Starke Frauen Sigrid Murr - das Multitalent

Von Julian Seiferth
Sigrid Murr ist nach wie vor für den EVP aktiv. Die ehemalige Vorsitzende arbeitet in der Geschäftsstelle, ist die gute Seele des Vereins. Foto: Klaus Trenz Quelle: Unbekannt

PEGNITZ. EVP-Vorsitzende, Sprecherin des Seniorenbeirats, Vorstandsmitglied im Städtepartnerschaftsverein – Sigrid Murr hat einiges erlebt. Geprägt hat sie aber auch die Ehe mit ihrem Mann Günther. Über eine Frau, die ihr Leben lang anpackt und sich doch im Verlust verletzlich zeigt.

 
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Sie wirkt wie die Ur-Pegnitzerin schlechthin, doch Sigrid Murr ist ein gebürtiges Nordlicht. Geboren im Jahr 1950 in Nordenham, wo die Weser die Nordsee trifft, kam sie erst im Alter von vier Jahren nach Pegnitz. Dort lebte sie auch bis zu ihrem Abitur, nach dem es sie wieder in die Welt zog – genauer gesagt nach Heidelberg in Baden-Württemberg, wo sie Sport und Französisch auf Gymnasiallehramt studierte.

Nie als Lehrerin gearbeitet

Den Beruf hat sie nie angetreten, stattdessen traf sie Günther Murr, verliebte sich in ihn und die beiden heirateten. In seinem Betrieb arbeitete sie dann als Bürokraft. Später bei Complast nutzte sie ihre Sprachkenntnisse, um Gespräche mit französischen Geschäftspartnern und Kunden zu übersetzen.

Zurück in die alte Heimat

„Das war in Ordnung. Alles andere wäre zu umständlich gewesen“, erklärt die 69-Jährige, damals wie heute ganz die Pragmatikerin. Ein Referendariat hätte sie nach Würzburg oder München gebracht, während ihr Mann mit der Firma in Nürnberg saß. „Ich hatte nie vor, Beamtin zu werden. Ich wollte für die Kinder zu Hause bleiben, so wie meine Mutter das bei mir gemacht hat.“ Und so folgte sie im Jahr 1992 ihrem Mann, als es den gebürtigen Pegnitzer mit seinem Maschinenhandel zurück in die alte Heimat zog.

Deutlich mehr Aufgaben

Kurz nach der Rückkehr seien die ersten Anrufe des Eislaufvereins (EVP) gekommen. „Mein Mann war da vorher schon mal im Vorstand gewesen und hat Zug reingebracht. Sie wollten ihn wieder“, erzählt Sigrid Murr aus der Zeit. Da Günther Murr aus Zeitgründen absagen musste, schlug er stattdessen seine Frau vor.

Nachdem man ihr versichert hatte, dass sie ihre Dauerkarte bei den Nürnberg Ice Tigers behalten könne und ihr im Hintergrund die Arbeit abgenommen würde, wurde Sigrid Murr 1996 zur EVP-Vorsitzenden gewählt. Bewahrheiten sollte sich nur eine der beiden Versprechungen: Die 69-Jährige behielt zwar ihre Dauerkarte, allerdings wurde nun die Zeit knapp.

Murr übernahm nicht nur die Verantwortung, sondern auch deutlich mehr Aufgaben als zuerst gedacht. Bis 2011, also 15 Jahre lang, blieb Murr Vorsitzende des EVP. „Ich habe praktisch alles gemacht“, erinnert sie sich. Sie habe versucht, Dinge auf ihre Art anzupacken und zu verändern. „Manche Sachen kann man als Frau anders als die Männer“, sagt Murr. Beispielsweise habe sie das Rauchen in der Kabine eindämmen können. Heute arbeitet sie in der Geschäftsstelle, ist die gute Seele des Vereins.

Der Verfall eines Machers

Im Jahr 2010 verlor Sigrid Murr ihren Mann nach jahrelanger schwerer Krankheit. Auch aus diesem Grund endete ihre Amtszeit beim EVP nur ein Jahr später. „Er hat mich immer beraten. Alleine ging das einfach nicht mehr“, sagt Sigrid über Günther Murr. Die Ärzte nannten es multiple Systemathrophie, laut Murr sei das aber nur eine Zustandsbeschreibung. „Sein Körper ist über die Jahre immer mehr zusammengefallen. Sein Geist war aber absolut wach bis zum Schluss.“

Einem geliebten Menschen beim Verfall zuzusehen, so Murr, sei eigenartig. „Er war immer ein Macher, ein großer Redner vor dem Herrn. Aber am Ende konnte er nicht mal mehr sprechen“, erzählt die 69-Jährige. Ein fröhlicher, lustiger Mann sei er gewesen, von dem sie viel gelernt hätte, vor allem Selbstbewusstsein.

„Nach dem Abi war ich eine graue Maus. Erst durch ihn habe ich eine gewisse Allgemeinbildung bekommen und bin zur Person geworden“, erinnert sich Murr. Er habe sie immer ermutigt, sich auszuprobieren. „Ein anderer Mann hätte mich vielleicht einfach Heimchen am Herd sein lassen, aber er hat mehr in mir gesehen.“

Die AfD findet sie "unmöglich"

Während ihr das Vorstandsamt im Städtepartnerschaftsverein mit Guyancourt aufgrund ihrer Französischkenntnisse fast zufiel, hat sie sich mit dem Vorsitz des Seniorenbeirates selbst überrascht. Sie sei nie politisch gewesen, bis auf eine Ausnahme: Die AfD findet sie „unmöglich“, sie sei ein weltoffener Mensch. Ihr größtes Vorurteil hat sie gegen Berliner, „und das bestätigt sich ständig“.

Leitgeb soll wieder Sprecher werden

Im Seniorenbeirat war sie zunächst einfaches Mitglied, auch weil sie nicht wollte, dass der Rat wegen zu weniger Kandidaten nicht voll würde. Im Jahr 2017 übernahm sie dann vom erkrankten Vorsitzenden Karlheinz Leitgeb. Inzwischen, so sieht es Murr, sei dieser wieder in der Lage, das Amt wahrzunehmen. Murr will deshalb nicht wieder für den Vorsitz antreten. Im Seniorenbeirat will sie aber bleiben: „Das ist ein wichtiges Gremium, das etwas bewegen kann.“

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