Straßenausbau: Landratsamt erkennt Argument der Stadt so nicht an Pegnitz: Steuer ersetzt keine Beitragssatzung

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Maßnahmen zum Straßenausbau und zur Straßensanierung werden bisher in Pegnitz nicht auf den Bürger umgelegt. Foto: Münch Foto: red

Ein Wortungetüm bereitet zurzeit manchen Kopfzerbrechen: Straßenausbaubeitragssatzung, kurz SABS. Die Rechtsaufsicht zwingt manche Kommunen, die eine solche nicht haben, sie nun einzuführen. In Pegnitz gab es noch nie eines SABS – und das soll auch so bleiben, sagt Bürgermeister Uwe Raab. So einfach ist das aber nicht, heißt es im Landratsamt dazu.

 
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Die Stadt hat als SABS-Alternative den Weg der Grundsteuererhöhung gewählt. Damit wird laut Raab jeder Grundstückseigentümer gleichermaßen belastet – „ohne Rücksicht darauf, ob konkret vor seiner Haustür die Straße ausgebaut wird“. Dieses Vorgehen wurde bisher von der Rechtsaufsicht und den Zuschussgebern gebilligt. Raab: „Sollte sich an deren Haltung oder an der Gesetzgebung etwas ändern, müssen wir uns selbstverständlich wieder mit dieser Thematik auseinandersetzen.“

Wenn die Kasse klamm ist

Der Zwang, eine SABS auf die Beine zu stellen, betrifft in erster Linie Städte und Gemeinden, deren Haushaltslage so richtig klamm ist. Weil diese besonders auf staatliche Zuschüsse als Stabilisierungshilfen angewiesen sind. Mit einer angespannten Etatlage, „die sich seit vielen Jahren immer wieder ähnelt“, hat das aber im Fall Pegnitz unmittelbar nichts zu tun, sagt Uwe Raab, Sondern vor allem damit, ob Gesetz- und Zuschussgeber weiter anerkennen, dass die Stadt ihre Einnahmemöglichkeiten in ausreichendem Maß nutzt.

So sieht das auch Altbürgermeister Manfred Thümmler, der noch nie viel von einer Straßenausbaubeitragssatzung hielt. Und sich daher schon immer gegen deren Einführung aussprach. Schon kurz nach Beginn seiner Amtszeit – das war 1982 – standen umfangreiche Straßensanierungsmaßnahmen an. In der Lindenstraße in Pegnitz zum Beispiel. Oder in der Klumpertalstraße in Bronn. Es folgten der Auftakt zur Innenstadtsanierung in der Rosengasse und der Ausbau der Straßen in der Lohesiedlung.

Bürger entlasten

Investitionen in hohen DM-Summen, die auch Euro-technisch noch erheblich ins Gewicht fallen würden. „Ich war damals schon der Auffassung, wir organisieren das über eine Erhöhung der Grundsteuer.“ Das passierte auch. Mitte der 1980er Jahre stockte man auf 330 Prozentpunkte auf. Und, so Thümmler: „Diese Einnahmen wurden konsequent für den Straßenausbau verwendet.“ 2001 ging es dann weiter nach oben, 2011 folgte die nächste Aufstockung: von 360 auf 400 Punkte bei der Grundsteuer B, die den „normalen“, den privaten Hausbesitzer betrifft. Und bei der Grundsteuer A, also bei landwirtschaftlichen Flächen, von 300 auf 350. Eine Begründung dafür, die Thümmler damals in seiner Haushaltsrede anführte: „Die Stadt hat keine Straßenbeitragsausbausatzung erlassen, deshalb werden die Eigentümer und Mieter nach Straßensanierungen nicht mit diesen Beiträgen belastet.“

Die Grundsteuer, so Thümmler 2011, sei keine dynamische Steuer, sondern bleibe auf der gleichen Höhe, abgesehen von der Zunahme bei Bauplätzen und Neubauten. Und das trotz deutlicher Preissteigerungen bei den Kosten für Bauinvestitionen, Energie und Personal. Ziel sei es immer gewesen, alle gleich zu behandeln. Was heißt: Es kann nicht sein, dass der eine Bürger plötzlich Beiträge zahlen muss, während andere in der Vergangenheit nicht zur Kasse gebeten wurden.

