Stipendium in den USA Alles wird größer und mehr gefeiert

Auch Thanksgiving – vergleichbar mit dem deutschen Erntedank – wird in Amerika groß begangen. Moritz Rudrof (rechts) und die zweite PPP-Stipendiatin Jana (links) haben mit der Gastfamilie gefeiert. Foto: red/red

Seit August ist der 22-jährige Moritz Rudrof als Stipendiat an der Ostküste der USA. Wie geht es ihm dort? Was hat er schon alles erlebt?

 
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Waischenfeld/ Wilmington - Anfang August machte sich der 22-jährige Waischenfelder Moritz Rudrof auf nach Amerika (wir berichteten). Dort ist er für ein Stipendium des Deutschen Bundestages im Rahmen des Parlamentarischen Patenschafts-Programms (PPP). Er lebt bei einer Gastfamilie an der Ostküste, in Wilmington, North Carolina.

17 Stunden Reisezeit

Nach zwei Flügen und einer Reisezeit von insgesamt 17 Stunden war er in seiner Heimat für ein Jahr mit einer anderen Programmteilnehmerin zusammen angekommen. „Die ersten Tage brauchte ich zur Eingewöhnung“, sagt Moritz Rudrof, „neues Land, neue Sprache, Gastfamilie, anderes Klima.“ Mitte August startete dann bereits das College – in etwa mit einer Mischung aus Berufsschule und Fachhochschule in Deutschland zu vergleichen.

Dort belegte der 22-Jährige von Dienstag bis Donnerstag Kurse in Präsenz, dazu kam noch ein Online-Kurs. „Meine Kurse sind Public Speaking – hier lernt man, wie man effektiv Reden schreibt und hält –, Boat Handling/Seamanship. Hier lernt man kleine Motorboote selber zu fahren und wichtige Regeln und Verhaltensweisen auf dem Wasser.“

Ein weiterer Kurs ist International Business, bei dem sich alles um internationale Beziehungen und Zusammenhänge dreht. „Bei Engineering Graphics lernt man die Verwendung von Zeichensoftware und alles im Zusammenhang mit Bauzeichnen“, so Rudrof weiter. Er ist von Beruf Bauzeichner. Insgesamt sind auf dem College über 20.000 Studenten an den vier Campus eingeschrieben. „Aber es gibt nur zwei internationale Studenten – ich und eine andere PPP-Stipendiatin“, sagt Rudrof.

Anwesenheit wird benotet

Es gibt Unterschiede zu Schulen in Deutschland, erläutert der Waischenfelder. So wird die Anwesenheit im Unterricht benotet, es gibt deutlich mehr Hausaufgaben, vieles läuft online ab, für die Nicht-Stipendiaten fallen Studiengebühren an, die Altersspanne bei den Studenten ist wesentlich größer – viele Studenten gehen gleichzeitig noch zur normalen Schule wie dem Gymnasium. Außerdem gibt es nebenberufliche Studenten.

Live im Stadion

Neben dem College hatte Moritz Rudrof auch Zeit zum Reisen. So war er schon in Washington DC, Dallas, Miami, Chicago und Nashville. Zwei seiner Höhepunkte waren bisher ein Heimspiel der Dallas Cowboys – ein Football-Team – live im Stadion anzuschauen und ein Roadtrip nach Key West, dem südlichsten Punkt der kontinentalen USA.

Amerikanische Handynummer

„Außerdem hatte ich noch viele administrative Tätigkeiten zu erledigen, wie Sozialversicherungsnummer beantragen, Bankkonto eröffnen, amerikanische Führerscheinprüfung meistern oder amerikanische Handynummer besorgen“, zählt er auf.

Der Kontakt zu Familie und Freunden in Deutschland ist natürlich auch da. „Aber in unregelmäßigeren Abständen. Social Media hilft, um die „Daheimgebliebenen“ auf dem Laufenden zu halten.“ Besucht hat Moritz Rudrof bisher niemand aus Deutschland. Bis vor kurzem war das Corona-bedingt auch gar nicht möglich. Mit der englischen Sprache hat er keine Schwierigkeiten. „Je länger man vor Ort ist, desto mehr gewöhnt man sich daran und auch das eigene Sprachniveau wird erkennbar besser“, hat er festgestellt.

