Schießen mit Aussicht bei den JVA-Schützen

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Eduard Weis (von links) kennt die Geschichte des Vereins fast von Anfang an, Sabrina Bär ist die erfolgreichste Schützin des Vereins und ihre Tochter Sophia ist das jüngste MItglied. Gerhard Wassermann hat bei der Organisation der 50-Jahr-Feier kräftig mitgeholfen. Foto: Eric Waha Foto: red

Die Sportschützen der Justizvollzugsanstalt St. Georgen feiern ihr 50-jähriges Bestehen. Das jüngste Mitglied ist zehn Monate alt - doch sonst ist Nachwuchs rar.

 
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Für den Ausblick interessiert sich Sophia nicht die Bohne. Ihr Ziel ist der Schießstand. Wieder und wieder arbeitet sie sich vor. Die Stufe hoch. Juchzt und freut sich. Zeigt im Sitzen in den Raum, auf die bunten Schützenscheiben, die oben an der Wand im Raum hängen. Sophia scheint das mit dem Schießen in den Genen zu liegen. Was nicht verwunderlich wäre. Denn die Mama der zehn Monate jungen Sophia ist die erfolgreichste Schützin Bayreuths, Sabrina Bär. Vielfache bayerische und deutsche Meisterin, erfolgreiche Europameisterschaftsteilnehmerin.

Sophia ist in gewisser Weise ein Hoffnungsträger für den Heimatverein der 26-jährigen Sportschützin Sabrina Bär, die Sportschützen der Justizvollzugsanstalt St. Georgen-Bayreuth. Der Verein, der am kommenden Wochenende sein 50-jähriges Bestehen feiert. Ein Verein, der vergleichsweise gut da steht. Der aber durchaus Nachwuchssorgen hat, wie der ehemalige Vorsitzende Eduard Weis (71) im Gespräch mit unserer Zeitung sagt. "Wir kriegen keine Jungen mehr." 222 Mitglieder hatte der Verein zu Spitzenzeiten, als Weis in den 80er Jahren Vorsitzender war. Heute sind es 169. 91 von ihnen sind Bedienstete der Justizvollzugsanstalt (JVA).

Schützenheim mit Panoramafenster

"Früher hatten wir Residenzpflicht für die Mitarbeiter der JVA. Wir mussten innerhalb von zehn, 15 Minuten in der Anstalt sein. Das gibt es heute nicht mehr", sagt Gerhard Wassermann (67), der zwischen 1993 und 2002 im Verein das Sagen hatte. "Die meisten wohnen im Umkreis von 30 oder 40 Kilometern. Da kommt keiner mehr extra hier hoch." Dabei lohnt es sich allein für den Ausblick, hoch zu fahren an den Bindlacher Berg, zum Schützenheim an der Weinbergsleite. Man schaut von Norden auf Bayreuth, im Vereinsheim haben sie ein Panoramafenster für den perfekten Blick in den Bayreuther Kessel.

Verknüpft ist dieser Ort schon eine halbe Ewigkeit mit der Justizvollzugsanstalt: "Die Gefangenen mussten hier Arbeitsdienst leisten. Morgens mussten sie hinauflaufen von St. Georgen aus, bewacht von einem Beamten vorne und einem hinten, ausgerüstet mit Karabinern", sagt Wassermann. "Dann mussten sie den Tag über im Steinbruch arbeiten. Steine von hier wurden zum Beispiel für den Bau der Walhalla verwendet."

Anlage in Eigenregie gebaut

In den 60er Jahren war Schluss mit dem Abbau im Steinbruch. Das Gelände, das dem Freistaat gehört, lag brach. Bis 1968. In dem Jahr haben die JVA-Schützen hier begonnen zu bauen. "Der Verein ist 1966 gegründet worden. Nachdem es ein erstes Vergleichsschießen der JVA in Amberg gegeben hatte, sagte der damalige Anstaltsleiter, dass wir das nächste Schießen in Bayreuth machen könnten", erzählt Weis.

In den ersten Jahren schossen die frisch gegründeten JVA-Schützen auf der Bahn an der Hohen Warte, "dann haben wir das Gelände hier oben bekommen". Geplant war, erinnert sich Weis, der 1968 als Anwärter nach Bayreuth kam und seit 1970 Mitglied bei den Schützen ist, "eine 25-Meter-Bahn zu bauen. Und einen Waggon als Vereinsheim hinzustellen. Die Schienen, mit denen das Gestein abtransportiert wurde, lagen ja noch da."

Entstanden ist viel mehr. "Wir haben praktisch jedes Jahr was gebaut. Vieles in Eigenleistung", sagt Weis. "Eine JVA ist ja wie ein Dorf. Dort sind alle Berufe vertreten", sagt Wassermann. In den Werkstätten waren und sind Meister vieler Handwerksberufe vertreten. Vom Maurer bis zum Schlosser. "Alle haben Hand mit anlegen können. Wir mussten praktisch nur das Material kaufen." Den Zaun, mit dem das hoch oben am Berg liegende Gelände eingezäunt ist, hat in Teilen Gerhard Wassermann gebaut. "Ich war ja 25 Jahre lang in der Schlosserei."

Wie geht es mit dem Gelände weiter?

Was die Sportschützen über ihr Jubiläum am Samstag, 8. Oktober, ab 18 Uhr hinaus beschäftigt, ist die Frage, wie es in zwei Jahren weitergeht mit dem Gelände: Auf 50 Jahre hatten sie es 1968 vom Freistaat gepachtet. "Vielleicht können wir es noch einmal 50 Jahre pachten. Oder kaufen", sagt Weis. Die Chancen stehen gut, dass es weitergeht, sagen die beiden ehemaligen Vorsitzenden. Schließlich schießen sie nicht nur als Sport und aus Vergnügen auf die Scheiben. Sie haben einen Vertrag mit der JVA: Die Bediensteten geben hier ihre Übungsschüsse mit dem Gewehr und der Pistole ab.  

Sabrina Bär, die bei der Stadt Bayreuth als Verwaltungsfachangestelle im Bauhof arbeitet und in der Bundesliga für die FSG Bund München mit dem Luftgewehr schießt, hat mit ihrer Tochter eine Familientradition fortgesetzt: "Ich bin über meine Eltern dazugekommen. Seit 2001 schieße ich selber." Die kleine Sophia ist mit ihren zehn Monaten definitiv das jüngste Mitglied der JVA-Schützen. "Wenn sie Lust hat", sagt Sabrina Bär, dann dürfe ihre Tochter selbstverständlich Sportschützin werden. Bei den Schützen mit dem schönsten Ausblick weit und breit.

Info: Ihr Vereinsjubiläum feiern die Sportschützen in ihrem Vereinsheim am 8. Oktober ab 18 Uhr. Neben Grußworten und der Königsproklamation steht das Feiern im Vordergrund. Für die Musik sorgt das Fischer-Duo.

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