Merk-Erbe zwischen den Stühlen

Der Möbel-Riese Höffner hat Interesse an Bayreuth. Dass man dem potenziellen Investor im Rathaus keinen Termin gab, war jetzt Thema einer Aktuellen Stunde im Stadtrat. Foto: Archiv/dpa Foto: red

Ein Kommentar zur Aktuellen Stunde im StadtratHätte sie den Stadtrat informieren müssen? Ja, meint Kurier-Redakteur Frank Schmälzle. Aber auch die, die die Angelegenheit zu einem Tribunal machten, müssen sich nach ihren Motiven fragen lassen.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Im Dezember, als sich die Oberbürgermeisterin den Auftrag holte, mit XXXLutz über eine Ansiedlung in Bayreuth zu verhandeln, hätte sie den Stadträten sagen müssen, dass es mit Höffner einen zweiten Interessenten gibt. Und im März, als die SPD-Fraktion eine Anfrage stellte, hätte sie mehr als einen Satz am Rande sagen können. Die Kritik, die es jetzt hagelt, muss sich Brigitte Merk-Erbe gefallen lassen: Transparenz und faire, offene Kommunikation gehen anders.

Ich glaube ihr sogar, dass sie es geschwiegen hat, um keine Irritationen bei XXXLutz auszulösen. Merk-Erbe hat gehandelt, wie sie es für richtig hielt. Ob es tatsächlich richtig war, steht auf einem anderen Blatt. Nicht nur, weil sie wissen musste, dass sich der Stadtrat bei einer solchen Nicht-Information getäuscht sehen würde. Wäre XXXLutz wirklich irritiert gewesen? Die rauen Sitten auf dem Möbelmarkt dürften diesem Unternehmen bekannt sein. Es ist lange und intensiv genug dabei. Und tatsächlich hätte die Oberbürgermeisterin die Position der Stadt in Verhandlungen mit XXXLutz eher verbessert als verschlechtert, hätte sie mit Höffner gesprochen.

Denn nach wie vor steht ein großes Problem im Raum: Was wird aus dem Einzelhandel in der Innenstadt, wenn XXXLutz kommt und mit seinem, etwas verniedlichend „Randsortiment“ genannten Angebot neue Konkurrenz in die Stadt bringt? Mit dem Randsortiment macht der Möbel-Riese ein Riesen-Geschäft. Er wird jeden Spielraum nutzen, den die Stadt ihm lässt. Und er hat die Trümpfe in der Hand: 300 neue Jobs und eine Millionen-Investition. Mal abgesehen vom konkreten Vorgang geht es auch darum, wie wirtschaftsfreundlich Bayreuth nicht nur auf dem Papier ist: Einem potenziellen Investor auf dessen Anfragen nicht zu antworten, das sollte sich eine Stadt nicht leisten.

Dass Merk-Erbe jetzt nachholt, was sie vorher nicht tat und mit Höffner spricht, zeigt, dass sie verstanden hat. Es wäre aber ehrlicher, sich nicht hinter anderen zu verstecken. Sie sagt: Gespräche seien jetzt möglich, weil nun auch der privater Eigentümer einer Fläche auf der Markgrafenkaserne, die für eine Höffner-Ansiedlung gebraucht würde, dazu bereit sei. Jetzt? Es liegt nahe, dass der auch schon vor Wochen oder Monaten dazu bereit gewesen wäre. Denn er wird sein Grundstück meistbietend verkaufen wollen, da sind zwei Interessenten besser als einer. Und auch der ungeschickte Hinweis der Oberbürgermeisterin, ihr Vorgänger habe ja auch nicht über Höffners Absichten informiert, zieht unabhängig vom Wahrheitsgehalt dieser Aussage nicht. Heute ist heute und heute ist sie in der Verantwortung. Merk-Erbe sollte schlicht bei dem bleiben, was sie zwischen den Zeilen sagt: Es war eine bewusste Entscheidung, nicht mit Höffner zu reden. Ihre Entscheidung. Aus ihrer Sicht richtig. Von anderen kritisiert. Ablenkungsmanöver nähren nur die Zweifel. Nach der Ehrlichkeit müssen sich aber auch die fragen lassen, die den Fall in eine Aktuelle Stunde im Stadtrat gebracht haben. Ging es ausschließlich darum, Höffner ins Bayreuther Standortrennen zu bringen? Nein, die festgefahrene Höffner-Sache hätte sich eleganter in Gang bringen lassen. Nicht in einer Aktuellen Stunde, die etwas von einem Tribunal hat. Das war eine Nummer zu groß, einen Tick zu hart. Was Sabine Steininger (Die Grünen), Christa Müller-Feuerstein (fraktionslos) und einige andere sagen, hat einen wahren Kern: Es ging mit der Aktuellen Stunde in dieser Woche auch darum, der Oberbürgermeisterin zu schaden. Das kann man machen, die Demokratie lässt es zu. Außerhalb des Rathauses schütteln Bürger den Kopf über diesen zerstrittenen Verein.

Was aber bemerkenswert ist: Es sind nicht mehr nur Fraktionsvorsitzende mit großem Ego, die Attacken reiten. Den Antrag auf eine Aktuelle Stunde haben 20 Stadträte unterschrieben – das ist fast die Hälfte des Gremiums. Man kann das als Misstrauensvotum verstehen. Die Hälfte des Stadtrates hat sich - zumindest in diesem Fall - schlecht informiert gefühlt. Fast auf den Tag genau zur Mitte ihrer Amtszeit ist der Graben zwischen Oberbürgermeisterin und einer Hälfte des Stadtrates tief. Am 1. Mai ist Brigitte Merk-Erbe seit vier Jahren Oberbürgermeisterin.

Autor

Bilder