Rechtsmediziner: Attest des behandelnden Arztes der Ehefrau fehlerhaft Fall Mollath: Rechtsmediziner schließt Misshandlungen der Ehefrau nicht aus

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Hat Gustl Mollath (57) seine Frau geprügelt? Sie war „stumpfer Gewalt“ ausgesetzt, das ist sicher, aber es ist nicht zu beweisen. Das ist das Fazit des rechtsmedizinischen Gutachters Wolfgang Eisenmenger aus München, das er im Wiederaufnahmeprozess vor dem Landgericht Regensburg vortrug. „Der Arzt hat die Verletzungen nicht einfach erfunden.“

 
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Mollath ist angeklagt, weil er seine Frau geschlagen, getreten, gebissen und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt haben soll. Im laufenden Prozess äußert er sich nicht zu den Vorwürfen, weil ein psychiatrischer Gutachter mit im Saal sitzt. Auch in den früheren Verfahren äußerte er sich dazu nicht. Lediglich in einer seiner Schriften räumt er einen Vorfall ein, bei dem er sich „leider gewehrt“ habe. Nach dem einstündigen Vortrag des Rechtsmediziners steht fest: Am wahrscheinlichsten sind Bisse und Tritte; nicht ausschließbar ist, dass sie gewürgt wurde; auch relativ sicher ist, dass sie mit großer Kraft am Oberarm festgehalten wurde. Schläge mit der flachen Hand sind eher unwahrscheinlich. „Ein Großteil der Schilderungen der Ex-Frau korrelieren mit den Aussagen des Arztes“, der ein Gutachten über die angeklagten Misshandlungen erstellt hat.

Eisenmenger, Rechtsmediziner aus München, nahm das Attest eines Nürnberger Arztes unter die Lupe sowie alle Aussagen von Mollaths Ex-Frau Petra M. (53) vor, die sie vor Richtern und Polizei gemacht hatte.

Dass es Verletzungen gegeben hat, stellte der Sachverständige nicht in Abrede. Allerdings entspräche das Attest „nicht dem Standard“. Markus R. (48) war im Jahr 2001 noch ein junger Arzt, ein Berufsanfänger. Er hatte damals keine Vorstellung, was ein Attest enthalten müsse oder wie es definiert sei, sagte Eisenmenger. „Standards, die man von einem Attest erwartet, hat er nicht eingehalten.

Auch mit der Qualität des Attestes sieht es nicht besser aus. Laut Eisenmenger sind „Mängel  an der Form festzustellen“.  Die Musterberufsordnung verlange, dass das Attest den Empfänger und den Zweck erkennen lässt. Aber Markus R. hat den Zweck nicht angegeben, weswegen er es ausgestellt hat. In seiner Aussage gab er an, davon ausgegangen zu sein, es sei für eine Polizeibehörde.

Mollath Webreportage

Die größten Mängel aber, die auch für den Ausgang des Prozesses ausschlaggebend sein könnten, liegen aber in der fehlenden Exaktheit. „Das Attest enthält eine Reihe von Defiziten gegenüber den Aufzeichnungen in den Krankenunterlagen aber auch hinsichtlich  der Befunde“, sagte Eisenmenger. Direkter drückt das Oberstaatsanwalt Wolfhard Meindl aus: „Völlig dilettantisch.“

So fehlen die Verletzungen am Rücken von Petra M., aber in der Krankenakte, die der Arzt am Tag der Untersuchung angelegt hat, sind diese angegeben. Es fehlt die Angabe von Tritten – Mollath soll Petra M. mehrfach getreten haben, als sie wehrlos am Boden lag. Er sei von Tritten ausgegangen, sagte der Arzt. Es fehlen die Farbe der Blutergüssen, aus der sich das Alter der Verletzungen hätte erschließen lassen. Und es gebe „einen gewissen medizinischem Widerspruch“, sagte der Rechtsmediziner. Der Arzt ging in seinem Attest er ausdrücklich von Schlägen „mit der flachen Hand“ aus. Dazu passe die Form der Hämatome nicht ganz. Außerdem hat Petra M. in ihren Vernehmungen auch von Schlägen „mit der Faust“ gesprochen. Und es fehlt auch eine genauere Beschreibung der Bisswunde im Bereich des Ellbogens, nachdem Mollath seine Frau stark gebissen haben soll.

Wenn man da Fazit aus dieser ärztlichen Leistung sieht, muss man sagen. Die Exaktheit lässt zu „wünschen sagen“, sagt Eisenmenger. Allerdings sei das „nicht selten, sondern sehr häufig“, dass er das vor Gericht erlebe .Weil Hausärzte nicht darauf eingerichtet seien, was Juristen und Rechtsmediziner erwarten

Ein anderes Problem bei der Frage, ob das Attest plausibel ist, sind Varianten der Misshandlungen in den Aussagen von Petra M: Mal wurde sie getreten, mal nicht, mal aufs Bett geworfen, mal nicht; mal schmerzte ihr Auge, mal nicht.

Auch eine Bewusstlosigkeit lässt sich nicht nachweisen. Allerdings gibt es ein Detail in einer Aussage von Petra M., darauf wies ihr Anwalt Jochen Horn hin. Dort gab sie an, ihr Mann habe ihr nicht geglaubt, dass sie bewusstlos gewesen sei. Die Gewalt muss also ein Thema bei dem Ehepaar Mollath gewesen sein. Auffällig ist, dass Mollath lediglich die Bewusstlosigkeit ihr gegenüber abgestritten haben soll – und nicht die Gewalt an sich.

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