machen müssen.

Die Gespräche sollen in den nächsten Monaten fortgesetzt werden.

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