Mehr als ihr halbes Leben lang versorgte sie Fußball-Fans und Volksfest-Gänger Margarethe Müller: Bayreuther Bratwurst-Legende wird 90 Jahre alt

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Legende ist man immer schnell. Meistens sind es die, die es früh erwischt. Nicht die, die zur Konstanz im Leben beitragen. Zu dieser Art gehört Margarethe Müller. 90 Jahre wird sie am heutigen Samstag. Vor etwas mehr als fünf Jahren hat sie aufgehört zu arbeiten. Ein legendär langes Arbeitsleben. Bei dem sie immer im Zentrum derer stand, die der Hunger auf fränkisches Fast-Food vor ihren Stand trieb.

 
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Margarethe Müller ist ein Mensch, der kein Aufhebens um seine Person macht. Gearbeitet hat sie halt. „Ich musste raus. Denn daheim wäre ich ja sonst verrückt geworden.“ Gearbeitet hat sie 52 Jahre lang. Anfang der 50er Jahre ging es los mit dem Imbiss. „Damals haben wir uns selbstständig gemacht“, sagt sie. Sie und ihr Mann Werner. „Kaufmann war er, hat beim Arbeitsamt gearbeitet.“ Mit einer gebrauchten Bude sind sie in die neue Existenz gestartet. Zehn Monate im Jahr unterwegs. In Bayreuth, in der Region. Ein Knochenjob, denn die Holz-Bude musste ja noch in Einzelteile zerlegt und zum nächsten Fest transportiert werden.

In jedem Stadtteil Kerwa

„Früher war ja noch in jedem Stadtteil Kerwa.“ Die Müllers mischten mit: Fischbrötchen und Bratwürste bestimmen am Anfang ihr Angebot. Besonders gern erinnert sie sich an eine Kerwa, an die nur noch die alten Bayreuther kennen: „Die Burger Kerwa war besonders schön. Dort sind immer viele Menschen gewesen, dort haben wir auch viele Bekanntschaften geknüpft.“ Die Kerwa habe auf der großen Wiese abseits der Markgrafenallee stattgefunden, „hinter den kleinen Arbeiterhäusern hat die Brauerei Schaller ein Zelt aufgebaut. Eine schöne Kerwa“, sagt die 90-Jährige. „Heute stehen da lauter Häuser.“

Über 50 Jahre bei der Oldschdodd

Nahezu von Anfang an sind die Müllers auch fester Bestandteil des Bayreuther Sports: „Über 50 Jahre waren wir bei der Oldschdodd.“ Erst auf der Jakobshöhe, später im Städtischen Stadion. „Auf der Jakobshöhe hatten wir sogar einen festen Stand. Der ist erst abgebaut worden, als auch die Jakobshöhe abgerissen wurde.“ Generationen von Fußball-Fans versorgen die Müllers bei den Heimspielen der Spielvereinigung. Steigen mit auf bis in die zweite Liga. Steigen mit ab. Braten für Tausende Fans und für eine Hand voll, die in schlechten Zeiten kamen, um dem Kick zuzuschauen. „Vor Spielbeginn sind sie immer schon gekommen und hatten Hunger“, sagt Margarethe Müller. Ein Paar Brodwärscht als Grundlage fürs erste Seidla Bier in der ersten Halbzeit. In der Pause dann der nächste, der richtig große Andrang. „Es waren schon immer genug Bratwürste aufgelegt, dass keiner lange warten musste“, sagt Helga Götschel (65), die Tochter von Margarethe Müller.

Töchter helfen über 30 Jahre mit

Helga Götschel und ihre Schwester Waltraud Thalwitzer (63) springen ein, als Werner Müller 1983 stirbt. „Ein paar Jahre, hat die Mama gesagt, wolle sie noch machen“, sagt Helga Götschel. Über 30 Jahre sind es geworden. Mit dem Drei-Mädel-Imbiss. Volksfest, Frühlingsfest, Christkindlesmarkt, Fußball. „Zu richtig guten Zeiten hatten wir sogar zwei Stände im Stadion. Einen kleinen im Gästeblock, der große nahe der Anzeigetafel.“ Die Volksfeste in Bayreuth werden zum Paradies für die Enkelkinder. Weil Oma Müller dort im Wohnwagen bei ihrem Imbiss schlief. Und weil es ungeschriebenes Gesetz ist, dass Schausteller-Nachwuchs überall umsonst fahren darf.

Mit 80 macht sie langsamer

Vor zehn Jahren, kurz vor dem 80. Geburtstag, macht Margarethe Müller mit den großen Festen Schluss. 2008 mit dem Christkindlesmarkt. 2010 kommt der Abpfiff für den legendären Grill der Müllers im Stadion. „Das hätte ich schon noch ein bisschen weitergemacht. Das ging ja nicht bis in die Nacht“, sagt sie. Aus Spaß an der Freud. Weil sie raus muss. Auch heute noch. Jeden Tag zum Einkaufen. Zum Treffen mit Bekannten. Gegrillt allerdings hat Margarethe Müller seit 2010 nicht mehr. Keine einzige Wurst.

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