Hohe Summen

Hätte es in Pegnitz eine SABS gegeben, hätte der Bürger kräftig blechen müssen, sagt Thümmler. Etwa bei der Innenstadtsanierung. Denn da hätte man nicht nur die 130 000 von der Kommune aus dem Stadtsäckel bezahlten Euro umlegen müssen, sondern auch die Zuschüsse aus der Städtebauförderung – „das wäre noch mal eine Million gewesen“. Oder beim Straßenausbau in Zips. Da lag der Anteil der Kommune bei 195 000 Euro – plus eine weitaus höhere Förderung.

Ziel war und ist: Alle Bürger gleich behandeln. Dafür sorgen, dass – Stichwort Vertrauensschutz – die Bürger sich darauf verlassen können: Wir müssen nichts zahlen, schon gar nicht nachträglich. Laut einem höchstrichterlichen Urteil kann eine Kommune gezwungen werden, eine SABS einzurichten und Beiträge bis zu 20 Jahre rückwirkend einzuheben. Dann nämlich, wenn sie aufgrund ihrer schlechten Kassenlage staatliche Mittel zur Stabilisierung ihrer Finanzen anfordert. In Pegnitz verlässt man sich darauf, durch die mehrfach Anhebung der Grundsteuer in der Vergangenheit ein Argument in der Hand zu haben, warum man auf eines SABS verzichtet. Wie steht das Landratsamt als Rechtsaufsichtsbehörde zu dieser Ansicht?

Erst Beitrag, dann Kredit

„Die Gemeinden sollen solche Beiträge erheben“, sagt Pressesprecher Michael Benz auf Anfrage. Der Erlass von Straßenausbausatzungen ist im Kommunalabgabengesetz festgelegt. Nach den im Kommunalrecht geltenden Grundsätzen der „Einnahmebeschaffung“ müssen die Kommunen „vorrangig diese gesetzlichen Abgabemöglichkeiten ausschöpfen“. Erst dann folgen die Gemeindesteuern, und an letzter Stelle steht die Kreditfinanzierung, so Benz. Und: „Dies bedeutet, dass eigentlich jede Kommune, die Darlehen zur Finanzierung von Investitionen aufgenommen hat, und einen gewissen Schuldenstand aufweist, vorher ihre Einnahmen aus Abgaben und Steuern so weit wie möglich ausgeschöpft haben müsste.“ Damit wären in nahezu allen Gemeinden Straßenausbaubeiträge zu erheben. Eine Reihe von Gemeinden hat bisher – „auch unter Bezug auf die Eigenverantwortung im Rahmen der kommunale Selbstverwaltung – bisher auf den Erlass einer SABS verzichtet.

Und was sagt das Landratsamt zu dem von der Stadt Pegnitz angeführten Argument mit der Grundsteuererhöhung? Benz: „Ausbaubeitrag und Grundsteuer als unterschiedliche Einnahmearten sind nicht vergleichbar.“ Falls es die haushaltswirtschaftliche Situation einer Gemeinde erfordert, könne es durchaus notwendig werden, dass sowohl Straßenausbaubeiträge erhoben als auch die Grundsteuern festgesetzt werden.

Dass beim Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung die Beiträge rückwirkend auf 20 Jahre erhoben werden müssen, sei kein Automatismus, so Benz: „Das hängt von der jeweiligen satzungsrechtlichen Situation der Kommune ab und wird vom Landratsamt Bayreuth rechtlich nicht uneingeschränkt geteilt.“

Thema einst auch in Sachsen

Übrigens: Als die Stadt Pegnitz nach dem Mauerfall Anfang der 1990er Jahre im sächsischen Königsbrück Aufbauhilfe betrieb in Sachen Gemeindeverwaltung, kam auch das Thema Straßenausbaubeitragssatzung zur Sprache. Der damalige Bürgermeister Jürgen Loeschke fragte seinen Amtskollegen Manfred Thümmler an: „Brauchen wir so was nicht auch angesichts der vielen Maßnahmen, die wir hier anpacken müssen?“ Thümmler erklärte ihm, wie man das Ganze in Pegnitz handhabt. Und empfahl Loeschke, sich an den sächsischen Finanzminister zu wenden und ihn um Rat zu fragen. Das war Anfang der 1990er Jahre der spätere Ministerpräsident Georg Milbradt. Loeschke folgte diesem Tipp – und bekam in Dresden von Milbradt eine Einzelfalllösung serviert. Sprich: Die Hälfte der Kosten für den Straßenausbau in Königsbrück sollten über eine SABS hereinkommen, die andere über eine Grundsteueranpassung.

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