Plassenburg Open-Air Klassische Frauenpower

Stephan Herbert Fuchs

Klassisch ging es zu, beim diesjährigen Schlusspunkt des Plassenburg Open-Airs. Die Nürnberger Symphoniker bezauberten die Gäste im Schönen Hof mit ihren Partituren. Das Orchester war dabei fest in Frauenhand.

 
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Diesmal setzten die Nürnberger Symphoniker den Schlusspunkt der Open-Air-Woche im Schönen Hof der Plassenburg. Nach ihrer viel beachteten Premiere im Jahr 2019 wurde mit der fabelhaften französischen Dirigentin Lucie Leguay und der herausragenden österreichischen Trompetensolistin Selina Ott Frauenpower ganz groß geschrieben.

Dirigentin Lucie Leguay hatte dazu ein außergewöhnliches, doch nicht minder populäres Programm ausgewählt. Im Mittelpunkt stand dabei das Trompetenkonzert des erst 2012 verstorbenen armenischen Komponisten Alexander Arutjunjan. Mit Selina Ott als präsentieren die Nürnberger Symphoniker eine überaus erfolgreiche junge Musikerin. 2021 wurde sie für ihr Debüt-Album „Trumpet Concertos“ mit dem begehrten Klassik-Preis Opus ausgezeichnet. Darüber hinaus gewann sie im Jahr 2018 als erste Frau überhaupt in der Geschichte des Internationalen Musikwettbewerbs der ARD den 1. Preis in der Kategorie Trompete. Die junge Selina Ott bezaubert mit schön klar fokussiertem Blechklangstrahl mal ruhig, sanft und geschmeidig, mal im knackigen Staccato, trillernd und virtuos die Zuhörer.

Aufführung hatte absolute Klasse

Lucie Leguay, die schon jetzt als eine der erfolgreichsten jungen europäischen Dirigentinnen gilt und von der man bestimmt noch viel hören wird, hatte zu Beginn die Suite aus dem Ballett „Sylvia“ von Léo Delibes aufs Programm gesetzt. Sie stellt dabei ein geschärftes Ohr für die klangfarbliche Palette der an reizvollen Exotismen so reichen Partitur unter Beweis. Mit eindrucksvoller Könnerschaft gestaltet sie den dramatischen Verlauf ebenso spannungsreich wie stringent. So entsteht eine duftig zarte, beschwingt temperamentvolle Aufführung des leider und zu Unrecht etwas in Vergessenheit geratenen Balletts.

Ganz und gar nicht in Vergessen geraten, sondern noch immer zu den in Konzerten am meisten gespielten Werken zählen die beiden Peer-Gynt-Suiten des Norwegers Edvard Grieg. Warum die Nürnberger Symphoniker lediglich zwei Sätze aus der ersten und zwei Sätze aus der zweiten Suite spielen, erschließt sich nicht. Und warum ausgerechnet „Peer Gynts Heimkehr“ und „Solveigs Lied“ aus der zweiten und die berühmte „Morgenstimmung“ und die „Halle des Bergkönigs“ aus der ersten Suite, und dann auch noch in dieser Reihenfolge, bleibt das Geheimnis von Lucie Leguay. Absolute Klasse hatte die Aufführung trotzdem.

Die Dirigentin versenkt sich regelrecht in die Partitur, hat viel Gespür für die Mittelstimmen und Legato-Bögen. Monumentale Stimmungsbilder tun sich auf, wenn die Symphoniker die „Morgenstimmung“ oder „Solvejgs Lied“ erklingen lassen. Ungemein farbige ist das alles, lebendige und spannende Musik, poetisch, elegisch und fantasievoll dargebracht.

Zwei Ohrwürmer als Zugaben

Mit dem Tango „Jalousie“ des dänischen Komponisten Nils Wilhelm Gade hatten Lucie Leguay und die Nürnberger Symphoniker noch so einen Edelstein ausgegraben. Gade wäre heute weitgehend vergessen, hätte sein Freund Robert Schumann nicht den musikalischen Nachnamen seines Freundes in seinem „Album für die Jugend“ verewigt. Zu hören sind eher edle romantische Klänge, hinsichtlich ihres Aufbaus schlichtweg meisterhaft. Unter ihrer Dirigentin spielen die Symphoniker höchst charaktervoll, im besten Sinne im eloquent.

Am Ende holt das Orchester bei Peter Tschaikowksy „Capriccio Italien“, einem echten Ohrwurm der Musikgeschichte, mit blitzeblanken Bläserfanfaren zu einem sensationell klangkulinarischen Schlusspunkt aus. Noch so ein Ohrwurm sind auch die Napoli-Variationen für Trompete des deutsch-amerikanischen Trompeters Hermann Bellstedt, die einmal mehr die Solistin Selina Ott blitzsauber und absolut virtuos zur Aufführung bringt.

Zwei Ohrwürmer haben die Nürnberger Symphoniker und Lucie Leguay als Zugaben für das Publikum vorbereitet: den Blumenwalzer aus der Nussknacker-Suite von Peter Tschaikowky und das originelle Bravourstück „Bugler´s Holiday“ des US-Amerikaners Leroy Anderson.

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