Danke, Großbritannien. Den Briten ist es zu verdanken, dass die jüngste Diskussion um die Schattenseiten des Alleinseins sich nicht nur mit finanziellen Risiken beschäftigt. Das ist hinlänglich bekannt: Wer seine Kinder ohne Unterstützung eines Partners oder einer Partnerin groß zieht, hat das größte Armutsrisiko. Und wer im Alter nur auf eine magere Hinterbliebenenrente angewiesen ist, weil früher eben mal die Hausfrauenehe die Regel war, ebenso. Natürlich muss der Staat das Seine tun, um vom Schicksal getroffenen Menschen zum Beispiel über kostenlose Kita-Plätze und angemessene Renten zu helfen. Aber der Mensch lebt nicht vom Brot allein. 200 000 Menschen sprechen nur einmal im Monat mit einem Bekannten oder Verwandten, ergab jüngst eine Studie in Großbritannien. In Deutschland dürfte es kaum anders sein. Ob selbst gewählt oder unverschuldet: Dieses Ausmaß an Einsamkeit ist erschütternd. Die auf Hochleistung getrimmte durchdigitalisierte Gesellschaft leistet sich offenbar als Nebenwirkung ein Heer von Einsiedlern. Mit dramatischen Folgen: Einsamkeit erhöht das Risiko seelischer wie auch körperlicher Krankheit dramatisch. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagt, Einsamkeit erhöht die Sterblichkeit wie starkes Rauchen. Die Briten haben als Reaktion auf den schockierenden Befund ein eigenes Ministerium gegen die Einsamkeit geschaffen. Ein starkes Signal für ein wichtiges Thema. Aber auch ein armseliges Signal. In einer
Gesellschaft, in der die Regierung eingreifen muss, weil sich niemand mehr um die Einsamen von nebenan kümmert, möchte ich nicht leben. Peter Rauscher