Mittelpunkte: Schnabelwaids Wiesen

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Ziemlich einsam liegt der Hof von Kathrin Held am Kitschenrain. Umgeben von Wiesen und Wäldern. Weite und Ruhe. Und wenn die junge Tierärztin erzählt, spürt man auch die Freiheit. Freiheit, die sie vermitteln will, vor allem an Kinder und Jugendliche.

 
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„Ja, ich weiß, dass wir der geografische Mittelpunkt von Schnabelwaid sind“, sagt sie lachend. Seit drei Jahren hat sie hier ihre Tierarztpraxis. Und vier Pferde, Durchschnittsalter über 20 Jahre. Kathrin Held stellt sie vor: eine Terskerstute, 22 Jahre alt, ein russisches Vollblut. „Die ist ruhiger, kindertauglich, nicht so durchgeknallt, schmal“, beschreibt sie. Dann ist da der 18-jährige Haflinger und der 25-jährige Isländer-Mix. Das vierte Pferd ist etwas Besonderes. „Ein Tiefenthaler Koppel-Zufall“, nennt es Held. Die Eltern standen eben auf der Koppel und dann kam irgendwann dieses Pferd raus vor zwölf Jahren.

Ein Haflinger ist schon Rentner

Ihr Lebenspartner Rudi Retzer hat noch zwei Quarterhorses zum Anreiten am Hof. Und ein Unterstellpferd, ein alter Haflinger ist da noch. „Das ist ein Rentner“, sagt seine Besitzerin Martina.

In Buchau hat Held Ende der 90er Jahre mal Reitunterricht gegeben. Dann ist sie von dort weggegangen und irgendwann in Schnabelwaid gelandet. Einige ihrer ehemaligen Schüler haben mal nach Pferden bei ihr gefragt und Kathrin Held war froh, dass jemand Interesse zeigte. Ihr selber fehlt einfach die Zeit, alle Tiere selbst zu reiten. „Die Kinder kommen, wie sie Zeit haben“, sagt sie. Ihr ist es vor allem wichtig, dass sie den Umgang mit dem Pferd lernen, wie es sich bewegt, alles ohne Zwang.

Am Anfang führt sie die jungen Reiter noch mit ihrem Pferd, begleitet sie. Aber sobald sie es selber können, machen sie alles alleine. Geritten wird nur im Gelände. „Auf dem Platz wäre es nur beengt“, sagt Held. Für Reiter, die das vorher gemacht haben, ist diese Form des Reitens erst mal eine Umstellung. Zwölf Reiter kommen regelmäßig zu ihr und sie organisieren sich alle selbst. Geld verdient Kathrin Held nicht damit, die Jugendlichen machen das alles, ohne etwas zu bezahlen.

Reif und selbstständig werden

„Ich hoffe, dass die Kinder reif und selbstständig werden“, sagt sie. Viele hätten am Anfang Angst wegen der unkonventionellen Art, die bei ihr herrscht. „Ich finde es schlimm, wenn den Kindern alles hingeknallt und vorgesetzt wird“, sagt sie. Die jungen Leute sollen selber ausprobieren, ohne Zwang.

Geritten wird ohne Sattel und nur mit Halfter, ohne Gebiss. Das wird nicht gebraucht. Auch das ist für viele zu Beginn ungewohnt. Vor allem, wenn sie vorher klassisch mit Sattel geritten sind. „Das Schönste ist es doch, wenn man getragen wird, sich dessen auch bewusst wird“, sagt Held. Und ihre Pferde haben alle keine Hufeisen. Sie gehen barfuß, nennt die 35-Jährige es. Das ist bodenschonender, natürlicher und man lernt gleichzeitig, mehr Rücksicht zu nehmen. Darum reiten die Kinder bei ihr auch viel im Schritt.

Bei Pferdesteuer kommen die Tiere sofort weg

Und Kathrin Held hat eine klare Meinung zur Pferdesteuer. Sie ist dagegen. Sollte Schnabelwaid eine einführen, dann würde sie ihre Tiere sofort wegbringen, sagt sie. Ihr Lebensgefährte hat in Kirchenthumbach einen großen Stall, das wäre also kein Problem. Und sie weiß, dass ihre Schwägerin im Ort, die auch elf Pferde hat, genauso handeln würde. Es ist nicht die Steuer an sich, die sie stört, sondern die Höhe. „Ich bin doch nicht dafür da, um die Gemeindekasse aufzufüllen“, stellt sie klar. Wenn sie nicht wäre, wären viele Kinder daheim, betont sie. Und sie ist froh, dass sie jemanden hat, der ihre Pferde bewegt.

Ihre Nichte Toni (10) ist regelmäßig da und reitet ganz selbstverständlich, ohne Sattel und Gebiss. „Wir machen quasi einen Langzeittest, ob die Pferde auch alt werden, wenn sie ohne Sattel geritten werden“, sagt Kathrin Held schmunzelnd. „Reiten ohne Riemchen und Schnüre.“

Keine Gerte oder Sporen

Laureen (16) findet es einfach bequemer, ohne Sattel zu reiten. Anfangs hatte sie noch ein Pad – eine dünne Decke – untergeschnallt, jetzt braucht sie es nicht mehr. Lara (16) fühlt sich sicherer, wenn sie ohne Steigbügel reitet. „Da kann man wenigstens nicht hängen bleiben“, sagt sie. Sophia (15) ist überzeugt, dass es für das Pferd besser ist, wenn es kein Gebiss tragen muss. „Im Gelände brauche ich so was nicht, auch keine Gerte oder Sporen“, ist sie überzeugt. Und auch Paulina (12) empfindet keinen Unterschied, ob sie mit oder ohne Sattel reitet.

„Nicht auf den Wiesen reiten“, ruft Kathrin Held den Mädchen und ihren Pferden noch hinterher. Hier gibt es Schonzeiten. Sie würde die Wiesen ja gerne kaufen. „Aber die sind fest in Bauernhand“, sagt sie. Sie werden für die Biogasanlagen gebraucht.

Info: Gemeindeteile: acht; Einwohner: 1030 (Stand: 31. Dezember 2014); höchster Punkt: Preunersfelder Rangen, 630 Meter; tiefster Punkt: Neumühle, 432 Meter; Fläche: 21,28 Quadratkilometer

 

Lesen Sie auch die anderen Teile unserer Mittelpunkt-Serie:

Teil 1: Immer auf der Suche nach der Mitte

Teil 2, Bindlach: Begegnung am Maisacker

Teil 4, Der Mittelpunkt Bad Bernecks

Emtmannsberg

Creußen

Bischofsgrün

Bad Berneck

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