Ritterfest lockt an die 2500 Besucher an – Händler stellen unterschiedlichste Berufe dar Ritterfest in Waischenfeld

Von Sonny Adam

Zeitreise in die Vergangenheit: Auf Burg Waischenfeld fand am Wochenende das große Ritterfest statt. Kleine und große Mittelalterfans kamen, aber auch „seltsame Gestalten“.

 
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Michel ist ein freier fränkischer Barbar. Er trägt eine Ledermaske um Stirn und Augen. Auf dem Kopf hat er einen erlegten Fuchs. Über die Schultern hängen zwei weitere Fuchsfelle, inklusive Kopf. Seit vielen Jahren beschäftigt sich der Barbar mit dem Mittelalter. „Das Kostüm habe ich selbst gemacht“, erklärt er. Wo immer er auftaucht, klicken die Fotoapparate. Denn er sieht furchterregend aus. An seiner Seite ist Nadja. „Ich bin eine Völva“, sagt sie. Sie trägt bauchfrei, eine Art schwarzes Bustier. Auch sie hat erlegte Füchse umgehängt. „Als Völva habe ich ein überdurchschnittliches Erscheinungsbild“, sagt sie. Und zu diesem Erscheinungsbild gehören Hörner dazu. Völva ist der altnordische Begriff für Seherin, Wahrsagerin, Hexe, Zauberin, Prophetin oder Schamanin. Völva Nadja hat die Macht über das Übernatürliche. Schon seit vielen Jahren verkleidet sie sich in ihrer Freizeit auf Mittelalterfestivals. Einfach aus Spaß.

Glänzende Rüstungen

Wenn die Burg Waischenfeld zum Ritterfest lädt, zieht das viele Freaks an. Matthias Schöttner ist mit der Gruppe Ferus Frankonia gekommen. Ferus steht für wild. Rund 25 Mittelalterbegeisterte gehören zu der Gruppe. Alle reisen regelmäßig in die Vergangenheit. Matthias Schöttner ist ein Kämpfer. „Ich mache natürlich mit beim Ritterturnier“, verspricht er. Doch die glänzenden Rüstungen sind nicht leicht. 15 bis 30 Kilo bringt eine Rüstung auf die Waage. „Wir machen Vollkontakt – das machen die meisten anderen Gruppen nicht. Das heißt also, wir prügeln uns richtig“, sagt Schöttner und freut sich schon auf das Spektakel.

Die wilden Franken sind nicht die einzige Gruppe, die das ganze Wochenende bleiben. 24 Lagergruppen sind auf die Burg Waischenfeld gekommen: mit Kind und Kegel, Zelt, Rüstungen und allem, was dazugehört. „Die Gruppen stellen das Leben zwischen dem 9. und 16. Jahrhundert dar“, erklärt der Chef der Lagernden Mirko Thoma. Sogar Robin Hood ist dabei. Bändchenweberinnen und Schnitzer, Glasbläser und Schneider zeigten ihr Handwerk. Und sogar einige Druiden und Hexen gaben sich die Ehre. „Frauen möchten meistens etwas über ihre Beziehung wissen, Männer fragen nach dem Beruf“, sagt Hexe Shaleika alias Elisabeth Chaney Leikauf. Sie legt Karten. Vor allem nach Einbruch der Dunkelheit floriert ihr Geschäft.

Gute Stimmung vor der Burg

Beim Ritterturnier geht es auf der grünen Wiese vor dem Lager zur Sache. Viele Ritter treten gegeneinander an. Manche hoch zu Roß. Manche in voller Montur. Vor der Burg sorgen die Spielleut Schatten Schweif für gute Stimmung.

Die kleinen Gäste des Ritterturniers kommen bei Puppentheater, Märchen und Gauklereien, dargeboten von Jolandolo vom Birkenschwamm auf ihren Kosten. Und außerdem boten fünfzig Händler ihre Waren feil.

Hauptsache das Wetter passt

„Bei unserem Ritterfest kommen immer so ungefähr 2500 Menschen. Wir hoffen, dass das Wetter hält, denn das ist das Wichtigste“, sagt Organisator Martin Vogler. Für den neuen Pächter auf Burg Waischenfeld – Roland Häfner – ist das Spektakel 2017 das erste Ritterfest. „Ich habe erst seit März die Burg gepachtet. Aber das Ritterfest gehört dazu. Das wird natürlich weitergeführt“, verspricht Häfner und freut sich über den Rummel. Auf dem Markt stellen die Händler die unterschiedlichsten Berufe dar. Michael Widmann ist professioneller Tuchweber. Er webt seine Stoffe per Hand, einen Webstuhl hat er mitgebracht. Nur wenige Meter weiter sitzt Seifensiederin Regine Bär in einem roten Zelt. An ihrem Stand duftet es herrlich nach Lavendel und Patchouli. Und gleich nebenan knüpft ihr Mann Holger Kettenhemden. „Ich habe damit angefangen, als mein Sohn neun Jahre alt war. Er wollte unbedingt so ein Kettenhemd, also habe ich Öse für Öse gebogen“, erzählt Bär. Für das Hemd eines Erwachsenen werden mindestens 10 000 Ringlein benötigt. „Nach heutigem Mindestlohnstandard wäre solch ein Kettenhemd nicht mehr zu bezahlen“, räumt Bär ein.