Polizei sucht Tierschänder – Ein Fahrzeug ist gesehen worden Kuh übel zugerichtet und Kalb getötet

Von Luisa Degenhardt
Nicole Lindner vor den Kälbern auf dem Hof in Welluck. Eines davon wurde am 31. Dezember brutal getötet. Foto: Luisa Degenhardt Foto: red

Die Täter sind äußerst brutal vorgegangen: In der Silvesternacht haben sie ein Kalb geschlachtet und Fleisch aus dessen Keule geschnitten. Einer hochträchtigen Kuh legten sie ein Stromkabel um den Hals, das Tier konnte sich befreien und lief auf dem Grundstück der Familie Lindner umher. Bei der Kuh und den Stallbesitzern hat der Vorfall Spuren hinterlassen.

 
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Die Augen starren ins Leere. Das Blut, das aus dem tiefen Schnitt an der Kehle getreten ist, ist im Fell eingetrocknet. Viel schlimmer noch sieht die riesige Wunde an der Keule des weiblichen Kalbes aus. Furchen ziehen sich durch das Fleisch, dort, wo Fetzen herausgeschnitten wurden.

Landwirtin Nicole Lindner fand das neun Monate alte Kalb am Morgen des Silvestertages. Eine Maschine reinigt den Stallboden jede Stunde, die Fäkalien der Tiere landen in einer Rinne. Dort lag die junge Kuh, die Beine in der Rinne, der Kopf im Stall.

Blutlachen auf dem Gelände

Die Täter schnitten in der Nacht zum 31. Dezember eine weiße Plane am Stall auf, stiegen ein, öffneten das Gatter ins Freie und trieben das Kalb hinaus. Auf der anderen Seite, dort stehen die älteren Milchkühe, wurde das Gatter mit einem Bolzenschneider geöffnet. Was dann mit der Kuh namens Zelle passierte, ist ungewiss.

Am Morgen, gegen 6.30 Uhr, fand Nicole Lindners Schwiegervater die hochträchtige Kuh. Als er den Stall betrat, stand ihm Zelle gegenüber. Um ihren Hals hing ein fünf Meter langes Stromkabel. Nicole Lindner erzählt, dass die Kuh an der Seite verletzt war. Die Kuh muss auf dem Grundstück herumgelaufen sein, überall waren Hufspuren. An einem Neubau wenige hundert Meter entfernt fanden die Lindners Blutspritzer, außerdem mehrere Blutlachen auf ihrem Gelände. Da die Verletzungen von Zelle allerdings nicht so schwer sind, hofft die 35-jährige Nicole Lindner, dass die Täter nicht noch eine weitere Kuh verletzt und schließlich mitgenommen haben. Zelle gehe es seit dem Vorfall nicht gut. „Ich bin gespannt, ob sie das Kalb behält“, so Nicole Lindner.

Ihr Ehemann Gerhard meint, die Täter wollten Zelle vor Ort schlachten, nicht mitnehmen. Die Milchkuh liegt gerade auf dem Stallboden. An ihrem Hals baumelt ein Band mit einem Aktivitätsmesser. Dieser zeigte an, dass Zelle am 31. Dezember gegen 3 Uhr morgens am aktivsten war. Laut Nicole Lindner müssen die Täter also zu der Zeit gekommen sein. Die Lindners wohnen ein Stück weg vom Stall. Der Wind habe in der Nacht ungünstig gestanden, kein Nachbar etwas mitbekommen.

"Das ist krank"

Ein mit der Familie Lindner befreundeter Metzger betrachtet das abgeschlachtete Kalb. „Das ist krank“, sagt er. Eine Sache sei, ein Tier mit einem Schnitt durch die Kehle zu schlachten. „Aber wer da Fleisch rausschneidet, der ist pervers“, so der Metzger, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Er erklärt, dass die Täter zuerst die Haut an der Keule entfernt haben und danach „einfach reingeschnitten“ haben. Der Fachmann meint, dass man dieses Fleisch nicht essen kann. „Das kannst du höchstens an einen Hund verfüttern“, sagt er.

Landwirt Gerhard Lindner ist entsetzt über das Vorgehen der Tierschänder. „Das ist an Brutalität nicht zu überbieten“, so der 44-Jährige. Hier handle es sich um Täter, die bis ans Äußerste gingen. „Das ist einfach kriminell. Das ist ein Eingriff in das Privatleben, in die Intimsphäre. Momentan ist so viel verletzt“, so Gerhard Lindner. Die Tat sei unbegreiflich und bestialisch. „Jeder stinknormale Mensch hat Achtung vor Lebewesen.“

Doch nicht nur der emotionale Verlust des Kalbs wiegt schwer. Denn da ist noch der finanzielle Aspekt: Ein Kalb dieses Alters ist fast 1000 Euro wert, so der Metzger. Insgesamt haben die Lindners 150 Tiere. Nicole Lindner meint, dass sich die Täter ausgekannt haben müssen. Sie wussten, wo die Kälber untergebracht sind und schnitten genau dort die Plane auf. „Die müssen das ausspioniert haben“, sagt die 35-Jährige.

Die Polizeiinspektion Auerbach hat bisher nicht viele Erkenntnisse, sagt Leiter Karlheinz Escher auf Nachfrage. Zurzeit werde in alle Richtungen ermittelt. Deshalb wird auch nicht ausgeschlossen, dass es sich um ortsfremde Täter handeln könnte.

Ein weißer oder silberner Wagen

Gestern Nachmittag teilte die Polizei mit, dass einem Autofahrer in der Tatnacht gegen 4 Uhr ein weißer oder silberner Kastenwagen oder VW-Bus älteren Baujahres aufgefallen ist, der vom Stall der Lindners wegfuhr. Die Inspektion Auerbach bittet nun, dass sich Personen, denen, eventuell auch in der Vergangenheit, ein solches Fahrzeug aufgefallen ist, unter Telefon 0 96 43/9 20 40 melden, wenn sie dazu irgendwelche Angaben machen können. Escher erklärt, dass sich die Täter strafbar gemacht haben wegen eines Vergehens nach dem Tierschutzgesetz, Sachbeschädigung und versuchten Großviehdiebstahls.

Der Dienststellenchef erinnert sich an einen Fall, der vor über zehn Jahren die Polizei beschäftigt hat. Damals wurden Pferde verletzt, man tippte auf Tierschänder. Laut Escher stellte sich schließlich jedoch heraus, dass sich die Pferde die Verletzungen selbst zugefügt hatten. Ob das etwa acht Monate alte Kalb des Ehepaars Lindner getötet wurde, bevor ihm das Fleisch aus dem Körper geschnitten wurde, oder ob es an der Wunde starb, kann Escher nicht sagen.

Die Familie Lindner will ihren Stall in Welluck nun vor Kriminellen besser schützen. Nicole Lindner denkt da an Kameras. Denn erst vor einigen Wochen wurde auf dem Grundstück eingebrochen und unter anderem ein Hochdruckreiniger geklaut. „Jeder hat Angst“, sagt Nicole Lindner.