Sie kicken für Leo Sportler helfen schwerst behindertem Jungen aus Bayreuth

Die Macher hinter Kicken für Leo (von links): Jörg Dittwar, Florian Mäder, Wolfgang Heß und Roberto Hilbert. Foto: /Otto Lapp

Familien haben’s nicht leicht. Besonders schwer hat’s Familie Storch aus Bayreuth mit ihrem Sohn Leo (7). Er braucht bei allem Hilfe und jetzt auch dringend ein Transportsystem. Sportler aus Weißenstadt helfen beim Spendensammeln und haben einige Prominente im Schlepptau.

 
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Das Konzept ist einfach: Prominente Sportler, ein Riesen-Event und der Erlös geht an eine Familie mit einem schwer behinderten Kind, die es wirklich nötig hat. Dieses Jahr steht der kleine Leo Storch (7) aus der Saas im Mittelpunkt.

Da sitzt er in seinem Rollstuhl und ist ziemlich aufgeregt. Leo schaut mit seinen riesigen Augen, wer da alles im Wohnzimmer unterwegs ist. Alle seinetwegen. Der aufgeweckte Kleine hat einen ultra-seltenen Gendefekt. Er ist so selten, dass das Risiko nahezu bei eins zu einer Million liegt, sagt sein Vater Roberto (44). Leo hat einen kleinen Kopf und ist körperlich und geistig behindert. Das wird auch immer so bleiben. Was er selbst machen kann? „Leider nichts“, sagt sein Vater, „außer lachen und weinen. Er wird immer auf fremde Hilfe angewiesen sein.“ Bei Familie Storch merkt man davon – gar nichts. Wir treffen eine fröhliche Familie in ihrem kleinen Siedlerhaus in der Saas. Leo kommt von der Schule nach Hause. Er geht in die erste Klasse des Heilpädagogischen Zentrums (HPZ) in Bayreuth. Tim (11), der große Bruder, geht in die fünfte Klasse der Johannes-Kepler-Realschule. Die beiden sind „ein Herz und eine Seele“. Außer wenn sie sich gegenseitig nerven, wie das bei Geschwistern der Normalfall ist. „Ich kenn’s ja nicht anders“, sagt Tim. Roberto, der Vater, ist Rettungssanitäter in Bayreuth. Zwölf-Stunden-Schichten sind keine Seltenheit in seinem Beruf, er muss den kleinen Leo im Haus umhertragen, denn mit 23 Kilo ist er zu schwer für Michaela (39), die Mutter, geworden. An ihr bleibt alles hängen. Auch die Arbeit mit den zwei Familien-Katzen Maria und Magdalena.

Sie nur „Hausfrau“ zu nennen wäre eine Verkennung ihrer Leistung, wenn man bedenkt, dass Leo bei allem Hilfe braucht. „Sie ist ein Allrounder“, sagt Roberto, „die Familien-Managerin“, die die Familie Storch am Laufen hält. Denn wie gesagt: Von der großen Bürde eines schwerst behinderten Kindes merkt der Besucher rein gar nicht. „Es ist schwer“, sagt sie, „aber es ist eine normale Familie. Leo ist ja da – und ich möchte das nicht immer als Sonderfall dargestellt wissen.“ Die Eltern wollen vor allem eins: „Er soll normal aufwachsen. Und wir möchten das schon normal halten.“ Aber was für die Storchs normal ist, ist für manch andere, nun ja, etwas Besonderes, und nicht in einem positiven Sinne. Die Blicke auf der Straße sind nicht immer einwandfrei, wenn Mutter Michaela mit Leo unterwegs ist. „Mittlerweile ist es mir egal, ich laufe dran vorbei“, sagt sie. Es seien zum Glück nur „ausschließende Blicke, damit kann man leben.“ Was sie sehr getroffen hat: Nach der Geburt Leos haben sich viele Freunde von ihr abgewendet. Sie seien damit nicht klargekommen. Auch darüber kann sie inzwischen „hinwegschauen“. Ihr sei es mittlerweile egal, nur anfangs habe es sie belastet. „Aber dann will ich mit den Leuten auch nichts mehr zu tun haben“, sagt sie.

Inzwischen hat sich das leicht geändert – zum Positiven. Denn Leo war im November bei der Sendung „Mensch des Tages“ bei Radio Mainwelle. Seitdem werde sie öfter angesprochen. Auch der Vater bestätigt: „Nur Positives seitdem.“ Denn die Helfer aus Weißenstadt waren auf Leo aufmerksam geworden. Sie hatten im vergangenen Jahr die Aktion „Kicken für Antonia“ in Weißenstadt ins Leben gerufen. Mit Auge, Litti und Hansi – den drei 1990er-Fußball-Weltmeistern Klaus Augenthaler, Pierre Littbarski und Hans Pflügler – und für die schwerst behinderte Antonia Geld gesammelt. Das braucht auch die Familie von Leo. Denn das kleine Haus ist verwinkelt und für Leo wird ein Transportsystem nötig. Dann kann er in den ersten Stock fahren und auch dort oben überall hin. Umbau, Einbau, Anpassung – dafür wollen die Macher sammeln.

Hinter der Aktion steckt die Spielvereinigung Weißenstadt. Und Wolfgang Heß (54), Justizvollzugsbeamter in Bayreuth, Florian Mäder (42), Bauhof-Angestellter in Weißenstadt, sowie Jörg Dittwar (59), einst Kicker bei der Altstadt und später beim 1. FC Nürnberg. Dann trainierte er als Bundestrainer Fußballer mit intellektueller Beeinträchtigung. Wer sicher am 1. Juli zum Kick für Leo nach Weißenstadt kommt, sind Ex-Skifahrer Sven Hannawald, Littbarski und Benjamin Lauth, der unter anderem für den Hamburger SV und 1860 München gespielt hat. Daneben sind es Basketballer Bastian Doreth, Fußballer Torben Hofmann, Dieter Eckstein und Thomas Brunner. „Die anderen sagen wir noch nicht“, sagt Dittwar. Es werde aber ein „hochkarätig besetztes Spiel.“ Die Organisatoren betonen: „Es gibt keine Gagen, für niemanden.“ Die beiden Hotels in Weißenstadt, das Kurzentrum und das Siebenquell, bringen die Prominenten unter. „Sonst kriegt keiner was.“ Auch alles, was am Spielfeldrand verkauft wird, jede Bratwurst, davon „geht alles an die Hilfe für Leo“, sagt Mäder, „jeder Cent 1:1 aufs Konto für karitative Zwecke“.

Leo ist ein fröhliches Kind, zappelt rum und macht, was er will, während die Erwachsenen die Aktion besprechen. Normalerweise ist er gern im Wald und schaut sich dort um, sagt die Mutter, hört gern Kinderlieder und mag die Gesellschaft anderer Kinder. Ein normales Kinderleben also. Und es freut die Eltern, dass er eine Lebenserwartung habe wie andere Kinder auch. Verschlimmern könne es sich nicht. Obwohl sie nicht wissen, „wo der Zug hingeht“. Urlaub? Seit Leos Geburt ist das für die Storchs ein Fremdwort. Obwohl es fast geklappt hätte im vergangenen Jahr, aber Leo hat ihnen mit einer vierwöchigen Krankheit einen Strich durch die Rechnung gemacht. Also gab es wieder Urlaub zu Hause – und im Krankenhaus bei Leo. Der Storch-Familien-Plan klingt eigentlich ganz einfach: „Wohin es geht, weiß keiner. Und es ist auch gut so. Wir leben von Tag zu Tag.“

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