Modellprojekt LeNa Senioren weihen ihre Hausgemeinschaft ein

Zwei Häuser in der Brahmsstraße hat das Wohnprojekt Lebendige Nachbarschaft (LeNa) vor Kurzem bezogen. Foto: Andreas Harbach

Ausdauer und Beharrlichkeit gehören dazu, wenn Neues geschaffen werden soll. Für die Seniorenhausgemeinschaft LeNa in Bayreuth hat sich jetzt ein Traum erfüllt.

 
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Der Einzug ist am Freitag mit Freunden, Förderern und Unterstützern des einzigartigen Wohnprojekts gefeiert worden. „Das hier ist unsere Antwort auf die zigfachen Herausforderungen des Älterwerdens“, sagte LeNa-Vorsitzender Günter Bergmann. Die ersten Überlegungen zu einer Seniorenwohngemeinschaft entwickelten die Gründer bereits 2019. „Der Wunsch nach Selbstbestimmtheit und Unabhängigkeit bei gleichzeitiger Eingebundenheit in eine Gruppe Gleichgesinnter waren die Antriebskräfte“, erklärte Bergmann.

Die Gesellschaft werde immer älter und die Zahl der Single-Haushalte nehme zu. Im Alter seien diese oftmals von Einsamkeit betroffen. Viele Menschen wollten dennoch im fortgeschrittenen Alter ein selbstbestimmtes Leben führen, erläuterte er die Beweggründe für das Vorhaben. Soziale Kontakte könnten weiter gepflegt werden, ohne ein eigenständiges Leben aufzugeben. Außerdem hätten Menschen ohne engere familiäre Bindungen so eine Chance, sich gegenseitig zu unterstützen.

Vor der Umsetzung schrecken viele zurück

In den beiden Neubauten in der Brahmsstraße sind nun elf Wohnungen für LeNa entstanden. Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnungen mit jeweils einem Gemeinschaftsraum. Auf dem freien Wohnungsmarkt hatte es allerdings keine Alternative gegeben. „Die Idee finden viele toll“, sagte Bergmann. „Sie selbst umzusetzen, davor schrecken die meisten aber zurück.“ Das Seniorenamt der Stadt, der Seniorenbeirat und der Verein JAZ hätten das Vorhaben jedoch von Anfang an unterstützt. Der Demografiepreis des Freistaats Bayern sei „ein Ritterschlag“ und „eine zusätzliche Anerkennung“ gewesen. Außerdem habe die Staatsregierung bei der Finanzierung nachgelegt.

Ein Wagnis, das in Bayreuth gelungen ist

Mit der Gemeinnützigen Bayreuther Wohnungsbaugenossenschaft (GBW) sei schließlich ein starker Partner gefunden worden. Die Wohngemeinschaft wolle sich nicht von den Nachbarn am Stuckberg abkapseln und plane im Juli einen Flohmarkt „mit den Restbeständen der eigenen Wohnvergangenheit“. Weiterhin werde Quartiersarbeit geleistet und bei der Seniorenpolitik ein Wörtchen mitgeredet. „Entschlossenheit, Ausdauer und die richtigen Partner haben dazu beigetragen, dass wir unseren eigenen Weg des Wohnens im Alter beschreiten konnten“, sagte Bergmann. „Ein Wagnis, das uns in Bayreuth gelungen ist.“ Er hoffe, dass diese alternative Wohnform für Senioren in Bayreuth Zukunft habe.

Der GBW-Vorsitzende Markus-Patrik Keil bezeichnete Bergmann als „engagierten Vordenker“. Denn bayernweit existierten nur vier solcher Wohnprojekte, das nächstgelegene in Nürnberg. Vorgespräche habe es bereits 2020 gegeben, allerdings habe die Pandemie die Projektentwicklung verzögert. Dennoch sei im Jahr darauf ein gemeinsamer GbR-Vertrag geschlossen worden. Das Vorhaben stehe für Hilfe zur Hilfe und ein vorbildliches bürgerschaftliches Engagement. Das Durchhaltevermögen habe sich ausgezahlt. „Ich hoffe, dass LeNa noch viele Kinder bekommt.“

Unkonventionelle Wege beschreiten, lohnt sich

Oberbürgermeister Thomas Ebersberger hob die positive Rolle der Genossenschaften in der Stadt Bayreuth hervor. „Ohne sie wären wir wesentlich ärmer dran.“ Dabei lohne es sich, „unkonventionelle Wege“ auf dem Wohnungsmarkt einzuschlagen. Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz, zugleich Demografiebeauftragte des Freistaates, unterstrich die Experimentierfreude der Oberfranken. Man müsse nicht in einem Ballungsraum wohnen, um eine attraktive Wohnform für Jung und Alt zu finden. „Ich wünsche mir noch viele solcher Projekte“, sagte Piwernetz.

Auch die Ministerialrätin Sandra Brandt aus dem Heimatministerium war angetan von dem Modellprojekt, das staatlich gefördert worden sei. „Ihre Lebensfreude und ihr Engagement hat uns umgehauen“, sagte sie über den prämierten Demografiepreis. Der Zusammenhalt und das Gemeinschaftsdenken von LeNa seien ein Aushängeschild für ganz Bayern. „Wir hoffen, dass sie noch viele andere motivieren.“

Mit einigen launigen Worten („Jeder will älter werden und nicht alt sein“) und tiefsinnigen Gedanken beendete Professor Georg Kamphausen von der Universität Bayreuth die Einweihungsfeier. Die Älteren hätten die Autorität verloren und seien heute zur Jugendlichkeit verdammt, stellte er unter anderem fest. Doch die Spuren der Vergangenheit könnten nicht einfach verwischt werden. Alle Erfahrungen seien wertvoll und könnten weitergegeben werden. „Wir müssen das Älterwerden neu erfinden“, war das Fazit des Soziologen.

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