Polizei Die Waffen-Fahnder von der Autobahn

Von Julian Seiferth
Verkehrspolizist Michael Pickel überprüft ein Fahrzeug an der Rastanlage Fränkische Schweiz bei Pegnitz. Foto: Julian Seiferth Quelle: Unbekannt

BAYREUTH/PEGNITZ. Viele haben sie schon gesehen, ohne es zu wissen: eine Zivilstreife der Verkehrspolizei Bayreuth. Wie sieht ein Tag mit den Beamten aus? Was können die Autobahn-Polizisten besser, was weniger gut?

 
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Markus Krüger sitzt in seinem Büro in der Verkehrspolizeiinspektion Bayreuth. „Ich bin Leiter der Fahndungsgruppe bei der Verkehrspolizei“, stellt er sich vor. Mit ihm gehören zu dieser Gruppe fünf Beamte, deren Aufgabe es ist, auf den Autobahnen Streife zu fahren. „Wir suchen nach Betäubungsmitteln und Drogen, aber auch nach illegalen Waffen“, erklärt der Gruppenleiter. Kein leichter Job, wie er sagt: „Man muss schon ein Auge dafür haben. Das Offensichtliche ist der Einzelfall.“

Gestohlene Fahrzeuge im Berufsverkehr

Vor dem Einsatz lesen sich Krüger und sein Kollege Michael Pickel in die Lage ein: Was ist am vorherigen Tag vorgefallen, welche Fahrzeuge werden gesucht? „Diebe versuchen oft, gestohlene Fahrzeuge im Berufsverkehr mitfließen zu lassen“, erklärt Michael Krüger. Dass der Verkehr an diesem Dienstagmittag ruhig ist, müsse aber noch gar nichts bedeuten.

Unbeobachtet an der Raststätte?

Um 11.45 Uhr steuert Michael Pickel das Zivilfahrzeug auf die Rastanlage Sophienberg bei Bayreuth. „Wir fahren in jede Raststätte hinein“, erklärt Pickel. „Da fühlen sich die Leute manchmal unbeobachtet und packen dann schon mal einen Joint aus.“ Also fährt er mehrere langsame Runden um die Parkbuchten des Rastplatzes, bis die beiden das Fahrzeug wieder auf die A 9 in Richtung Nürnberg lenken.

Blick in jedes Fahrzeug

Auf dem Weg in Richtung Pegnitz fällt auf, dass die Verkehrspolizisten beim Überholen in fast jedes Fahrzeug hineinschauen. „Man lernt irgendwann, nach was man suchen muss. Da gewöhnt man sich dran“, sagt Pickel.

Gegen 12.30 Uhr, nachdem Krüger und Pickel an der Ausfahrt Hormersdorf, dem südlichen Ende ihres Dienstbereiches, umgedreht haben, fahren sie in nördlicher Richtung auf den Parkplatz Sperbes. Dort stehen vier junge Frauen in bunten Kleidern und auffälligen Frisuren. Sie sind, wie sich später herausstellt, auf dem Weg zu einem Musik-Festival in Mecklenburg-Vorpommern. Die Beamten stoppen den Wagen vor einer Wiese, auf der die Frauen es sich mit einer Decke bequem gemacht haben.

„Nennen wir es mal Gesamterscheinung“

Nach einem kurzen Gespräch beginnen die Polizisten, die Taschen und das Auto der Freiburgerinnen zu durchsuchen. Diese geben sich zwar entspannt, aber doch verwundert: „Bei uns in Baden-Württemberg dürfte die Polizei das nicht. Da muss es immer einen Anfangsverdacht geben.“

Die Durchsuchung ergibt nichts, man verabschiedet sich ohne böses Blut, wie Michael Pickel betont: „Die Damen waren sehr entspannt, da gab es für uns keinen Grund, uns anders zu verhalten.“ Warum die jungen Frauen ausgewählt wurden? „Nennen wir es mal Gesamterscheinung“, sagt Pickel. Allerdings könne man sich auf diese auch nicht immer verlassen.

Alter Mann mit zehn Gramm Kokain

Die Kleidung sei nicht immer gleich ein Zeichen dafür, dass man bei einer Durchsuchung etwas finden kann. Die Frauen auf dem Weg zum Festival waren – im Polizei-Jargon – sauber, andererseits hätten die beiden auch schon den adrettesten Leuten Drogen abgenommen, wie sich Pickel erinnert: „Wir hatten schon mal einen alten Mann, bei dem wir zehn Gramm Kokain gefunden haben. Der hat uns erzählt, dass er eigentlich nur ein Gramm kaufen wollte, aber das Zeug in Berlin einfach unschlagbar günstig gewesen sei.“ Den neunjährigen Enkel habe der Mann damals auch dabeigehabt. Die Drogenfunde würden sich durch alle Altersgruppen ziehen.