Maskenpflicht aufgehoben

Wie ist die Corona-Lage in den USA, wie wirkt sie sich auf ihn aus, was Regeln und Einschränkungen angeht? „Man könnte meinen, dass Corona hier gar nicht mehr existiert“, sagt Rudrof. Vor kurzem wurde bei ihm im Landkreis die Maskenpflicht aufgehoben. Testpflicht oder irgendwelche 3G- oder 2G plus-Regeln oder Kontaktbeschränkungen existieren nicht. Dafür kann man sich einfach im Supermarkt impfen oder testen lassen. Auch alle Hotels und Restaurants haben geöffnet.

Hinsichtlich Reisen innerhalb der USA gibt es kaum Einschränkungen, aber in manchen Städten muss man als Tourist den Impfausweis vorzeigen. „Die einzige Auswirkung, die ich merke, ist, dass am College virtuelle Formate mehr als sonst in den Unterricht einbezogen werden.“

Verkleiden und feiern

Wie ist die Vorweihnachtszeit in den USA, wie erlebst er sie, welche Bräuche, Traditionen gibt es? „Die Vorweihnachtszeit in den USA bezieht sich nicht nur auf die Adventszeit wie in Deutschland“, erzählt Rudrof, „man spricht hier von der „Holiday Season“, also einer ganzen Weihnachtssaison, die bereits Ende Oktober mit Halloween beginnt.“ Halloween in den USA kann man mit Fasching/Karneval in Deutschland vergleichen, mit dem Unterschied, dass sich wirklich jeder – auch Erwachsene – verkleidet und feiert. Mit seiner Gastfamilie hat er Lagerfeuer geschürt und als es dunkel wurde, sind sie zum sogenannten trick-or-treating aufgebrochen. Damit bezeichnet man das Herumlaufen in den Straßen und das Einsammeln von Süßigkeiten. In den USA machen das nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene. Außerdem sind in den USA die Kostüme ausgefallener und reichen vom angsteinflößenden Clown bis hin zur Bierflasche oder dem Pferd. „Alle Vorgärten sind geschmückt, teilweise hängen Skelette von den Bäumen. Sehr beliebt sind auch Grabsteine oder aufblasbare Figuren wie beispielsweise Spinnen.“ Bereits am Tag danach weicht die Halloweendekoration den Vorbereitungen für Thanksgiving – vergleichbar mit deutschem Erntedank. Es wird immer am vierten Donnerstag im November gefeiert. In den Gärten stehen riesige aufblasbare Truthähne und am Thanksgiving-Tag selbst kommt die ganze Familie zum Truthahnessen zusammen.

Lange Menschenschlangen

Der tags drauf folgende und auch in Deutschland bekannte „Black Friday“ läutet die Weihnachtszeit endgültig ein. „Geschäfte öffnen teilweise bereits um 5 Uhr früh und trotzdem bilden sich davor bereits wetterunabhängig vereinzelt lange Menschenschlangen in der Hoffnung, die besten Rabatte einzusammeln, bevor alles ausverkauft ist“, hat er festgestellt.

Alles ist mehr und größer

Weihnachten selbst wird in den USA am 25. Dezember gefeiert. „Die Adventskalender haben trotzdem nur 24 Türchen“, erzählt er lachend. Seine Gastfamilie wird am 24. abends in die Kirche zum Weihnachtsgottesdienst gehen, am 25. früh gibt es die Geschenke und danach im Laufe des Tages gibt es das Weihnachtsessen.

„Grundsätzlich kann man aber sagen, dass in den USA alles größer und mehr ist als in Deutschland. Es wird viel mehr geschmückt, Weihnachtsbeleuchtungen und –deko ist überall und in jedem Garten. Es gibt Drive-Through-Weihnachtsshows. Dort fährt man mit dem Auto durch weihnachtlich dekorierte und beleuchtete Parks und hört dabei Weihnachtslieder.“

Was er auch schon gesehen hat, ist, dass einige Häuser und Parks eigene Radiofrequenzen haben, damit man beim Anschauen und Durchfahren im Auto Weihnachtsmusik hören kann.

Bäume sind teurer

Weihnachtsmärkte sind in den USA eher weniger verbreitet, genauso wie Adventskränze. „Außerdem bringt nicht das Christkind, sondern Santa Claus die Geschenke. Am 6. Dezember wird kein Nikolaus gefeiert. Weihnachtsbäume sind im Vergleich zu Deutschland viel teurer. „Wir haben für unseren umgerechnet 70 Euro bezahlt.“ Dazu kommt, dass es in Wilmington keinen richtigen Winter mit Schnee gibt. Aktuell sind dort 20 Grad und Sonnenschein.

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