Staatsanwalt stellt Verfahren um Überfall auf Studentin ein - Ein Fall mit Folgen Kein Beweis für Vergewaltigung an Uni

Von Manfred Scherer
Foto: Archiv Foto: red

Es ist ein Fall ohne Beweis. Die Ermittlungen wegen eines angeblichen Vergewaltigungsversuchs an einer Studentin hinterm Audimax der Uni sind nun eingestellt worden. Das bestätigt der Leitende Oberstaatsanwalt Herbert Potzel auf Anfrage. Lesen Sie, warum der Fall dennoch ein Fall mit Folgen ist.

 
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August 2015: Eine 20-Jährige erscheint bei der Polizei und erstattet Anzeige. Sie sei gegen 13.30 Uhr am Emil-Warburg-Weg von zwei Unbekannten angegriffen, mit einem Messer bedroht und ins Gebüsch gezerrt worden. Hier sollen die Männer versucht haben, die Frau zu entkleiden. Den Ermittlern beschreibt die Anzeigeerstatterin die Täter als 40 bis 50 Jahre alt, auffallend dünn, alkoholisiert und von dunkler Hautfarbe. Beide Männer hätten kein Deutsch gesprochen. Eine sofort eingeleitete Fahndung bringt keinen Erfolg.

Die Polizei wendet sich an die Öffentlichkeit. Die mögliche Gefahr, die von zwei mit einem großen Messer bewaffneten Betrunkenen ausgeht, lässt den Behörden keine andere Wahl.

1. September 2015: Im „Nordbayerischen Kurier“ erscheint unter der Überschrift „Ins Gebüsch gezerrt“ der Bericht über den Vorfall. Mitsamt der der Beschreibung der angeblich dunkelhäutigen Täter. Die Polizei bekommt keinen einzigen brauchbaren Hinweis. Dafür gibt es auf der Kurier-Facebook-Seite, aber auch auf der Internetseite dieser Zeitung eine Flut ausländerfeindlicher Äußerungen. Darunter ist der Facebook-Post eines 47-jährigen Bayreuthers, den die Redaktion erst sichert, dann löscht und der Justiz vorlegt. Der Bayreuther ruft darin dazu auf, zu den Waffen zu greifen und „das Pack zu erschießen“.

2. September 2015: Ein zweiter Bericht erscheint im Kurier: „Was geschah am Emil-Warburg-Weg?“ Erneut ruft die Polizei mögliche Zeugen zu dem Vorfall auf, sich zu melden. Die Polizei bestätigt auf Anfrage, dass auch Asylbewerberunterkünfte bei den Ermittlungen kontrolliert worden seien – ohne Ergebnis. Es wird bekannt, dass die 20-jährige Anzeigeerstatterin, eine Studentin der Sommeruniversität, in ihr Heimatland abgereist ist. Auch deswegen gibt es im Internet unschöne Kommentare.

14. Oktober 2015: Der 47-jährige Bayreuther muss wegen seines Hass-Posts vom 1. September vor Gericht. Er zeigt keine Reue. 1.200 Euro Geldstrafe wird er wegen Volksverhetzung berappen müssen.

17. Dezember 2015: Kurier-Chefredakteur Joachim Braun gibt bekannt, dass die Kommentarfunktion auf der Kurier-Webseite modifiziert werden wird: Künftig können nur mehr Abonnenten kommentieren - zwar noch anonym, aber jederzeit identifizierbar. Die Welle des Ausländerhasses vom 1. September ist einer von vielen Gründen dafür.

30. Dezember: Der Leitende Oberstaatsanwalt Herbert Potzel erklärt, im Fall des angeblichen Übergriffs hinter dem Audimax hätten sich keine Hinweise ergeben. Das von der Anzeigeerstatterin berichtete Geschehen könne nicht verifiziert werden. Potzel betont: Man könne aber auch nicht beweisen, dass die junge Frau ein Märchen erzählt habe. Gegen die 20-Jährige sei demzufolge auch kein Verfahren wegen falscher Beschuldigung eingeleitet.

      

 

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