„Je kooperativer die Leute, desto gnädiger der Staatsanwalt"

Ein junger Mann mit Pfaffenhofener Kennzeichen reagiert auf seine Durchsuchung weniger entspannt als die jungen Frauen – auch bei ihm ist nichts zu finden. Als die Zivilstreife den Rasthof Fränkische Schweiz bei Pegnitz verlässt, erklärt Pickel: „Das war einer aus der ,Warum gerade ich?’-Fraktion. Nicht alle sind gleich freundlich.“

Das könne er prinzipiell nachvollziehen, immerhin halte die Kontrolle die Leute ja auf. Manche würden versuchen, so freundlich wie möglich zu sein, um die Begegnung möglichst kurz zu halten. Andere seien wortkarg. „Es ist ja so“, erklärt Pickel: „Je kooperativer die Leute sind, desto gnädiger ist der Staatsanwalt. Das gilt natürlich nur, wenn wir etwas finden.“

„Polizei – bitte folgen!“

Auf dem Weg zurück nach Bayreuth fällt den Beamten ein Fahrzeug auf. „Wir haben uns entschieden, diesen Seat zu kontrollieren.“ Dafür überholt Pickel das Auto zunächst auf der linken Spur, während Markus Krüger das Kennzeichen in sein Tablet eingibt. Das spuckt innerhalb von Sekunden unter anderem aus, wer der Halter ist und ob das Fahrzeug als gestohlen gemeldet ist.

Nach dem Überholmanöver lässt Pickel sein Auto auf der rechten Spur zurückfallen, um auch von der anderen Seite einen Blick zu erhaschen. Kurz vor der Raststätte Sophienberg lassen die Polizisten hinter der Heckscheibe ein Schild aus der Fahrzeugdecke klappen. Darauf steht die Anweisung: „Polizei – bitte folgen!“ Auch diese Durchsuchung des Seats ergibt nichts, die jungen Menschen setzen ihren Weg nach Kulmbach fort.

Für 24 Stunden Kennzeichen kassiert

Bei der Gelegenheit erhält auch ein junger Franzose sein Nummernschild zurück. Das hatten ihm Krüger und Pickel am Tag zuvor abgenommen, nachdem sie bei ihm Marihuana sowohl im Blut als auch in der Tasche gefunden hatten. „Der effektivste Weg, ein Fahrverbot durchzusetzen ist, das Nummernschild einzukassieren“, sagt Krüger. Um 13.30 Uhr bekommt er es nun zurück, versehen mit einer Warnung von Krüger: „Aber erst ab 14 Uhr wieder losfahren!“ Dann sind die 24 Stunden Fahrverbot vorbei. Ein längeres Verbot kommt erst nach Auswertung der Blutwerte sowie der Zustellung des Strafbefehls auf ihn zu – das kann gut und gerne zwei Monate dauern. Am sinnvollsten, finden zumindest die beiden Polizisten, wäre es direkt im Anschluss an die Kontrolle.

Kaputte Klimaanlage

Weiter geht es an Bayreuth vorbei bis Himmelkron, wo Pickel wendet und wieder in Richtung Süden auf die A 9 fährt. Zwischen den Abfahrten Bayreuth Nord und Süd fällt den Beamten ein schwarzer Kleinbus auf. Die Überprüfung des Kennzeichens ergibt, dass es sich um das Fahrzeug eines Getränkeherstellers handelt. Die Beamten überholen und entscheiden, dass sie den Wagen überprüfen wollen.

Wieder klappt Krüger das Schild aus, der Fahrer folgt und der Transporter wird an der Ausfahrt Bayreuth Süd kontrolliert. Der Fahrer, ein Brite, und seine beiden Mitfahrer, ein Franzose und ein Spanier sorgen sich dabei eher um die Hitze als um die Kontrolle, denn ihre Klimaanlage ist auf der Fahrt von einem Event in Halle nach München ausgefallen. „Da drin könnte man Eier kochen“, sagt der Spanier in gebrochenem Deutsch.

Es riecht, aber das Gras ist weg

Im großen Laderaum des Kleintransporters haben die drei Männer nicht nur ihre, sondern auch die Reisetaschen einiger Kollegen dabei. Michael Pickel hat einen Verdacht: „Hier sind überall Longpapers dabei. Irgendwo sollte Marihuana sein.“ Und tatsächlich: In der Tasche eines der nicht Mitfahrenden findet der Beamte eine kleine, durchsichtige Tüte. Er riecht daran und sagt: „Hier war mal Gras drin, zu 100 Prozent.“

Doch mehr findet sich in den Taschen nicht. Markus Krüger testet noch eine weiße Substanz, die sich als harmlos herausstellt. Den Beamten bleibt nur, eine gute Fahrt zu wünschen. „Schon wieder umsonst geschwitzt“, murmelt Pickel. Inzwischen ist es früher Nachmittag, die Temperatur: über 30 Grad.

Diebesgut, Waffen, Drogen

Gegen 15.30 Uhr fahren die beiden Polizisten zurück zur Verkehrspolizeiinspektion Bayreuth. „Heute war kein guter Tag“, sagt Krüger, „auch am Funk war es sehr ruhig.“ Bei der Hitze würde niemand auf die Autobahn gehen, der nicht müsse. Wer allerdings ein gestohlenes Auto oder einen Wagen mit Diebesgut, Waffen oder Drogen bewegen wolle, der würde lieber im dichten Verkehr mitfließen. Diese Dinge fielen in den Aufgabenbereich der Zivilstreife der Verkehrspolizei, sagt Krüger: „Wenn jemand zu schnell fährt, ist das nicht unsere Aufgabe.“

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