Roger Cicero in Bayreuth: Gut mit Hut

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Männer mit Hut waren Mangelware. In modischer Hinsicht wirkte Roger Cicero bei seinem Publikum in der Bayreuther Oberfrankenhalle offenbar kaum stilbildend. Schade. Gute Stimmung herrschte dennoch unter den rund 1500 Besuchern beim Auftaktkonzert der Tournee „beziehungsweise“ des gefeierten Jazz-und Swing-Sängers.

 
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Es ist schon eine kleine Sensation. Roger Cicero singt den ganzen Abend lang fast ausnahmslos auf Deutsch. Und bringt die deutsche Sprache zum Swingen wie kein an-derer. Alles wirkt locker und lässig. So, wie auch der Typ auf der Bühne. Seine Stimme vibriert und flackert – im positiven Sinn. So geschmeidig wie er als Tänzer den Hüftschwung beherrscht, wechselt er als Sänger zwischen den Registern hin und her. Selbst längere Passagen kann er mit der Kopfstimme singen. Das muss ihm erst mal einer nachmachen.

In Zeiten, in denen sogenannte Stars über Nacht geboren werden und genauso schnell wieder in der Versenkung verschwinden, wirkt Cicero (nicht allein aufgrund seines Assoziationen an humanistische Bildung weckenden Namens) ein wenig anachronistisch. Doch ist er der swingende Beweis dafür, dass sich angenehme Unterhaltung und enormes musikalisches Können nicht ausschließen. Man möchte den Hut vor ihm ziehen – wenn man nur einen hätte.

Vor allem Frauen seien von dem smarten, stets elegant gekleideten Mann begeistert, heißt es. Mag sein. Doch Roger Cicero ist einfach gut. Wenn er singt und über die Bühne wirbelt. Ein wenig feilen ließe sich gewiss an seinen Anmoderationen, die noch nicht in jedem Fall das Endstadium in puncto Bühnenreife und Pointensitz erreicht haben. Doch das sind Peanuts. Schließlich ist man gekommen, um den aus rauchigen Jazzkellern auferstandenen Star singen zu hören.

Perfekt ist auch die Lightshow. Vielleicht zu perfekt. Und leider austauschbar. Wer sich die kleinen Filmchen auf der Homepage des Sängers angeschaut hat, vermisst in der Oberfrankenhalle deren charakteristisches Flair, das geeignet ist, den Zuschauer in die Welt der 20er Jahre zu transportieren. Immerhin: Die Musiker der elfköpfigen Big Band sind auch in Bayreuth derart stilvoll gekleidet, als wollten sie für die Hintergrundmusik in einem Woody-Allen-Film sorgen.

Natürlich präsentierte Cicero Stücke von seiner neuen CD. Er singt von der Leichtigkeit des Seins, den Tücken des Alltags und be-zeichnenderweise von Beziehungsproblemen, was von einem Programm unterm dem Motto „beziehungsweise“ auch nicht anders zu erwarten ist. Bisweilen wird darin mit Klischees gespielt, dass die Schwarte kracht. Das Reimschema ist zumeist simpel, was aber keineswegs negativ ins Gewicht fällt. Kleine Kostprobe: „Im Internet reden – das geht zweifelsohne – mit Skistöcken laufen – Hartz IV und Kondome – man gewöhnt sich an alles – aber schöner war’s ohne.“ Mehr braucht es nicht. Hauptsache die Musik swingt. Die hochkarätige Band ist der Garant dafür.

Ach ja. Eine Handvoll Cicero-Fans mit Hut war schließlich doch noch an der Garderobe der Oberfrankenhalle zu bestaunen. Die waren freilich weiblich. „Schöner war’s ohne“ musste man diesen drei Damen nicht zurufen.

Erstveröffentlicht am 25. Januar 2008

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