Prozess gegen Pottensteiner Bauunternehmen Pottenstein: Chef wies Steuerhinterziehung an

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Wegen Insolvenzverschleppung und versuchten Betrugs steht ein Bauunternehmer aus dem Raum Pottenstein vor dem Landgericht Hof. Foto: Wittek Foto: red

Die Worte des Vorsitzenden Richters am Landgericht Hof, Matthias Burghardt, sind am Ende des Verhandlungstages deutlich. „Wenn ein Geständnis kommt, ist es wichtig, wann es kommt. Ein Geständnis nach der Beweisaufnahme ist nur halb so viel wert“, wendet er sich an den Hauptangeklagten. Der 64-jährige Bauunternehmer aus dem Raum Pottenstein ist mit seinen beiden Geschäftsführern – einer ist sein Sohn – wegen verschleppter Insolvenz und vorsätzlichen Betrugs angeklagt.

 
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„Ich sag nichts und hör mir das alles erst einmal nur an. Das stimmt doch nicht, was hier gesagt wurde“, sagte der Angeklagte nach der Verhandlung kopfschüttelnd auf Kurier-Nachfrage. Warum hat er viele der Handwerker, die für ihn gearbeitet haben – an die 20 sollen es sein – nicht bezahlt? „Die haben schlecht gearbeitet. Wer gut gearbeitet hat, hat sein Geld bekommen. Überhaupt sind Handwerker die schlechtesten Menschen“, so der 64-Jährige.

Probleme mit Auftraggebern

Ein sehr kritisches Bild skizzierte Insolvenzverwalter Hubert Ampferl aus Nürnberg von dem Unternehmen. Das Insolvenzverfahren war im Juni 2010 eröffnet worden. Die Firma habe sich vor der Insolvenz von einem Hochbau- zu einem Generalunternehmen gewandelt. Die Bausummen seien rasant gestiegen, von 1,4 Millionen im Jahr 2005 auf 21 Millionen im Jahr 2009. Ebenso seien auch die Anforderungen in die Höhe gegangen. „Auf kaufmännischer und kalkulatorischer Seite hat die Firma aber mit dem Wachstum nicht mithalten können“, so Ampferl. Es war schwierig den Überblick zu behalten, was zu Störungen bei Bauvorhaben geführt habe. So gab es im Herbst 2009 Probleme mit Auftraggebern, Projekte wurden gekündigt, ein Zwei-Millionen-Auftrag in Nürnberg platzte. Ampferl ließ andere Vorhaben prüfen, aber die meisten schieden wegen Kalkulationsfehlern, Baumängeln, Schadensersatzansprüchen und verzögerter Bauzeiten aus, eine kostendeckende Beendigung der Projekte war nicht möglich. Bis zur Insolvenzanmeldung waren nur noch Kernleistungen wie Rohbauarbeiten machbar. Der Umsatz war zwar im Laufe der Jahre gestiegen, aber die Betriebskosten ebenso, bis letztendlich kein Gewinn mehr erzielt wurde, so Ampferl weiter. Das Unternehmen sei nicht in der Lage gewesen, die Kosten zu kontrollieren. Und so gab es 2010 in 79 Prozessen Forderungen von Subunternehmern und Lieferanten in Höhe von 2,4 Millionen Euro. Auf der anderen Seite gab es in der Firma eine Liste mit Forderungen des Unternehmens in Höhe von 6,6 Millionen Euro. „Die waren aber nicht werthaltig“, sagt Ampferl.

Bei seinen Überprüfungen hat er festgestellt, dass Eingangsrechnungen doppelt, Ausgangsrechnungen zu spät verbucht wurden und Umsatzsteuerzahlungen in Höhe von über 800 000 Euro fehlten. Im Laufe der Ermittlungen habe er festgestellt, dass Geschäftsunterlagen fehlten, habe diese auch auf Nachfrage nicht ausgehändigt bekommen.

Nichts von Protesten gewusst

Eine Erklärung hierfür hatte zuvor die ehemalige Buchhalterin des Unternehmens geliefert. Der Angeklagte habe sie angewiesen, bei Kundenrechnungen die Umsatzsteuer verzögert oder gar nicht zu melden. Das war im Herbst 2009. „Manchmal habe ich das gemacht, dann nicht mehr. Ich konnte das nicht mehr mit meinem Gewissen vereinbaren“, so die 61-Jährige, die gestern als Zeugin vor Gericht stand. Sie habe nicht nach den Hintergründen gefragt, sei von einem Kräftemessen mit dem Finanzamt ausgegangen. „Das ist Steuerhinterziehung“, so der Richter. Es sei in der Firma nicht viel geredet worden, die finanzielle Schieflage war kein Thema, es wurde auch nie nachgefragt, so die Zeugin weiter. Mit dem Angeklagten habe sie auch nicht darüber gesprochen. „Dazu fehlte mir der Mut“, so die Frau. So hätten die Mitarbeiter auch nicht offiziell gewusst, dass ab 2009 nicht mehr der Hauptangeklagte Geschäftsführer war, sondern dessen Sohn und ein freiberuflicher Mitarbeiter. Von Protesten und Beschwerden der Handwerker oder Grundstücksverkäufen habe sie nichts gehört. 2010 habe sie wegen Überlastung gekündigt, der Druck war zu groß, hatte Panikattacken. Von der Insolvenz habe sie nur zufällig erfahren. Für die Steuerhinterziehung wurde sie 2014 zu einer Geldstrafe von 3000 Euro verurteilt, so die Zeugin.

Rechnungen verbuchen, Mahnungen schreiben und Konten prüfen – so listet die Nachfolgerin der 61-Jährigen ihre Aufgaben bei der Firma, bei der sie drei Monate arbeitete, auf. Wer Geschäftsführer war, habe sie nicht gewusst, so die 44-Jährige. Die Ansagen habe der Hauptangeklagte gemacht, er sei definitiv der Chef gewesen. Einen Überblick über die Finanzsituation der Firma habe sie nicht gehabt, von Zahlungsschwierigkeiten nichts gewusst. Die Handwerkerproteste seien kein Thema im Betrieb gewesen und unbezahlte Rechnungen habe sie nicht gesehen. Auch nicht, dass die Ehefrau des Chefs Gesellschafterin des Unternehmens war.

„Das ist halt so“, sagt der Bauunternehmer schulterzuckend und lächelnd nach Verhandlungsende auf Kurier-Nachfrage, ob es ihm was ausmacht, dass seine ehemalige Buchhalterin eine Geldstrafe zahlen musste, weil sie in seinem Auftrag keine Umsatzsteuer zahlte.

Die Verhandlung wird am Montag fortgesetzt. Ein weiterer Sohn des Hauptangeklagten verweigerte gestern die Aussage.

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